Stiftungen als Werkzeugkasten Die Zeit der bloßen Kapitalhingabe ist vorbei

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Stiftungen bewegen sich natürlich in einem globalisierten, vernetzten, zunehmend agilen und digitalen Umfeld. Neue Generationen von Stiftern, mit neuen Ideen zur Förderung, Stärkung oder Vertiefung der Teilhabe in der Zivilgesellschaft, treten auf die Bühne. Hochvermögende geben stetig neue Vermögenswerte zur gemeinnützigen Einflussnahme in das System. Zudem sind die Folgen der, nach der „Erbengeneration“ kommenden, „Generation ohne Erben“ noch nicht abzuschätzen. Denn in Deutschland sind laut Medienberichten zwischen 0,05 und 0,125 Prozent aller Bankkonten der Stadtsparkassen inaktiv. Was passiert mit diesem „herrenlosen“ Vermögen? Das fragt sich auch Frank Niederländer, Vorstand der BMW Foundation.

Aber auch der Wunsch der Vermögens- und Unternehmensnachfolger nach Möglichkeiten zum Engagement ist stark gestiegen. Hat doch diese junge Generation, quasi die digitale „jeunesse doré“, meist die Welt bereist und durch eigenes Erleben die Auswirkungen der Lebensstile der Ersten Welt auf die Zweite und Dritte Welt erfahren.

In globalen Zusammenhängen zu denken und sein Handeln darauf abzustellen, war noch nie in der Menschheitsgeschichte besser möglich als heute, auch in Zeiten von Fake News und den anhaltenden Versuchen, den Diskurs zu manipulieren. Verbunden damit sind der Wunsch und die Absicht, durch die eigenen Aktivitäten auch alsbald eine messbare Wirkung zu erzielen, groß. Die Zeiten der bloßen Kapitalhingabe ist weitgehend vorbei.

Nun treffen diese neuen Entwicklungen, quasi als Antwort auf eine stetige Emergenz und Disruption, auf tradierte, sicherlich auch bewährte Strukturen – an den Reibungsflächen dieser Bereiche nicht ohne ein hörbares Knarzen im Gebälk. Auf den Zuschauerrängen stehen die auf die Stiftungswelt eingestellten Dienstleister. Sie haben ihre Mitarbeiter in den letzten Jahren fortgebildet und suchen nach neuen Kundenpotentialen. Und sie sind verblüfft über die plötzliche Dynamik, haben sie doch das deutsche Stiftungswesen bis dato oft mehr als Schildkröte denn als Geparden wahrgenommen. Auch hier vollzieht sich also ein Wandel. Waren bis dato die Stiftungen Ziel der Bemühungen, können es künftig vielmehr die Stifter oder potentiellen Stifter sein, welche man in den Fokus nimmt. Ohnehin hat man diese Mandantschaft doch häufig bereits als Kunden im Bestand.

Der folglich veränderte Blick auf die Stiftung als Werkzeugkasten von Vermögensinhabern, neben der rein privatnützigen Familienstiftung, zur Realisierung einer gesamtgesellschaftlichen und gemeinnützigen Einflussnahme, macht diese sozusagen automatisch zum Dienstleistungsvehikel der Demokratie. Getreu den Buchstaben des Wortes „Demokratie“ als Herrschaft des Staatsvolkes kann die Stiftung sinngemäß als Affluent Impact Toolbox (AIT), sozusagen als IMPACT-Werkzeugkasten für Wohlhabende, zur Umsetzung dieser Teilnahme an Demokratie sein. Betrachtet man demnach das Vermögen in Stiftungen als Mittel zur direkten Wirkung kann folgende Formel gelten: Kapital + Affluent Impact Toolbox = Wirkung.