Steuerfalle für Unternehmerfamilien Finanzministerium plant verschärfte Wegzugsbesteuerung

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Die Einführung der Stundungsregelung für EU-/EWR-Fälle wurde aufgrund eines seinerzeit gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) notwendig. Dieser hatte in zwei Entscheidungen (EuGH v. 11.3.2004 – Rs. C-9/02, du Saillant und EuGH v. 7.9.2006 – Rs. C-470/04, N) zur Wegzugsbesteuerung natürlicher Personen klargestellt, dass die Niederlassungsfreiheit (jetzt Artikel 49 AEUV) zwar eine sofortige Steuerfestsetzung bei Wegzug erlaube, aber in diesen Fällen eine zeitlich unbefristete, zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung geboten sei. Erst vor kurzem hat der EuGH entschieden, dass eine entsprechende Anwendung der für EU-/EWR-Fälle geltenden Stundungsregeln aufgrund des Freizügigkeitsabkommens auch im Verhältnis zur Schweiz geboten ist (EuGH v. 26.2.2019 – Rs. C-581/17, Wächtler).

Sollte der Anteilsinhaber erneut in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig werden – ohne Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts durch ein Doppelbesteuerungsabkommen –entfällt nach bisheriger Regelung in den EU-/EWR-Konstellationen die festgesetzte Steuer rückwirkend, ohne dass insoweit eine Frist zu beachten wäre (Paragraph 6 Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 Außensteuergesetz). In Drittstaatenfällen sind hingegen bestimmte Fristen und Anforderungen an die Darlegung einer Rückkehrabsicht zu beachten.

Geplante Neufassung des Paragraphen 6 Außensteuergesetz

Das Grundkonzept des Paragraphen 6 Außensteuergesetz soll unverändert bleiben. Zukünftig sollen allerdings Steuerpflichtige betroffen sein, die innerhalb der vergangenen zwölf Jahre insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig waren (Paragraph 6 Absatz 1 Satz 1 Außensteuergesetz-E). Somit wäre ein Zuzügler aus dem Ausland künftig von der Wegzugsbesteuerung früher betroffen als auf Grundlage der heutigen Zehnjahresfrist.

Die bisherige Unterscheidung der Stundungskonzepte soll hingegen aufgegeben werden. In Zukunft soll die Wegzugsteuer sowohl in EU-/EWR- als auch in Drittstaatenfällen stets unmittelbar fällig werden oder auf Antrag des Steuerpflichtigen in sieben gleichen – unverzinslichen –  Jahresraten entrichtet werden, im Regelfall nur gegen Sicherheitsleistung (Paragraph 6 Absatz 4 Außensteuergesetz-E). Im Ergebnis entsteht so eine definitiv eintretende Liquiditätsbelastung, der kein unmittelbarer Einkünftezufluss gegenübersteht. In vielen Fällen wird die Steuerschuld daher nicht ohne Veräußerung der Anteile finanzierbar sein, was sich gerade im Mittelstand als Problem erweisen wird.

Bei (Wieder-)begründung der unbeschränkten Steuerpflicht durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsnachfolger innerhalb von sieben Jahren soll die festgesetzte Steuer bei fortbestehendem Anteilsbesitz rückwirkend entfallen. Bei durchgehender Rückkehrabsicht soll diese Frist auf Antrag um maximal fünf Jahre verlängert werden können (Paragraph 6 Absatz 3 Außensteuergesetz-E). Ferner soll bei bestehender Rückkehrabsicht in dem genannten Zeitraum auf Antrag auch die Erhebung der Jahresraten entfallen (Paragraph 6 Absatz 4 Satz 7 Außensteuergesetz-E). Eine endgültige steuerliche Belastung wird daher in vielen Fällen nur durch eine Rückkehr nach Deutschland erreichbar sein.

Geplantes Inkrafttreten der Gesetzesänderung

Die geänderte Fassung des Paragraph 6 Außensteuergesetz soll erstmals im Veranlagungszeitraum 2020 Anwendung finden (Paragraph 21 Absatz 1 Nummer 1 Außensteuergesetz-E). Betroffen wären also jedenfalls alle Wegzüge ab dem 1. Januar 2020. Unklar ist jedoch, ob die geänderte Stundungsregelung auch für vor 2020 erfolgte Wegzüge Relevanz entfalten kann, wenn der betroffene Steuerpflichtige noch keinen Stundungsbescheid auf Grundlage des bisherigen Paragraph 6 Absatz 5 Außensteuergesetz in Händen hält. Der Referentenentwurf sieht vor, dass Paragraph 6 Außensteuergesetz in der bisherigen Fassung auf „noch am 31. Dezember 2019 laufende Stundungen“ sowie „noch laufende Fristen im Sinne des Paragraph 6 Absatz 3 [Außensteuergesetz a.F.]“ weiter anzuwenden sei (Paragraph 21 Absatz 2 Außensteuergesetz-E).