Nicht selten kommt es vor, dass Personen mit Wohnsitz in Deutschland Begünstigte eines ausländischen Trusts sind. Dies betrifft insbesondere Fälle mit familiärem Bezug zu Common-Law-Ländern – also beispielsweise das Vereinigte Königreich, Kanada, Neuseeland, Australien oder USA.
Für diese Begünstigten ergeben sich in Deutschland besondere steuerliche Risiken. So wird häufig schon bei der Erstellung der deutschen Einkommensteuererklärung übersehen, dass der inländische Begünstigte die im Ausland erzielten Einkünfte des Trusts unter gewissen Voraussetzungen auch dann in Deutschland zu versteuern hat, wenn sie gar nicht an ihn ausgeschüttet worden sind.
Das ist nicht das einzige Risiko. Zusätzlich können Begünstigte nämlich teilweise mit einer Schenkungsteuer in Höhe von bis zu 50 Prozent belangt werden, was dann zu einer Gesamtbelastung von über 75 Prozent führen kann. Nach einigen kürzlich ergangenen Entscheidungen der deutschen Finanzgerichte und des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine solche Doppelbesteuerung zulässig. Doch was steckt eigentlich hinter dem Trust und seiner Besteuerung?
Was ist ein Trust?
Der Trust ist ein Rechtsinstitut des angloamerikanischen Rechtskreises. In den meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen – einschließlich Deutschland – sind Trusts eher unbekannt. Errichtet jemand einen Trust, dann überträgt dieser Settlor oder Grantor bestimmte Vermögensgegenstände auf einen Treuhänder, den Trustee. Der Trustee verwaltet die erhaltenen Vermögensgegenstände dann auf Basis der Trust-Urkunde, die als Trust Deed oder Settlement bezeichnet wird, im Interesse der Begünstigten des Trusts, den Beneficiaries.
Charakteristisch ist hierbei, dass nicht nur der Trustee Eigentumsrechte am Trust-Vermögen erhält, also die Legal Ownership, sondern auch die Beneficiaries. Bekannt ist dieses Verhältnis als Beneficial Ownership. Nur: Gerade diese Spaltung des Eigentums ist dem deutschen Rechtsverständnis fremd. Werden Trusts rechtsgeschäftlich als sogenannte Express Trusts errichtet, so regeln sie oftmals die Vermögensnachfolge des Errichters. Der Trust kann dann – je nach konkreter Ausgestaltung – beispielsweise der deutschen Testamentsvollstreckung oder einer Familienstiftung ähneln.
Da der Errichter den Express Trust weitgehend frei errichten kann, sind in der Praxis unzählige Arten solcher Vehikel zu finden. So kann ein Trust sowohl zu Lebzeiten (Inter Vivos Trust) als auch von Todes wegen (Testamentary Trust) errichtet werden, dem Trustee entweder weitgehendes Ermessen einräumen (Discretionary Trust) oder ihm genaue Vorgaben machen (Strict Trust). Zudem kann der Errichter den Trust entweder unwiderruflich ausgestalten (Irrevocable
Trust) oder sich vorbehalten, den Trust später zu widerrufen (Revocable Trust).
Transparent oder intransparent?
Wie ein Trust in Deutschland steuerlich behandelt wird, hängt maßgeblich davon ab, ob dieser als transparent oder intransparent eingestuft wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
bestehen nämlich drei Möglichkeiten: Das Vermögen und die Einkünfte des Trusts können erstens dem Errichter, zweitens den Begünstigten oder drittens dem Trust selbst zuzuordnen sein, wie der Bundesfinanzhof 1992 festlegte. Ist der Trust dem Errichter oder den Begünstigten zugeordnet, so spricht man von einem transparenten Trust.
Solch ein Trust tritt selbst steuerlich gar nicht in Erscheinung. Stattdessen werden in diesen Fällen vielmehr die hinter dem Trust stehenden Personen besteuert – also der Errichter oder die Begünstigten. Lassen sich Vermögen und Einkünfte des Trusts dagegen nicht den dahinterstehenden Personen zuordnen, so ist der Trust steuerlich intransparent. Das hat zur Folge, dass das Vermögen und die Einkünfte dem Trust selbst zuzuordnen sind. Man spricht dann von einer „Vermögensmasse ausländischen Rechts“, wie in Paragraf 7 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) festgelegt ist. Wenn im Folgenden von Trusts die Rede ist, sind hiermit grundsätzlich solche steuerlich intransparenten Vermögensmassen gemeint.
Trusts und die Schenkungsteuer
Ausschüttungen dieser Trusts an ihre inländischen Begünstigten können in Deutschland laut Paragraf 7 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausschüttung anlässlich der Auflösung des Trusts erfolgt. Schüttet ein bestehender Trust dagegen laufend aus, unterliegen diese Ausschüttungen nur dann der Schenkungsteuer, wenn sie entweder unter Verstoß gegen die Trust-Urkunde erfolgen oder wenn der Begünstigte ein
sogenannter „Zwischenberechtigter“ ist.
Der II. Senat des Bundesfinanzhofs hat entschieden, dass dieses Kriterium der Zwischenberechtigung nur gegeben ist, wenn der Begünstigte über eine „Rechtszuständigkeit“ an dem Vermögen oder den Erträgen des Trusts verfügt. Wer keine rechtlich durchsetzbaren Ansprüche gegenüber dem Trust hat, ist kein „Berechtigter“. Demzufolge unterliegen laufende Ausschüttungen aus Trusts bei einem inländischen Begünstigten nur dann der Schenkungsteuer, wenn der Begünstigte einen klagbaren Anspruch auf die Ausschüttungen hat. Das dürfte insbesondere bei sogenannten Discretionary Trusts nicht der Fall sein.
Trusts und die Einkommensteuer
Daneben können Trust-Ausschüttungen zudem als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterliegen, wenn sie mit Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften wirtschaftlich vergleichbar sind, wie in Paragraf 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beschrieben ist. Ist das nicht der Fall, können die Ausschüttungen den sonstigen Einkünften unterliegen, wenn es sich hierbei um wiederkehrende Bezüge handelt (Paragraf 22 EstG).
Sowohl das Finanzgericht in Hessen als auch das in Hamburg haben entschieden, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit im Sinne von Paragraf 20 EStG weit auszulegen ist. Heißt: Das Kriterium muss grundsätzlich bei jeglichen Leistungen der Vermögensmasse an ihre inländischen Begünstigten bejaht werden. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Leistung ausnahmsweise eine Gegenleistung des Begünstigten gegenübersteht. Das entschieden die Finanzgerichte Hessen und Hamburg 2021. In der Regel werden Ausschüttungen von Trusts an ihre inländischen Begünstigten somit – neben einer etwaigen Schenkungsteuer – auch der Einkommensteuer unterworfen, und zwar zum Abgeltungstarif von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag.
Empfängt der Begünstigte Ausschüttungen, muss er sie nach Paragraf 32 EstG in seiner Einkommensteuererklärung deklarieren. Ausnahme: Kommen die Ausschüttungen
nicht aus den Erträgen, sondern aus der Vermögenssubstanz der Vermögensmasse, unterliegen sie nach herrschender Auffassung nicht der Einkommensteuer.
Was ist aber, wenn ein Trust aufgelöst wird? Das Finanzgericht Münster hat jüngst entschieden, dass der Einkommensteuer gemäß Paragraf 20 EStG auch dann die damit verbundenen Auskehrungen unterliegen. Eine besondere Problemstellung ergab sich in dem in Münster entschiedenen Fall allerdings daraus, dass die im Jahr 2016 aufgelösten Trusts bereits 1984
gegründet worden waren. Ausweislich der unwiderruflichen Trust-Urkunden sollten die Trusts aufgelöst werden, als der Vater der in Deutschland ansässigen Klägerin starb, das Trust-Vermögen dann an die Klägerin und ihre Schwestern gehen.
Ausländische Stiftungen und Trusts werden jedoch erst seit dem am 8. Dezember 2010 verkündeten Jahressteuergesetz 2010 nach Paragraf 20 EStG besteuert. Das Finanzgericht Münster hat den Paragraf vor diesem Hintergrund dahingehend verfassungskonform ausgelegt, dass nur die seit 2010 entstandenen Wertsteigerungen des Trust-Vermögens in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürften. Denn als das Jahressteuergesetz 2010 verkündet wurde, habe die Klägerin bereits eine gefestigte Vermögensposition hinsichtlich der streitgegenständlichen Trusts innegehabt. Und die dürfe ihr vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots nicht wiedergenommen werden, indem die seit 1984 entstandenen Wertsteigerungen rückwirkend besteuert werden.
Unabhängig von tatsächlich erhaltenen Ausschüttungen müssen die inländischen Begünstigten ausländischer Familienstiftungen und -Trusts die sogenannte Zurechnungsbesteuerung nach Paragraf 15 Außensteuergesetzes (AStG) beachten. Sie bewirkt, dass die Einkünfte des Trusts bei den inländischen Begünstigten unter gewissen Voraussetzungen selbst dann der Einkommensteuer unterliegen, wenn sie nicht an diese ausgeschüttet werden. Der eigentlich steuerlich intransparente Trust wird auf diese Weise transparent.
Für die betroffenen Steuerpflichtigen kann das erhebliche Nachteile mit sich bringen. So müssen sie zum einen die Erträge des im Ausland verwalteten Trusts sowie gegebenenfalls nachgelagerter Gesellschaften ermitteln und deklarieren. Das bringt insbesondere bei komplexen Strukturen erheblichen Compliance-Aufwand mit sich. Zum anderen erfolgt die Besteuerung, wie gesagt, unabhängig von tatsächlich vorgenommenen Ausschüttungen. Dadurch ergeben sich für die Steuerpflichtigen oftmals Liquiditätsprobleme (Dry Income). Eine wichtige Ausnahme von dieser Zurechnungsbesteuerung und ihren nachteiligen Wirkungen ist die EU/EWR-Bereichsausnahme nach Paragraf 15 des AStG. Familienstiftungen und -Trusts mit Sitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat unterliegen danach nicht der Zurechnungsbesteuerung, wenn
- der Errichter und seine Angehörigen rechtlich und tatsächlich keine Verfügungsmacht mehr über das übertragene Vermögen haben und
- zwischen dem betreffenden Staat und Deutschland ein hinreichender Informationsaustausch sichergestellt ist.
Sehr erfreulich – gerade für die inländischen Begünstigten von Common Law Trusts – ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Finanzgerichts Hessen, in der das Gericht die Bereichsausnahme des Paragraf 15 AStG über den EU-/EWR-Raum hinaus auf Drittstaaten ausgedehnt hat. Die Entscheidung erging zwar zu einer schweizerischen Familienstiftung, dürfte aber auf Familien-Trusts übertragbar sein. Nach Auffassung des Gerichts verstößt die Zurechnungsbesteuerung gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit. Denn im Unterschied zu den inländischen Vermögensmassen, wo die Einkommensteuer nur greift, wenn wirklich Vermögen ausgeschüttet wird, werde bei ausländischen Vermögensmassen auch auf die thesaurierten Erträge durch gegriffen.
Durch die hierdurch entstehen den Liquiditätsnachteile werde die Investition in ausländische Vermögensmassen entsprechend unattraktiver gemacht – ohne, dass es durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre. Da die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar ist, müsse die Bereichsausnahme des Paragrafen 15 AStG auch auf Drittstaaten angewendet werden. Allerdings: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Mögliche Doppelbelastung
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass Leistungen von Trusts an ihre inländischen Begünstigten neben der Schenkungsteuer also zusätzlich der Einkommensteuer unterliegen können – wenn dem Begünstigten die Erträge des Trusts nicht ohnehin bereits für Zwecke der Einkommensteuer
zugerechnet wurden. Die Rechtssprechung der Gerichte sah in einer solchen Doppelbelastung zuletzt kein Problem mehr. So entschied insbesondere das Finanzgericht Münster in dem zuvor bereits genannten Urteil, dass der Gesetzgeber die Doppelbelastung durch Schenkung- und Einkommensteuer bewusst in Kauf genommen hatte.
Eine Doppelbesteuerung ist laut Gericht auch verfassungsrechtlich unbedenklich, da Doppelbelastungen in einem Vielsteuersystem nunmal unvermeidlich sind. Nur: Dabei übersieht das Gericht, dass sich sowohl die Schenkung- wie auch die Einkommensteuer jeweils am
verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit messen lassen müssen. Und dieses Gebot der Folgerichtigkeit besagt, dass von einer einmal getroffenen Belastungsentscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich nicht mehr abgewichen werden darf – es sei denn, dies ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.
Belastungsgegenstand der Einkommensteuer ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit durch entgeltlichen Erwerb – dazu zählen etwa Arbeit oder Kapitalüberlassung, während die Schenkungsteuer auf die Besteuerung von unentgeltlich erlangten Leistungsfähigkeitszuwächsen abzielt. Da aber ein und dieselbe Leistung schon begriffslogisch nur entweder entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen kann, kann sie auch nur entweder der Einkommensteuer oder der Schenkungsteuer unterfallen; eine doppelte Besteuerung ist dagegen nicht denkbar. Eine abschließende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage steht jedoch noch aus.
Auch in Zukunft bleiben Begünstigte von Trusts mit Wohnsitz in Deutschland mit vielfältigen steuerlichen Risiken konfrontiert. Um drohende Nachteile zu vermeiden, sollten sich inländische Begünstigte möglichst frühzeitig um eine vorausschauende Steuerplanung kümmern. So kann
beispielsweise die Schenkungsteuer auf laufende Ausschüttungen dadurch vermieden werden, dass in Deutschland ansässigen Begünstigen kein rechtlich einklagbarer Anspruch auf Ausschüttungen gewährt, sondern vielmehr jede Ausschüttung in das Ermessen des Trustee gestellt wird. Unabhängig davon sind die besonderen Compliance-Pflichten im Zusammenhang mit Trusts zu beachten, insbesondere die Pflicht zur Anzeige der Begünstigtenstellung sowie zur Abgabe von Feststellungserklärungen.
Über den Autor:
Michael Tischendorf ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei Flick Gocke Schaumburg. Tischendorf berät Mandanten unter anderem zu ausländischen Stiftungen und Trusts. Zwischen 2020 und 2023 war er für Poellath tätig, seinen beruflichen Werdegang startete er bei der Wirtschaftskanzlei Sonntag.