Sonja Laud von LGIM Nachhaltigkeit bedeutet für mich …

Sonja Laud von LGIM

Sonja Laud von LGIM: „Diversifizierung ist wichtiger denn je. Sie dient dazu, unterschiedlichen ökonomischen Szenarien standhalten zu können“ Foto: LGIM

...die Einbeziehung von ESG-Überlegungen, die wir als finanziell wesentlich erachten, in unsere Anlageentscheidungen und die Zusammenarbeit mit Unternehmen, Regulierungsbehörden sowie
staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen, um positive Veränderungen in der Praxis zu erreichen. Mit anderen Worten: wie wir als verantwortungsvoller Investor handeln.

Allerdings sollten wir dies in den Gesamtkontext der treuhänderischen Pflicht einbetten: Als Asset Manager sind wir von unseren Kunden beauftragt, Anlagelösungen zu liefern, die es diesen ermöglichen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen. Die Integration von ESG-Überlegungen trägt
dazu bei. Dabei muss man sich ebenso im Klaren darüber sein, dass die verantwortungsbewusste Geldanlage vielschichtig ist und wir bei der Umsetzung ständig neu justieren müssen.

Dreimal jährlich schreibe ich die Einleitung zu unserem CIO-Update, in dem wir die wichtigsten
Fragen, mit denen Anleger konfrontiert sind, zusammenfassen. Ein Blick in einige Ausgaben zeigt, was für grundlegende Veränderungen wir in jüngster Zeit erlebt haben.

Wandel ist einzige Konstante

Die Pandemie hatte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und zwang Anleger, die Widerstandsfähigkeit ihrer Portfolios neu zu bewerten. Ein Szenario, auf das die Wissenschaft wiederholt hingewiesen hatte, wurde harte Realität. Die Pandemie schärfte auch unseren Blick für andere Bedrohungen, auf die wir möglicherweise nicht ausreichend vorbereitet sind. Dazu gehört
etwa die antimikrobielle Resistenz (AMR) – manchmal als „Pandemie im Schatten“ bezeichnet.

Unübersehbar ist die Parallele zur größten Bedrohung für unseren Fortbestand auf der Erde: dem Klimawandel. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine ist in erster Linie eine menschliche Tragödie, die bis heute andauert. Er markierte aber auch einen weiteren entscheidenden Moment für Investoren. Plötzlich mussten die Regierungen auf der ganzen Welt Netto-Null-Ziele mit dem
neuen Gebot der Energiesicherheit in Ausgleich bringen.

 

Unser Standpunkt: Diese beiden Ziele schließen einander nicht aus. Wir sahen, und sehen, die Energiekrise als eine Krise der unzureichenden Investitionen. 2023 wurde auch das transformative Potenzial Künstlicher Intelligenz für jede und jeden Einzelnen verständlich. Diese Revolution bringt enorme Chancen mit sich, aber auch vielfältige Risiken. Als Vermögensverwalter müssen wir auf all diese entscheidenden Momente sowohl mit kurzfristigen Entscheidungen als auch mit langfristigem Umdenken reagieren.

Daten sind Motor des Fortschritts

Das andere dynamische Element im Bereich Nachhaltigkeit ist die Regulierung. In den vergangenen Jahren gabes Fortschritte beim Versuch, den Begriff „verantwortungsvolle Geldanlage“ zu definieren und Fonds zu klassifizieren. Obwohl noch ein langer Weg vor uns liegt, bedeuten Initiativen wie die „Sustainable Finance Disclosures Regulation“, die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte, einen Sprung nach vorne.

Letztendlich wird jeder Kunde seine eigenen Nachhaltigkeitsziele definieren. Das ist nachvollziehbar, und jeder Kunde sollte die Möglichkeit haben, seine Präferenzen zu formulieren. Wir als Asset Manager stehen in der Verantwortung, für Transparenz zu sorgen – und die Grund-
lage für diese Transparenz sind Daten.

In den vergangenen fünf Jahren verbesserte sich die Verfügbarkeit und Tiefe von ESG-Daten. Die ermöglichte es uns, unseren eigenen ESG-Score auszubauen, um unsere Erwartungen in Bezug auf
ESG-Themen besser widerzuspiegeln.

Überzeugungen und Ziele

Der Anlagehorizont vieler unserer Kunden, für die wir ein Vermögen von gut 1.324 Milliarden Euro verwalten, umfasst Jahrzehnte. Deshalb bemühen wir uns um Veränderungen, die künftigen Generationen zugutekommen. Dabei stützen wir uns auf folgende Grundüberzeugungen:

  • Verantwortungsbewusstes Investieren ist der Schlüssel, um langfristig Erträge zu verbessern, Chancen aufzudecken und Risiken zu minimieren.
  • Bei der Kapitalallokation führen wir Untersuchungen zu potenziellen ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen durch – im Rahmen unserer aktiven und Real-Assets-Anlagestrategien als auch, auf Wunsch unserer Kunden, bei Indexstrategien.
  • ESG-Faktoren sind in finanzieller Hinsicht relevant, wenn auch nicht alle in gleichem Maße. Geduld ist gefragt, denn der Zeithorizont von ESG-Ergebnissen und Anlagerenditen variiert.
  • Auf reale Veränderungen ausgerichtetes Engagement ist der beste Weg, um weltweit langfristige, systemische Veränderungen zu erreichen.

Zu unseren ESG-Zielen gehören:

  • Reduktion von Treibhausgasemissionen auf nettonull bis spätestens 2050 für alle verwalteten Vermögenswerte
  • Festlegung eines Zwischenziels von 70 Prozent der Assets under Management, die bis 2030 in Übereinstimmung mit diesem Netto-Null-Ziel verwaltet werden sollen
  • Netto-Null-Emissionen für unser gesamtes Immobilienportfolio bis 2050

Viele der Themen, die im US-Wahlkampf diskutiert wurden, sind für Investoren von Bedeutung – ebenso wie die politischen Entwicklungen in anderen Teilen der Welt. Wir leben in einer zunehmend multipolaren Welt, die durch technologische Fortschritte, demografische
Herausforderungen und geopolitische Konflikte verunsichert wird.

 

Aus unserer Sicht ist es daher unerlässlich, regelmäßig Szenarioanalysen durchzuführen, um potenzielle Auswirkungen zu durchdenken. Zudem erscheint uns Diversifizierung wichtiger denn je zu sein. Sie dient dazu, unterschiedlichen ökonomischen Szenarien standhalten zu können – und die Auswirkungen eines einzelnen Marktereignisses abzumildern.

Eines steht bereits jetzt fest: Unabhängig davon, was auf politischer Ebene in nächster Zeit geschieht, bleiben finanziell relevante ESG-Faktoren, die sich auf die Wertentwicklung eines Unternehmens auswirken, für unsere Anlageentscheidungen von großer Bedeutung.  

Selbst wenn die Auseinandersetzung mit „grünen“ Themen und einer nachhaltigen „Wende“ mancherorts ins Stocken geraten sollte, müssen wir dafür sorgen, dass alle Vermögensverwalter noch transparenter und detaillierter über die ESG-Daten der Un ternehmen, in die sie investieren, Berichterstatten. Nur so können die Eigentümer dieser Vermögenswerte ihre eigenen, fundierten Entscheidungen treffen.

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