Daniel Ung von State Street Global Advisors „Das realisierte Risiko birgt mehr Informationen, als die realisierte Rendite“

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Vorteile der Verwendung risikoorientierter Ansätze für die Investitionsanalyse können sowohl auf die Risikodiversifizierung als auch den Schutz vor Abwärtsrisiken ausgedehnt werden (Ang et al. (2006, Quelle 8). Dadurch wird der Vorteil des erwarteten Risikos gegenüber der erwarteten Rendite für künftige wirtschaftliche Entscheidungen noch verstärkt.

Nachdem wir festgestellt haben, dass Informationen eher aus Risiko- als aus Renditeinformationen zu gewinnen sind, stellt sich nun die Frage, welche Art von Risikomaß verwendet werden sollte. Rein historische Informationen sind nur sinnvoll, um die Vergangenheit zu beschreiben, aber möglicherweise nicht sehr aufschlussreich, um aktuelle und zukünftige Entscheidungen zu treffen. Aus diesem Grund kann es sinnvoller sein, Ex-ante-Risikomaße zu verwenden, die anhand eines Risikomodells geschätzt werden.

Das MSCI-Barra-Modell beispielsweise hebt die jüngsten Beobachtungen hervor, während frühere Ereignisse durch exponentielle Gewichtung berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist es möglich, das Risikomodell zu nutzen und das Portfolio so zu zerlegen, dass den Anlegern ein Verständnis für die Risikotreiber vermittelt wird – insbesondere für die Verzerrungen ihres Gesamtportfolios.

Verschiedene Ziele und Bedingungen in Einklang bringen

Ein weiteres Thema, mit dem wir uns häufig befassen, ist die Frage, wie man mehrere und manchmal konkurrierende Ziele und Einschränkungen für Kunden bei der Portfoliokonstruktion ausgleichen kann. Eine häufige Forderung ist zum Beispiel, ein erhebliches Maß an Kohlenstoffreduzierung im Portfolio zu erreichen und gleichzeitig ein ähnliches Risikoprofil wie das ursprüngliche Portfolio beizubehalten. Ein solcher Spagat kann  mit einem Optimierungsprozess erzielt werden. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Optimierung einen Kompromiss oder einen „Trade-off“ eingeht und nicht unbedingt alle Probleme löst.

Aus diesem Grund raten wir, die Anzahl der Ziele und Nebenbedingungen in einer Optimierung zu begrenzen und sie entsprechend zu priorisieren. Werden zu viele Ziele ohne klare Prioritäten verfolgt, kann die Optimierung instabil werden. Eine Lösung zu finden, die einen erfolgreichen Ausgleich zwischen den verschiedenen festgelegten Anforderungen schafft, wird dann immer schwieriger. In diesem Zusammenhang muss die Abhängigkeit der Optimierungsparameter getestet und ihre Auswirkung bewertet werden, um eine Überanpassung und mangelnde Leistung abseits der Stichprobe zu vermeiden.

 

Unabhängig von der Leistung des Optimierungsalgorithmus selbst gibt es andere Gründe, warum der Optimierer instabile Lösungen produzieren kann. Beispielsweise können historische Renditedaten, die zur Schätzung der Volatilität und Korrelation zwischen den verschiedenen Vermögenswerten verwendet werden, gestört und mit Schätzfehlern behaftet sein. In diesem Zusammenhang kann jede aus der Optimierung resultierende Lösung für die Vermögensallokation nicht stabil genug sein und sich in der Realität – das heißt außerhalb der Stichprobe – unvorhersehbar verhalten.

Abschließend muss ein weiteres Thema sorgfältig geprüft werden: die Leistung des Portfolios. Im Allgemeinen sollte dieses auf Basis der Gesamtrendite beurteilt werden. Die Maximierung der Rendite ist zwar ein vernünftiges Ziel, allerdings kann die ausschließliche Konzentration darauf zu einem schlecht diversifizierten und potenziell volatilen Portfolio führen. Wenn man sich zudem vor allem auf die historische Rendite stützt, läuft man Gefahr einer vergangenen Performance hinterherzulaufen, ohne die Nachhaltigkeit der Rendite zu berücksichtigen.

Quellennachweise

1. Willenbrock, Scott (2011). "Diversification Return, Portfolio Rebalancing, and the Commodity Return Puzzle", Financial Analysts Journal, Vol. 67, No. 4, pp. 42-49, July/August.
2. Choueifaty, Y., Coignard, Y. (2008). Auf dem Weg zur maximalen Diversifizierung. The Journal of Portfolio Management, 35(1), 40-51.
3.Meucci, Santangelo, Deguest (2015). Risk Budgeting and Diversification Based on Optimized Uncorrelated Factors, SSRN.
4. Merton, Robert.C. (1980). On Estimating the Expected Return on the Market: An Exploratory Investigation.
Kapitalmärkte: Asset Pricing & Valuation.
5. Greenwood, R.M., & Shleifer, A. (2013). Renditeerwartungen und erwartete Renditen. ERN: Expectations in Economic Theory & Markets.
6. Ang, A. et al., Abwärtsrisiko (3. März 2004). AFA-Tagung 2005 in Philadelphia.
7. Ollerslev, T. et al., A Capital Asset Pricing Model with Time-Varying Covariances. Journal of Political Economy 96 (1988): 116-131.
8. Ang, A. et al, Downside Risk (3. März 2004). AFA-Tagung 2005 in Philadelphia.

 

Über den Autor

Daniel Ung ist Head of Quantitative Research and Analysis, ETF Model Portfolio Solutions bei SPDR EMEA & APAC, der ETF-Sparte von State Street Global Advisors. In dieser Funktion ist er verantwortlich für die Bereitstellung von Research zur Vermögensallokation mit ETFs sowie für die Analyse, wie ETFs in Anlageportfolios implementiert werden können. Zuvor war er als Senior ETF Stratege für die Produktforschung und -analyse von SPDR ETFs mit Schwerpunkt auf Smart Beta sowie für die Entwicklung von Marktprognosen, Anlagethemen und Ideen zur Portfolioimplementierung zuständig, um Kunden bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen. 

Zuvor war er Director of Global Research and Design bei S&P Dow Jones Indizes, war für Investment Research und die Entwicklung von Produktindizes in verschiedenen Anlageklassen verantwortlich. Ung arbeitete auch bei Barclays Wealth and Investment Management und in der Commodities Investor Derivatives Group bei BNP Paribas Fortis Bank.

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