Bei 9,2 Milliarden Euro liegt der Wertverlust auf Sparguthaben, den Sparer in Deutschland für das vergangene Jahr verbuchen müssen. Pro Kopf sind das minus 110 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt der Realzins-Radar, den die Direktbank Comdirect vierteljährlich anhand der durchschnittlichen Zinsen auf Tages- und Festgeld sowie der Inflationsrate ermittelt. Im gesamten vergangenen Jahr lag der Realzins demnach bei minus 0,39 Prozent.
Zwar kippte die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte ins negative. Die Zinsen lagen im dritten und vierten Quartal damit über der Inflationsrate. Mit 0,37 Prozent erreichte der Realzins zuletzt sogar einen Höchststand seit mehr als fünf Jahren (siehe Grafik). Die Ersparnisse gewannen damit laut Comdirect-Analyse 2,3 Milliarden Euro real an Wert, pro Kopf waren das 28 Euro.
Der Schein aber trügt, heißt es von der Direktbank, denn die Inflation sei im zweiten Halbjahr 2020 lediglich durch den Sondereffekt der befristeten Mehrwertsteuersenkung ins Negative gerutscht. Vor dem Hintergrund der niedrigen Sparzinsen müssten Sparer künftig wieder von einem negativen Realzins ausgehen.
„Sparer können sich schon jetzt darauf einstellen, dass reale Verluste auf Sparbüchern und Co. im Jahr 2021 wieder zur Normalität werden“, sagt Matthias Hach, Marketing-Bereichsvorstand Comdirect bei der Commerzbank. Um im Zuge der Corona-Krise die Wirtschaft wieder anzukurbeln, bleibe die EZB bei ihrer ultra-expansiven Geldpolitik. „Zinserhöhungen sind nicht in Sicht.“
Gleichzeitig haben die Bundesbürger im Corona-Jahr 2020 so viel gespart wie nie zuvor – die Spareinlagen überstiegen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik die Marke von 2,5 Billionen Euro. Kurzarbeit, Angst vor Arbeitslosigkeit sowie weniger Möglichkeiten, Geld auszugeben, etwa für Reisen, gelten als Motive. So verzeichnete die Comdirect im zweiten Quartal 2020 erstmals seit der ersten Erhebung im Jahr 1950 eine Sparquote von mehr als 20 Prozent. Insgesamt legten die Deutschen in den vergangenen zwölf Monaten zusätzliche 133 Milliarden Euro in Form von Spareinlagen zurück.
„Die Deutschen neigen dazu, ihr Erspartes in unsicheren Zeiten auf mutmaßlich sichere Anlagekonten zu schieben“, so Hach. Für den mittel- bis langfristigen Vermögensaufbau seien Investitionen in Wertpapiere aber unerlässlich.