US-Aktienmarkt Stärkste Jahresendrally seit 1997?

Seit 1928 sind die Aktienkurse zu 82 Prozent der Zeit in den letzten beiden Monaten des Jahres gestiegen, wenn der Benchmarkindex bis Ende Oktober jeweils mindestens zehn Prozent zugelegt hatte, wie Daten von S&P und Bloomberg belegen. Im Mittel stiegen die Kurse um sechs Prozent, was den S&P 500 auf 1862,79 Punkte bringen würde - ein Allzeit-Hoch, das rund 20 Prozent über dem 2007 erreichten Rekord von 1565,65 Zählern liegt.

Bei Aktien, die in einer Rally zugelegt haben, kaufen Investoren in den beiden letzten Monaten des Jahres fast immer zu anstatt Gewinne mitzunehmen. Dabei gehen die Anleger davon aus, dass die in den ersten zehn Monaten des Jahres erreichten Gewinne noch ausgebaut werden. Seit Beginn des aktuellen Bullenmarktes im Jahr 2009 hat der S&P 500 im November und Dezember jeden Jahres einen positiven Ertrag gebracht.

Auch wenn sich aktuell das Gewinnwachstum verlangsamt und die US-Notenbank Federal Reserve eine Reduzierung ihrer konjunkturfördernden Maßnahmen plant, sieht Jeff Mortimer, Direktor Investmentstrategie bei BNY Mellon Wealth Management, wenig Sinn darin, gegen den Trend bei Aktien anzukämpfen. “Man muss die Dynamik an den Märkten beachten, und das wird in diesem Kalenderjahr deutlich”, erläutert er. “Kunden fragen mich, warum sie nicht jetzt Gewinne mitnehmen sollen. Meine Theorie ist, dass sie später zu einem deutlich höheren Kurs verkaufen können.”

US-Aktien haben vier Wochen in Folge zugelegt. Vergangene Woche festigte sich der S&P 500 um 0,1 Prozent auf 1761,64 Punkte. Quartalszahlen von Pfizer bis General Motors Co. fielen besser aus als erwartet, und die Fed erklärte, sie müsse mehr Anzeichen für Wirtschaftswachstum sehen, bevor sie ihr Anleihekaufprogramm reduziere.

Von Januar bis Oktober hat die Aktien-Benchmark 23 Prozent zugelegt. Insgesamt haben 447 Aktien im S&P 500 Gewinne verzeichnet, so viele wie seit mindestens 1990 nicht mehr. 80 Prozent der Aktien wurden Bloomberg-Daten zufolge vergangene Woche über ihrem gleitenden 50-Tages-Durchschnitt gehandelt. Über die vergangenen 20 Jahre war dies im Schnitt bei 58 Prozent der Aktien der Fall.

Zuletzt hat der S&P im Jahr 1997 größere Gewinne über die ersten zehn Monate verzeichnet. Damals stieg der Index im November und Dezember um 6,1 Prozent und legte über das Gesamtjahr 31 Prozent zu.

“Wer nicht am Markt engagiert ist, hat das Gefühl etwas zu verpassen und will mitmachen”, sagt Omar Aguilar, Chief Investment Officer Aktien bei Charles Schwab Investment Management in San Francisco.

Trotz der Rally in diesem Jahr und der gestiegenen Bewertungen liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P 500 noch unter dem 15-Jahres-Durchschnitt von 19,3, wie Bloomberg-Daten belegen.

“Wie kann der Markt so gut abschneiden? Weil er zum Jahresanfang günstig war, die Kurs-Gewinn-Verhältnisse waren zu niedrig”, kommentierte Abby Joseph Cohen, leitende Investmentstrategin bei Goldman Sachs Group, am 31. Oktober in einem Interview mit Bloomberg Radio. “Wir sind immer noch der Auffassung, dass der Markt auf Sicht von 12 bis 18 Monaten unterbewertet ist.”

Insgesamt verzeichnet der Dezember Bloomberg-Daten zufolge die zweitbesten Erträge aller Monate im Jahr und kommt im Schnitt seit 1928 auf ein Plus von 1,5 Prozent. In den beiden letzten Monaten des Jahres ist der S&P 500 in 68 Prozent der Jahre gestiegen, öfter als in jeder Zweimonatsperiode mit Ausnahme der Monate März und April.

“Wenn es das ganze Jahr aufwärts geht, schafft das Begeisterung, die Erträge noch weiter nach oben zu treiben”, erläutert Wayne Lin, Portfoliomanager bei Legg Mason in Baltimore. “Am Markt spielt auch Dynamik eine Rolle, und derzeit ist der Dynamik-Faktor ziemlich stark.”

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