Die Hinzurechnungsbesteuerung existiert bereits seit den 1970er Jahren und wurde zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021 überarbeitet. Die grundsätzliche Wirkungsweise ist weitgehend unverändert geblieben. Aber: Mit der jüngsten Gesetzesnovelle wurden einige Neuerungen kodifiziert, welche sich auch auf Private-Equity-Fondsinvestments deutscher Investoren auswirken.
Wie die „normale“ Hinzurechnungsbesteuerung funktioniert
Technisch soll mit der Hinzurechnungsbesteuerung die deutsche Besteuerung von ins Ausland verlagerten, niedrig besteuerten passiven Einkünften – sogenannte „Zwischeneinkünfte“ – sichergestellt werden. Dies erfolgt, indem die Zwischeneinkünfte ausländischer Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland haben („Zwischengesellschaften“) und typischerweise Kapitalgesellschaften sind, beim in Deutschland steuerpflichtigen Gesellschafter so behandelt, als hätte dieser sich die Zwischeneinkünfte ausschütten lassen. Damit die Hinzurechnungsbesteuerung dann auch wirklich angewendet wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
- Passive Einkünfte: Erfasst werden von der Hinzurechnungsbesteuerung nur die Einkünfte, die nicht im Aktivitätskatalog des Außensteuergesetzes aufgezählt sind oder nicht die erforderlichen Aktivitätsvoraussetzungen erfüllen.
- Beherrschung: In ihrer Grundform kommt die Hinzurechnungsbesteuerung nur im Beherrschungsfall zur Anwendung. Wenn also dem deutschen Gesellschafter alleine oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen mehr als 50 Prozent der Anteile, der Stimmrechte, des Kapitals oder des Gewinnanspruchs der Zwischengesellschaft zuzurechnen sind.
- Niedrigbesteuerung: Diese liegt nach Auffassung des Gesetzgebers bei einer Besteuerung der Einkünfte mit einem effektiven Steuersatz von weniger als 25 Prozent vor. Der Körperschaftsteuersatz liegt in zahlreichen – auch europäischen – Jurisdiktionen unterhalb dieser Grenze und erfüllt damit aus deutscher Sicht das Kriterium der Niedrigbesteuerung.
- Kapitalgesellschaft: Was eine Kapitalgesellschaft ist, bestimmt sich nach deutschen Maßstäben anhand des sogenannten „Typenvergleichs“. Für bestimmte Gesellschaftsformen – beispielsweise die US Limited Liability Company – ist deshalb eine einzelfallbezogene Beurteilung darüber erforderlich, ob diese aus Sicht des deutschen Steuerrechts als Personen- oder als Kapitalgesellschaft anzusehen ist.
Daneben gibt es noch eine erweiterte Form der Hinzurechnungsbesteuerung – für sogenannte „Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter“. Hierbei handelt es sich – vereinfacht gesagt – um Erträge aus Kapitalforderungen. Das sind üblicherweise Zinsen oder Veräußerungsgewinne. Bei dieser Kategorie von passiven Einkünften kommt es nicht auf die Höhe der Beteiligung an der Zwischengesellschaft an, wie es sonst bei der oben genannten Beherrschung der Fall ist. Denn die Hinzurechnungsbesteuerung kann bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bereits bei einer Beteiligung von 1 Prozent – in besonderen Fällen auch darunter – greifen.
Im Ergebnis wird die Besteuerung der von der Zwischengesellschaft erzielten niedrig besteuerten Zwischeneinkünfte auf Ebene des Gesellschafters ausschüttungsunabhängig auf das deutsche Steuerniveau hochgeschleust, Und zwar ohne, dass auf die fiktive Ausschüttung, den „Hinzurechnungsbetrag“, Steuerbefreiungen wie das Freistellungsverfahren, Teileinkünfteverfahren sowie das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg oder der Abgeltungssteuersatz anwendbar sind. Der Hinzurechnungsbetrag wird also mit Einkommens- beziehungsweise Körperschaftsteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer voll besteuert.
Falls im Ausland eine Steuer auf die Zwischeneinkünfte erhoben wurde, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen auf die deutsche Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet werden. Damit die Zwischeneinkünfte nicht doppelt besteuert werden, werden bei einer späteren tatsächlichen Ausschüttung der Zwischengesellschaft an den deutschen Gesellschafter die Hinzurechnungsbeträge angerechnet. Diese Anrechnung erfolgt auch auf Gewinne bei einer Anteilsveräußerung.
Wie sich die Hinzurechnungsbesteuerung in Private-Equity-Fondsstrukturen auswirkt
Was in der Theorie nur wenig nach Kapitalanlage klingt, hat für Investoren aber gewisse Auswirkungen. Bei der Einführung der Hinzurechnungsbesteuerung hatte der Gesetzgeber nämlich vor allem Gestaltungen im Blick, durch die Einkünfte – teilweise bewusst – ins niedrig besteuerte Ausland verlagert wurden. Von ihrem Grundgedanken her dient die Hinzurechnungsbesteuerung also der Missbrauchsvermeidung.
Sie greift jedoch auch in vielen anderen Konstellationen, in welchen ein Missbrauch nicht vorliegt und auch kein Verlust deutschen Steuersubstrats zu befürchten ist. So etwa auch in Private-Equity-Fondsstrukturen, in denen deutsche Limited Partners über ein in- oder ausländisches Fondsvehikel mittelbar und vielleicht sogar über viele Stufen hinweg an ausländischen Zwischengesellschaften beteiligt sind, die Strukturen aber nicht aktiv gestalten und diese teilweise auch gar nicht kennen.
Mit Blick auf die im Buyout-Segment branchentypischen Fremdfinanzierungen mittels Special Purpose Vehicles dürfte die Mehrheit der Anwendungsfälle bei Private-Equity-Fonds im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung liegen, bei der keine Beherrschung der Zwischengesellschaft erforderlich ist. Die jüngste Gesetzesänderung hat allerdings auch die potenziellen Anwendungsfälle der „normalen“ Hinzurechnungsbesteuerung bei Private-Equity-Fonds erweitert: Im Regelfall hat der einzelne Limited Partner keine mittelbare Mehrheitsbeteiligung an einer Zwischengesellschaft.
Allerdings wird den Gesellschaftern einer Personengesellschaft – wie beispielsweise eines Private-Equity-Fonds in der Rechtsform der Limited Partnership – nun per Gesetz (widerlegbar) ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten unterstellt (sogenanntes Acting in Concert). Dies hat zur Folge, dass die Anteile der Limited Partners für die Frage der oben erklärten Beherrschung gemeinsam betrachtet werden.
Erwirbt also ein Private-Equity-Fonds eine Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen, erstreckt sich die Hinzurechnungsbesteuerung nicht nur auf die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, sondern auch auf andere passive Einkünfte; jedenfalls wenn diese nicht nachweislich im Zusammenhang mit einer aktiven Tätigkeit der Gesellschaft stehen oder die Gesellschaft ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum hat und bestimmte Substanzerfordernisse erfüllt.
Zu solch passiven Einkünften zählen etwa Dividendenerträge aus Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10 Prozent. Dazu, welche Hürden die deutschen Gesellschafter einer Personengesellschaft nehmen müssen, um diese gesetzliche Unterstellung zu widerlegen, hat sich die Finanzverwaltung bislang noch nicht geäußert. Für die Limited Partners eines Private-Equity-Fonds würde die Unterstellung des Zusammenwirkens – also des Acting in Concert – jedoch der Realität widersprechen.
So wirkt sich die Hinzurechnungsbesteuerung auf die Limited Partners aus
Die Hinzurechnungsbesteuerung läuft neben den üblichen Feststellungen für Zwecke der Einkommens- oder Körperschaftsteuer. Deshalb ergeben sich für deutsche Limited Partners zusätzliche Compliance-Pflichten. Die Private-Equity-Fonds selbst sind als in- oder ausländische Personengesellschaft für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung zu vernachlässigen. Das bedeutet, dass der Hinzurechnungsbetrag nicht dem Fonds, sondern unmittelbar den deutschen Limited Partners zugerechnet wird.
Sie sind es dann auch, die diesen in Form einer besonderen Steuererklärung deklarieren müssen. Der inländische Limited Partner bewegt sich daher in einem Spannungsverhältnis zwischen der Identifikation möglicher Steuererklärungspflichten und den – seiner typischerweise geringen Beteiligungsquote geschuldeten – faktisch eingeschränkten Beibringungsmöglichkeiten. Dieses Spannungsverhältnis muss risikoadäquat und effizient gelöst werden.
Die Compliance-Verpflichtungen beinhalten die regelmäßige Überprüfung, ob die Beteiligungsstruktur des Fonds gegebenenfalls Merkmale aufweist, aufgrund derer die Hinzurechnungsbesteuerung anwendbar sein könnte. Danach müssen relevante Informationen über die potenziellen Zwischeneinkünfte eingeholt werden. Deren Analyse sollte entsprechend dokumentiert werden.
Sofern die Hinzurechnungsbesteuerung greift und der deutsche Limited Partner einen Hinzurechnungsbetrag versteuern muss, ergibt sich hieraus ein kommerziell meist nicht unwesentlicher Effekt. Einerseits deshalb, da der Hinzurechnungsbetrag ausschüttungsunabhängig besteuert wird und deshalb ohne korrespondierenden Liquiditätszufluss erfolgen kann, dem sogenannten Dry Income.
Andererseits kann sich – neben den Compliance-Kosten – auch eine definitive steuerliche Mehrbelastung ergeben, da der Hinzurechnungsbetrag voll besteuert wird. Die konzeptionelle Ausgestaltung des jeweiligen Portfolioinvestments zielt jedoch auf Anteilsveräußerungsgewinne oder Dividendeneinkünfte ab, die einer begünstigten Besteuerung beim deutschen Limited Partner unterliegen können.
Steuerpflichtige haben bei solchen Auslandssachverhalten erweiterte Mitwirkungspflichten und müssen der Finanzverwaltung auf Nachfrage weitreichende Unterlagen und Informationen vorlegen können. Kommt der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht hinreichend nach – kann er also die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen nicht vorlegen – reduziert dies die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde und das Beweismaß – typischerweise zu Lasten des Steuerpflichtigen.
Deutsche LPs sind daher gut beraten, die Hinzurechnungsbesteuerung zu monitoren und sich die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Unterlagen und Informationen in einer Nebenvereinbarung zum Limited Partnership Agreement des Private-Equity-Fonds (Side Letter) zusichern zu lassen.
Über die Gastautoren:
Lukas Redler und Axel Löntz sind Steuerberater bei Mazars und sind auf die steuerliche Beratung von Private Equity-Fonds und deren Investoren spezialisiert.