Staatsanleihen Warum die US-Haushaltslage einen globalen Wettbewerb um Kapital auslösen könnte

Axel Botte von Ostrum AM.

Axel Botte von Ostrum AM: „Der Sinneswandel der deutschen Regierung ist nach Jahren der Haushaltsdisziplin ein echter Game Changer für den Bund-Markt.“ Foto: Ostrum AM

Seit Mitte März sind die globalen Anleihemärkte vom Drama um die US-Zölle in Mit­leidenschaft gezogen. Die Renditen langfristiger Anleihen fielen auf ein Tief von 4,17 Prozent für 10-jährige US-Staatsanleihen, als Donald Trump den Handelskrieg gegen die Welt auslöste. Als dann wegen positiver Signale für eine vorläufige Rücknahme der Zölle Aktien gekauft wurden, ging das zu Lasten der Anleihen. Diese wurden verkauft, und die Renditen stiegen wieder auf bis zu 4,5 Prozent. Schwankungsbreiten, die an den Anleihenmärkten in solch kurzer Zeit eher ungewöhnlich sind.

Substanzielle Risiken bei US-Staatsanleihen

Doch es wäre zu kurz gedacht, diese Entwicklung nur auf die Signale und Schlagzeilen, die die Stimmung beeinflussen, zurückzuführen. Es gibt auch „substanzielle“ Risiken, die unter der Oberfläche brodeln. Das Länderrisiko ist in den USA nicht mehr zu vernachlässigen. Die Laufzeit- und Kreditrisikoprämien sind auf ein beispielloses Niveau gestiegen und liegen bei 30-jährigen Laufzeiten nahe 100 Basispunkten. Die höheren Kreditrisikoprämien schlagen sich in höheren Realrenditen nieder und treiben die Steilheit der US-Zinsstrukturkurve weiter in die Höhe.

Als Trump Anfang April mit der Absetzung von Fed-Chef Jerome Powell drohte, wurden US-Staatsanleihen in einer ungewöhnlichen Kombination aus einem schwächeren US-Dollar und höheren Renditen sogar mit Schwellenländern verglichen. Der Status des Dollars und der US-Anleihen als sicherer Hafen wurde plötzlich in Frage gestellt. Finanzminister Scott Bessent musste den Marktteilnehmern versichern, dass die Fed absolut unabhängig von der Exekutive bleiben werde.

 

Kaum ist diese Episode vorbei, ist es nun der viel gepriesene „große, schöne“ Haus­halts­entwurf in den USA, der die Ängste vor einer fiskalpolitischen Verantwortungs­losigkeit in Washington schürt. Der Bundeshaushalt beläuft sich in den zwölf Monaten bis April auf über 2 Billionen US-Dollar. Die Bundesausgaben in Höhe von 7 Billionen US-Dollar setzen sich aus etwa 1 Billion US-Dollar Zinsen, 1 Billion US-Dollar Militär­ausgaben und 4 Billionen US-Dollar für das Gesundheitswesen und Sozialleistungen zusammen.

Es gibt kaum diskretionäre Ausgaben, was erklärt, warum die von der von Elon Musks geleiteten Behörde DOGE veranlassten Kürzungen niemals einen Unterschied gemacht hätten. Denken Sie daran, dass das US-Finanzministerium unter dem Regime der Schuldenobergrenze keine Schulden mehr aufnehmen kann und außerordentliche Maßnahmen ergreift, um die Ausgaben zu finanzieren. Der X-Date – der Zeitpunkt, an dem die Maßnahmen ausgeschöpft sind und die USA zahlungsunfähig werden könnten – könnte laut Scott Bessent irgendwann im August eintreten.

Fiskalische Umfeld birgt Abwärtsrisiken für Anleihegläubiger

Somit hat der Kongress noch etwas Zeit, um einen Haushaltsentwurf auszuarbeiten und die Schuldenobergrenze anzuheben. Das US-Finanzministerium muss dann seine Kassenbestände zunächst durch die Ausgabe von kurzfristigen „Bills“ und anschließend durch längerfristige Anleihen auf rund 800 Milliarden Dollar auffüllen. Mit anderen Worten: Die am Markt zu platzierende Laufzeit wird gegen Ende des Jahres und im nächsten Jahr zunehmen. Zwar könnte die Fed die Zinsen senken, das „Quantitative Tightening“ weiter reduzieren oder die Liquiditätsbedingungen durch Marktinterventionen glätten, aber das beschriebene fiskalische Umfeld birgt erhebliche (Kurs-)Abwärtsrisiken für Anleihegläubiger.

Dabei sind die USA nicht das einzige Land, das mit einem Aufwärtsdruck auf die langfristigen Renditen konfrontiert ist. Der globale Wettbewerb um Kapital verschärft sich. In der Eurozone wird die neue Koalitionsregierung in Deutschland höhere Verteidigungs- und Infrastrukturinvestitionen in Höhe von fast einer Billion Euro über zehn Jahre durchsetzen. Allein in diesem Jahr plant der Bund, Anleihen mit einem Volumen von 380 Milliarden Euro zu begeben, im nächsten Jahr rechnen wir mit noch höherem Finanzierungsbedarf.

Game Changer für den Bund-Markt 

Vor diesem Hintergrund sind auch die Pläne für die Emission neuer Laufzeiten zu sehen, um alle Interessen aller Investorengruppen bedienen zu können. Ein breiter Produktmix kann helfen, die Finanzierungskosten des Bundes so niedrig wie möglich zu halten. Denn der Sinneswandel der deutschen Regierung ist nach Jahren der Haushaltsdisziplin ein echter Game Changer für den Bund-Markt. Höhere Emissionen in Verbindung mit dem anhaltenden Bilanzabbau der Europäischen Zentralbank (EZB) werden Druck auf Bundesanleihen ausüben, wobei Umschichtungen in US-Staats­anleihen und Zinssenkungen der EZB einen gegenläufigen Effekt haben dürften.

Das Gleichgewicht bei den Renditen für Bundesanleihen könnte bis zum Jahresende bei etwa 2,60 Prozent liegen. Bundesanleihen genießen nach wie vor den Status eines sicheren Hafens, auch wenn die Swap-Spreads in den negativen Bereich gefallen sind. Es ist wichtig anzumerken, dass die Spreads für Staatsanleihen im Euroraum die Zollkrise gut überstanden haben. Die Spreads für französische 10-jährige OATs lagen trotz schwieriger Verhandlungen über den Haushalt für das nächste Jahr im April nicht über 80 Basispunkten. Die Bemühungen um eine Haushaltskonsolidierung in Italien wurden mit einem Rückgang der Spreads belohnt.

 

Die Nachfrage nach Staatsanleihen bleibt nach allen Kennzahlen und historischen Maßstäben stark. So könnte auch das stetige Wachstum der EU-Schulden eine weitere Referenzgröße für sichere Anlagen in Euro-Anleihen setzen. EU-Anleihefutures werden die Liquidität und das Interesse an diesem sich entwickelnden Markt erhöhen, insbesondere von nicht in der Eurozone ansässigen Anlegern, die auf der Suche nach hochwertigen (AAA) Krediten in Euro sind.

In Japan liegt die Rendite 40-jähriger JGBs derzeit bei etwa 3,40 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Bei den aktuellen Niveaus könnten japanische institutionelle Anleger einen starken Anreiz haben, ihre Käufe ausländischer Anleihen zu verlangsamen. Reduzierte japanische Investitionen im Ausland würden die Aufwärtsrisiken für die globalen Anleiherenditen nur noch verstärken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Haushaltslage in den USA einen globalen Wettbewerb um Kapital auslösen könnte. Anleger sind auf der Suche nach Alternativen zu US-Staatsanleihen. Um Kapital anzuziehen, könnten höhere langfristige Renditen erforderlich sein.

Über den Autor:
Axel Botte ist seit 2018 bei Ostrum Asset Management. Seit Mai 2023 ist er Leiter der Marktstrategie (Head of Market Strategy). Weitere Karrierestationen waren bei Natixis Investment Management (Konzernmutter von Ostrum AM) und Axa Investment Managers.

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