Derzeit laufen in Deutschland, Österreich Liechtenstein und seit kurzem auch in Italien Strafverfahren gegen René Benko. Mit seinem Immobilienkonzern Signa legte er eine Milliardenpleite hin. Gläubiger wie der arabische Staatsfonds Mubdala, diverse Versicherer, Investoren wie Klaus-Michael Kühne und weitere haben Forderungen in Milliardenhöhe, oder schrieben bereits Millionenbeträge ab.
Auf seinen ausschweifenden Lebensstil will der Österreicher trotz all dem aber nicht verzichten. Das verriet jetzt der mit dem Fall beauftragte Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger in einem Interview mir der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Grabenweger wollte beispielsweise die hochwertige Garderobe von Benko zu Geld machen. Die Familie vermied jedoch, dass die Kleidungsstücke versteigert wurden und bezahlte das Dreifache des angenommenen Verkehrswertes. Der Insolvenzverwalter bekam für Hose, Hemd und Co. 77.000 Euro von Benkos Familie überwiesen.
Dass der Clan so solvent ist, liegt laut dem Insolvenzverwalter an den Stiftungen, die Benko ins Leben rief. Benkos Hauptwohnsitz, eine Villa in Innsbruck, samt Sicherheitsdienst und rund zwei Dutzend Personen Personal, überlässt die Mutter ihrem Sohn unentgeltlich. Dafür bekommt sie von einer Stiftung eine Miete von gut 200.000 Euro im Monat.
Insolvenzverwalter findet Benkos verhalten „ungeheuerlich“
Das Haus gehört der Schloßhotel Igls Betriebs GmbH &Co KG. Kommanditistin ist die Laura Privatstiftung – einst gegründet von ihrem Sohn René Benko. „Die Leute hätten gern, dass der Insolvenzverwalter den Lebenswandel abstellt. Es ist aber nicht meine Kompetenz, Benko aus der Villa entfernen zu lassen“, sagt Grabenweger.
Verständnis für das Verhalten Benkos, hat er keines: „Persönlich finde ich das ungeheuerlich. Diesen Protz trotz aller Forderungen, trotz der Insolvenzen, trotz des Scheiterns der gesamten Signa Gruppe einfach ungeniert weiterzuleben.“
Grabenwegers Augenmerk liegt in erster Linie darin, an das Stiftungsvermögen zu gelangen: „Da wissen wir, dass Vermögen zumindest zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung da war. Hier müssen jedoch Gerichtsverfahren klären, ob ein Zugriff auf diese Stiftungen möglich ist“, sagt er und vermutet, dass der einstige Immobilien-Milliardär in den Stiftungen ein Vermögen „von vielen hunderten Millionen Euro“ gebunkert hat.
Allein die Laura Privatstiftung in Österreich verfüge laut Grabenweger über einen höheren dreistelligen Millionenbetrag, da sehr viele Immobilien in Österreich und in Deutschland zum Besitz gehören.
Liechtensteinisches Stiftungsrecht spielt Benko in die Karten
Neben der Stiftung namens Laura gibt es zudem die die Stiftung „IngBe“ in Liechtenstein, an der die Arual Stiftung angegliedert ist. Diese machen es für den Insolvenzverwalter schwieriger. „In Österreich hat die Finanz über alle Stiftungsurkunden und Zusatzurkunden Kenntnis. Wenn man in Liechtenstein anfragt, dann ist es viel komplizierter“, sagt Grabenweger und erklärt: „Wir haben es versucht über die Ermittlungsbehörden. Und das ist praktisch chancenlos, weil nur unvollständig Auskunft gegeben wird. Anfragen des Masseverwalters an die Liechtensteinschen Behörden ernten ein müdes Lächeln.“
Liechtenstein etablierte sich in Grabenwegers Augen als Paradies für Stiftungen mit ausländischem Vermögen. Er sehe aber auch Tendenzen der dortigen Rechtsprechung, Missbrauchsfällen einen Riegel vorzuschieben.
Erkennbar ist laut Grabenweger zudem, dass sich Benko, seitdem er 2013 in Wien wegen Bestechung verurteilt wurde, zunehmend aus den Stiftungsfunktionen zurückzog. Von da an installierte er stärker seine Mutter – ohne dass er laut Grabenweger selbst auch nur im Geringsten eine Einschränkung seiner Lebensführung hinnehmen musste: „Hier muss das Gericht klären, ob dies rechtens war.“
Seit Mai läuft deshalb ein Gerichtsverfahren, konkret eine Feststellungsklage. „Wir argumentieren, dass die Mutter Geld als Begünstigte bezieht, um ihrem Sohn nach wie vor ein luxuriöses Leben zu ermöglichen.“ Sie mache dies auf Zuruf ihres Sohnes sagt Grabenweger in der FAZ und ergänzt: „Das war von Anfang an so, nicht erst jetzt im Zuge des Insolvenzverfahrens, sondern im Grunde schon seit Beginn der Stiftungsgründung.“ Grabenweger rechnet damit, dass der Prozess Jahre dauern und erst vom Obersten Gerichtshof entschieden werden wird.
Dass die Mutter die Begünstigte einer Stiftung ist, für Grabenweger ein Kuriosum. „Diese kann aber selbst unmöglich das Stiftungsvermögen erwirtschaftet haben als pensionierte Kindergärtnerin“, wird er konkret und holt aus: „Gleichzeitig entnimmt sie aus der Stiftung beträchtliche Mittel, um den teuren Lebenswandel des Sohnes – dem eigentlichen Stifter – zu finanzieren. Das heißt, der Stifter holt sich das Geld über die Stiftungskonstruktion und über die Mutter wieder zurück, ohne dass seine Gläubiger darauf zugreifen können. Und dafür sollte eine Stiftung nicht errichtet werden.“
Dass ein Stifter der Begünstigte ist und dabei die Kontrolle hat, ist in der Tat ungewöhnlich. Grabenweger findet klare Worte für das Konstrukt: „Unseres Erachtens ist die Mutter bloße Handlangerin oder Strohfrau. Kontrolle hat hingegen Benko.“
Und sie ist nicht die einzige Stuftungsverantwortliche, die ein nahes Verhältnis zu René Benko hat. Der Stiftungsvorstand der Laura ist der Wirtschaftsprüfer Heinz Peter Hager, gegen den in Italien die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch die weiteren Vorstände haben laut dem Insolvenzverwalter enge Verhältnisse zu Benko. „Natürlich wird jemand, der weiterhin bestimmen will, auch wenn er es formell nicht darf, sich ihm nahestehender und loyaler Personen bedienen, die das machen, was er will. Und genau das passiert hier“, sagt Grabenweger.
Im Stiftungsrecht würde Grabenweger sich verschärfte Offenlegungspflichten der Bücher und die Einrichtung von externen Kontrollorganen wünschen: „Das Risiko besteht, dass der Stifter die Mitglieder des Stiftungsvorstandes letztendlich indirekt oder direkt bestimmt. Ebenso die Zusammensetzung des Beirats und auch der Begünstigten. Und das schafft natürlich Missbrauchsmöglichkeiten.“
Zudem sollte es Bestimmungen geben, die es auch Gläubigern in der Insolvenz ermöglicht, über Stiftungsvermögen im Ausland Bescheid zu wissen und wie es zu diesem Stiftungsvolumen gekommen ist.
Insolvenzrecht spielt Benko in die Karten
Dass die maßgeblichen Änderungen in der Laura Privatstiftung 2013 geschehen sind, ist laut Grabenweger ein Glück für Benko. Grund dafür ist die Zehnjahresfrist für Anfechtungen: „Es erschwert unsere Aufgabe, weil wir die Anfechtungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung über alles, was zehn Jahre hinaus passiert ist, nicht mehr in Anspruch nehmen können.“
Zudem legte Benko wenige Tage vor seiner Insolvenzanmeldung sein Beiratsmandat in der Laura-Stiftung ab. Wäre er zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung immer noch Mitglied des Beirates gewesen wäre, säße jetzt Grabenweger anstelle Benkos in diesem und hätte mehr Einblick: „Offenbar hat er im Hinblick auf diese Stellung des Insolvenzverwalters bewusst diese Zurücklegung gewählt.“
Der Beirat hat bedeutende Zustimmungs- und Widerspruchsrechte – und ein umfassendes Informationsrecht, was mit Vermögen passiert, wer Begünstigter sein soll und zuweiterem. „Dann hätte ich als Insolvenzverwalter zumindest darüber Kenntnis. Und die habe ich jetzt durch diese Maßnahme von Benko nicht“, sagt der promovierte Jurist und ergänzt: „Herr Benko hat gute Rechtsberater.“
Der Insolvenzverwalter rechnet für die Zukunft damit, dass es zu einer Art Lex Benko kommen wird, um Änderungen im Stiftungsrecht, vielleicht auch im Insolvenzrecht und im Firmenbuchrecht zu schaffen: „Alles andere würde mich erstaunen.“