Sportler als Kunden, Teil 4 Wann eine Wegzugsbesteuerung fällig wird

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Oft vergessen: das Erbrecht

Der Wegzug aus Deutschland kann aber nicht nur steuerliche Konsequenzen entfalten, sondern gegebenenfalls auch rechtliche. Dies gilt insbesondere für einen Bereich, über den man nicht gerne spricht, der aber für die Versorgung des Ehegatten oder der Kinder wesentlich sein kann: das Erbrecht. Entsprechen unsere beiden Fußballprofis der überwiegenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung, werden sie für den Ernstfall nicht vorgesorgt und damit kein Testament errichtet haben.

Sollte ihnen etwas zustoßen, träte die gesetzliche Erbfolge ein. Selbst wenn oftmals nicht alle Einzelheiten bekannt sind, werden die Meisten eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie der Nachlass zwischen dem überlebenden Ehegatten und zwei Kindern nach dem deutschen Recht aufzuteilen ist.

Ganz grob gesprochen werden der überlebende Ehegatte im Falle des gesetzlichen Güterstandes die Hälfte und die beiden Kinder jeweils ein Viertel erben. Eine solche Aufteilung kann durchaus den Vorstellungen des Erblassers entsprechen. Es besteht daher nicht zwingend eine Veranlassung, hieran etwas zu ändern.

Auch soll an dieser Stelle nicht weiter die Problematik einer Erbengemeinschaft (in der Entscheidungen grundsätzlich einstimmig gefällt werden müssen) mit minderjährigen Kindern (die in bestimmten Angelegenheiten nicht vom miterbenden Elternteil rechtlich vertreten werden können) thematisiert werden. Das Augenmerk soll vielmehr auf die seit dem 17. August 2015 geltende EU-Erbrechtsverordnung gelenkt werden, die auf grenzüberschreitende Erbfälle Anwendung findet.

Betroffen sind beispielsweise Erbfälle, bei denen der Erblasser die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, seinen Wohnsitz aber in einem anderen Staat genommen hat. In derartigen Fällen stellt sich die Frage, nach dem Recht welchen Staates das Vermögen des Erblassers vererbt wird: richtet sich die Erbfolge nach deutschem oder nach ausländischem Recht?

Während sich bisher in Deutschland das jeweilige anzuwendende Erbrecht im Zweifel immer an der Staatsbürgerschaft des Erblassers orientierte, ist seit August 2015 der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers ausschlaggebend. Den gewöhnlichen Aufenthalt wiederum wird man an dem Ort annehmen dürfen, an dem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Erblassers befindet.

Wie zuvor gesehen, hat Fußballer B seinen Lebensmittelpunkt trotz Wegzugs aus Deutschland weiterhin in Deutschland behalten. Sowohl nach altem als auch nach neuem Recht richtet sich seine Erbfolge nach den Regeln des deutschen Erbrechts. Eine Änderung aufgrund der EU-Erbrechtsverordnung ist nicht eingetreten.

Fußballer A, der trotz Beibehaltung seiner Wohnung in Deutschland, seinen Lebensmittelpunkt – wie zuvor geprüft – nach Italien verlegt hat, würde hingegen aufgrund der EU-Erbrechtsverordnung nicht mehr nach deutschem, sondern nach italienischem Erbrecht beerbt. Es ist anzunehmen, dass A die Regeln der gesetzlichen Erbfolge nach italienischem Recht nicht kennt – die Versorgung seiner Angehörigen würde damit zur großen Unbekannten.

Festlegung aufs Heimatrecht

A kann sich vor dieser Unsicherheit natürlich schützen, indem er Rat im Ausland einholt und sich die ausländische Erbrechtssystematik erläutern lässt. Er kann aber auch eine sogenannte Rechtswahl treffen und festlegen, dass sich seine Erbfolge nach seinem Heimatrecht, das heißt nach dem Recht des Staates richten soll, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Diese Möglichkeit wird ihm ebenfalls durch die EU-Erbrechtsverordnung eröffnet.

Damit soll verhindert werden, dass sich international tätige Personen ständig mit der Frage beschäftigen müssen, ob sie einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben und nun zum wiederholten Male ihren Nachlass neu regeln müssen. Die Rechtswahl ist darüber hinaus auch dann zu empfehlen, wenn (noch) nicht eindeutig sicher ist, wo sich der gewöhnliche Aufenthalt einer Person befindet.

Allerdings muss eine Rechtswahl aktiv getroffen werden und erfordert daher das Aufsetzen einer letztwilligen Verfügung. Angesichts der Unkenntnis über das ausländische Erbrecht und der daraus resultierenden Ungewissheit, welche Rechte den hinterbliebenen Familienmitgliedern im Einzelnen zustehen, scheint der zeitliche Aufwand für eine letztwillige Verfügung aber sicherlich gerechtfertigt.

Zu den drei vorangegangenen Beiträgen zum Thema Sportler als Kunden geht es hier:
Sportler als Kunden, Teil 1
Sportler als Kunden, Teil 2
Sportler als Kunden, Teil 3

Über die Autorin:
Dr. Claudia Klümpen-Neusel, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, ist im Bereich Private Finance bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton tätig. Sie betreut überwiegend Privatpersonen, Unternehmer und Sportler in wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.

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