Stiftungen im Zinstief Anleihen sind das Hauptrisiko

Bernd Haferstock ist Diplom-Mathematiker.

Bernd Haferstock ist Diplom-Mathematiker. Foto: Habbel, Pohlig & Partner Vermögensverwaltung

Deutsche Stiftungen nutzen bei der Kapitalallokation oft nicht alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Unabhängige Studien bestätigen, dass nach wie vor deutlich über die Hälfte ihres Vermögens in Anleihen und liquiden Kontobeständen steckt. Dies hat zum Teil historische Gründe, weil etwa Rentenpapiere gekauft wurden, um die daraus gut planbaren Zinszahlungen für den Stiftungszweck einzusetzen. Dass dieser Weg zumindest aktuell ein Auslaufmodell ist, dürfte spätestens seit dem 21. August 2019 klar sein, jenem Tag, an dem es der deutschen Bundesagentur erstmals gelang, eine 30-jährige Bundesanleihe mit einem Kupon von Null Prozent zu emittieren. Die Rendite der Zuteilung lag übrigens bei minus 0,11 Prozent.

Hohen Anleihebeständen stehen niedrige Investitionen in Beteiligungskapital wie Aktien in einer Größenordnung von lediglich 10 bis 15 Prozent des Depotwertes gegenüber. Anleger sollten vor der Realität nicht die Augen verschließen: aktuell notieren etwa 58 Prozent der europäischen Staatsanleihen im negativen Bereich. In Deutschland ist dies sogar bei 90 Prozent der ausstehenden Staatsanleihen der Fall.

Es liegt auf der Hand: Eine anleihe- und liquiditätslastige Allokation, wie sie von vielen Stiftungen noch umgesetzt wird, birgt Gefahren. Die für Stiftungszwecke nötigen Ausschüttungen können damit nicht verdient werden. Außerdem ist auch das Gebot des substantiellen Kapitalerhalts gefährdet.

Was viele andere professionelle Investoren, wie etwa Pensionsfonds, schon umgesetzt haben, müssen nun auch viele Stiftungen angehen. Sie müssen ihre Vermögenswerte streuen und die Quoten an Beteiligungskapital anheben.

Verantwortliche machen sich zu wenig klar: das eigentliche Risiko besteht nicht darin, Aktien und verwandte Investments im Depot zu haben, sondern diese zu meiden oder in diesen Anlagen unterrepräsentiert zu sein. Hierbei sollten Stiftungen stärker auf die aus der Diversifikation resultierenden erfreulichen Effekte eines Ausgleichs in der Wertentwicklung unterschiedlicher Anlageklassen vertrauen.

Jenseits dessen sind aber auch die aktuellen Bewertungsniveaus in Aktien keineswegs überzogen. Im Gegenteil. Dies wird deutlich, wenn man auf die Gewinnrenditen im deutschen oder europäischen Aktienbereich schaut, die bei über 7 Prozent liegen. Daraus resultierende Dividendenrenditen in der Größenordnung von 3 bis 4 Prozent sind zweifellos eine wichtige Stütze bei der Sicherstellung von Zahlungsströmen zur Finanzierung des Stiftungszwecks.

Hinsichtlich einer ausgewogenen Depotstruktur sollten Stiftungen aber auch stärker als bisher an Engagements im Rohstoffbereich, etwa an Edelmetalle, denken. Auch wenn diese Anlageformen nicht notwendigerweise Ausschüttungen generieren, kann ihnen bei der Stabilisierung des Depotwertes eine entsprechende Bedeutung zukommen. Etwa dann, wenn die Zeiten unsicherer werden oder unvorhergesehene makroökonomische Ereignisse eintreten. Der jüngste Anstieg des Goldpreises hat auch dies deutlich gemacht.

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