Reformpläne der SEC Steht der Handel in US-Staatsanleihen vor einer Zäsur?

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Reformpläne der SEC
Steht der Handel in US-Staatsanleihen vor einer Zäsur?
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Jens Franck von Nordix: „Für Investoren ist unabdingbar zu prüfen, ob die eigene Bank Zugang zu einem US-Clearinghaus hat.“

Jens Franck von Nordix: „Für Investoren ist unabdingbar zu prüfen, ob die eigene Bank Zugang zu einem US-Clearinghaus hat.“ Foto: Nordix

Der größte und vermeintlich sicherste Anleihemarkt der Welt mit knapp 26,3 Billionen US-Dollar ausstehenden Volumens laut der Securities Industry and Financial Markets Association (SIFMA), der Markt für US-Staatsanleihen, steht vor einer tiefgreifenden Veränderung.

Ende 2023 stimmte die fünfköpfige Securities and Exchange Commission über den Umbau ab und nahm die vor über einem Jahr vorgeschlagene Reform mit vier zu eins Stimmen an. Die neuen Regeln werden jetzt bis 2026 stufenweise eingeführt. SEC-Chef Gary Gensler, betonte: „Wir reduzieren die Risiken für einen lebenswichtigen Teil unserer Kapitalmärkte in Krisenzeiten, aber auch in normalen Zeiten.“

Kein zweites Lehman Brothers

Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat den schrittweisen Weg im Handel der Anleihen in der Breite für das zukünftige Settlement (Lieferung) über sogenannte zentrale Clearingstellen frei gemacht. Das schafft mehr Sicherheit – beispielsweise auch gegen Cyber-Angriffe, da es Ausfallrisiken minimiert und maßgeblich zur Transparenz und Stabilität beiträgt.

Ähnlich wie beim Ausfall der Investment Bank Lehman Brothers könnte bei einem Ausfall eines Kontrahenten im gegenwärtigen System ein Dominoeffekt entstehen, der systemischen Schaden in der Finanzwirtschaft verursacht.

Vor dem Hintergrund gestiegener Zinsvolatilitäten aufgrund der kürzeren Aneinanderreihungen von exogenen Schocks, wie Brexit, Corona-Krise, US-Wahlen und geopolitische Verwerfungen sieht die SEC das Risiko eines Ausfalls als ein denkbares Szenario und möchte frühzeitig mit der angestoßenen Reform gegensteuern.

Handel mit US-Staatsanleihen wird teurer werden 

Die Reform basiert im Wesentlichen auf zwei Schritten, der erste Schritt ist die Verkürzung der Valutentage, vom derzeitigen zweitägigen Standard auf nur noch einen Tag. Dieser Schritt soll laut SEC per Mai 2024 umgesetzt werden.

 

Der zweite, einschneidende Schritt ist die bis 2026 schrittweise Einführung eines Central Clearings für US-Staatsanleihen. Derzeit werden Staatsanleihen in der Regel als sogenannte Delivery versus Payment Geschäfte direkt zwischen den Marktteilnehmern abgewickelt. Zukünftig sollen dann alle Geschäfte über ein Clearinghaus, das die Abwicklung des Geschäftes garantiert, erfolgen.

Im Ergebnis sollen Transaktionen und damit auch Investments in den US-Staatsanleihen-Markt sicherer, beziehungsweise das systemische Risiko, das durch den Ausfall eines Kontrahenten entstehen könnte, deutlich verringert werden.

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Deutsche Investoren indirekt betroffen

Trotzdem muss untersucht werden, ob es tatsächlich nur Vorteile generiert, da die Funktion von US-Staatsanleihen nicht nur als Finanzierung der USA einzuordnen ist, sondern auch als Absicherungs- und Referenzmaßstab für alle konkurrierenden US-Refinanzierungen gilt.

Die Einführung eines zentralen Clearings, wird den Handel mit US-Staatsanleihen aus zwei Gründen verteuern. Zum einen wird eine Clearing-Gebühr für die Abwicklung von Transaktionen fällig, zum andern werden Käufer und Verkäufer für die Settlementperiode Sicherheiten hinterlegen müssen.

Diese Belastungen werden für den deutschen institutionellen Investor zu vernachlässigen sein, die höheren Kosten werden jedoch stark handelsorientierte Marktteilnehmer zu spüren bekommen. Besonders diskutiert wurden Hedgefonds, die kleinste Schwankungen oder Marktverwerfungen ausnutzen. Ebenso werden „Primary Dealer“ höhere Kosten zu tragen haben. In der Folge kann es zu einer Abnahme der Liquidität des Marktes kommen.

Abnehmende Liquidität hat Folgen, da Staatsanleihen als Referenz für sonstige Refinanzierungen im US-Dollar (beispielsweise bei staatsnahen Institutionen, aber auch bei Unternehmens- und Hypotheken-Refinanzierungen) gelten. Gerade bei den mit Hypotheken unterlegten Mortgage Backed Securities (MBS) werden US-Staatsanleihen aufgrund der Konstruktion und Zinssensitivität der MBS zur Ausgleichsteuerung der sogenannten Zinsbindungsfristen (Duration) genutzt. Ein Beispiel für einen großen Markt, der ausreichende Liquidität benötigt und keinerlei Einschränkungen unterworfen sein darf. 

 

Deutsche Investoren werden nur mittelbar betroffen sein, da institutionelle Investoren keinen direkten Marktzugang haben, dieser erfolgt über die depotführende Bank oder die Verwahrstelle. Für Investoren ist unabdingbar zu prüfen, ob die eigene Bank Zugang zu einem US-Clearinghaus hat und auch zukünftig in der Lage sein wird, Kauf- und Verkaufsaufträge in US-Staatsanleihen abzuwickeln.     

Zentrales Clearing von US-Staatsanleihen positiv

Im Ergebnis halten wir fest, dass das zentrale Clearing von US-Staatsanleihen Vorteile generiert. Es macht diesen wichtigen Teilmarkt der Anleihen weltweit transparenter und verringert Risiken. Die alleinige Einführung des Central Clearing verhindert zwar nicht starke Zinsbewegungen, die schiere Bedeutung und Größe des Bereichs mit US-Staatsanleihen bedingt allerdings, diesen Markt krisenresistenter in seinen Randbedingungen – wie des wichtigen Central Clearings- zu organisieren.      

Gleichzeitig besteht die Gefahr steigender Handelskosten und somit einer möglichen Reduzierung der wichtigen Funktion Liquidität. Allerdings sind zum jetzigen Zeitpunkt diese Annahmen noch nicht quantifizierbar. Somit ordnen wir in der Summe das Vorhaben positiv ein.

Über den Autor:

Jens Franck ist Leiter Portfoliomanagement und Partner bei der Nordix. Vor dieser Zeit war er mehr als 25 Jahre in verschiedenen Funktionen im Rentenhandel, Rentensales und im Fondsmanagement unter anderem bei der Dresdner Bank, der Deka-Investment und der Bank of America Merril Lynch in London und Frankfurt tätig.

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