Im Dezember 2024 schaffte es Blackrock erneut in die Schlagzeilen. Mit dem Private-Credit-Spezialisten HPS Investment Partners für 12 Milliarden US-Dollar tütete der Asset Manager die dritte Übernahme binnen weniger Monate ein. In den vergangen 18 Jahren kaufte Blackrock insgesamt 15 Unternehmen (siehe Grafik Seite 2) und wurde auch deshalb zum weltweit größten Vermögensverwalter.
Seit dem Jahr 2014 hält Blackrock diesen Status. 26 Jahre dauerte der Aufstieg dorthin. Zum dritten Quartal 2024 verwalteten die New Yorker ein Vermögen von 11,5 Billionen US-Dollar.
Acht Gründer mit einem Gespür für Risikomanagement
Am Mittwoch, 9. März 1988, ist an so eine Zahl noch nicht zu denken. An diesem Tag gründen Larry Fink, Robert Kapito, Susan Wagner, Barbara Novick, Ben Golub, Hugh Frater, Ralph Schlosstein und Keith Anderson den Vorläufer von Blackrock. Ihr Ziel ist es, institutionellen Investoren eine Vermögensverwaltung und Risikomanagement zu bieten. Vom Retail-Kunden ist damals nicht die Rede.
Fink arbeitete zuvor gemeinsam mit Kapito, Golub und Novick bei der Investmentbank First Boston. Durch Fehler bei Investmentgeschäften brachte er der Bank Verluste von rund 100 Millionen US-Dollar ein, weshalb er 1988 im Alter von 35 Jahren gefeuert wird. Doch die Erfahrung prägt ihn – und motiviert ihn und seine Gründungskollegen. Ihr Ziel: branchenführende Risikomanagement- und Treuhand-Prozesse zu etablieren.
Um an Kapital für das neu gegründete Unternehmen zu kommen, fragt Fink bei Peter George Peterson an. Der Mitbegründer der Blackstone Group ist von Finks Idee angetan. So entsteht Blackstone Financial Management als Asset-Management-Einheit von Blackstone. Gegen 50 Prozent der Anteile erhalten Fink und seine Mitstreiter eine Kreditlinie von 5 Millionen US-Dollar. Wenige Monate später belaufen sich die Assets under Management bereits auf 2,7 Milliarden US-Dollar. Damit ist das Unternehmen profitabel. 2023, rund 35 Jahre später, beträgt der Jahresnettogewinn des Unternehmens 5,5 Milliarden US-Dollar.
Bruch mit Blackstone und Geburt von Blackrock
Zum Jahr 1992 hält Blackstone noch 32 Prozent an Blackstone Financial Management. Durch die Herausgabe von Mitarbeiteranteilen hatte sich der Anteil der Investmentgesellschaft reduziert. 17 Milliarden US-Dollar verwaltet der Blackrock-Vorläufer zu diesem Zeitpunkt. Und Fink und Blackstone-Geschäftsführer Stephen Schwarzman planen bereits den Börsengang.
Dazu kommt es aber nicht. Der Grund: „strategische Differenzen“ zwischen beiden Geschäftsführern, die nicht ausgeräumt werden können. Blackstone verkauft in der Folge, im Jahr 1994, seine Anteile an dem Asset Manager für einen Preis von 240 Millionen US-Dollar an PNC Financial Services. Und Blackstone Financial Management erhält einen neuen Namen: Blackrock. Fink wird Geschäftsführer und in den kommenden vier Jahren führt PNC alle Geschäftsbereiche der eigenen Vermögensverwaltung bei Blackrock zusammen. 53 Milliarden US-Dollar verwaltet der Vermögensverwalter am Ende des Geschäftsjahres.
Börsengang und Aufstieg von Blackrock
1999 ist es schließlich doch so weit: Blackrock geht an die Börse. Der Ausgabepreis an der New York Stock Exchange (NYSE) beläuft sich pro Aktie auf 14 US-Dollar. Ende 2024 notiert die Aktie bei mehr als 1000 US-Dollar. Damit nahm der Wert des Titels in den vergangenen 25 Jahren im Schnitt alle zwölf Monate um mehr als 20 Prozent zu.
1999 ist aber auch aus einem anderen Grund ein wichtiges Jahr in der Firmengeschichte. Blackrock bietet seine Aladdin-Technologie von da an externen Unternehmen an. Aladdin ist das Datenanalysesystem der Risikomanagementplattform von Blackrock. Das Akronym steht für Asset, Liability, and Debt and Derivative Investment Network. Unter anderem nutzt die BNP Paribas das Tool, die Deutsche Bank, Prudential und Calpers gehören zu den Kunden. Aladdin überwacht die Performance von 30.000 Investmentportfolios im Wert von 15 Billionen Euro.
Über die Jahre wurde Aladdin weiterentwickelt, etwa um einen Klima-Rechner. Blackrock will künftig noch größere Datensätze integrieren, zum Beispiel aus sozialen Medien. Dadurch soll die Bekanntheit einer Aktie besser erfasst werden. Aladdin gilt unter Branchenbeobachtern als Hauptgrund für den Erfolg von Blackrock.
Die ersten Übernahmen von Blackrock
Blackrock wächst in den kommenden Jahren aber auch durch Übernahmen. Der Asset Manager kauft gleich eine Reihe von Unternehmen. 2004 erwirbt Blackrock zunächst SSRM Holdings von Metlife für 375 Millionen US-Dollar. Durch den Deal erhöht sich das verwaltete Vermögen auf 325 Milliarden US-Dollar. 2006 geht auch das Investment Management von Merrill Lynch an Blackrock. Dadurch sinkt der Anteil von PNC an Blackrock und Merrill Lynch wird mit 49,5 Prozent zum Großeigner. Ein Jahr später übernimmt Blackrock auch das Dachfondsgeschäft von Quellos Capital Management. Das Wachstum des Asset Managers scheint kaum zu bremsen. Doch dann kommt 2008.
Rolle während der Finanzkrise und größter Anlagenverwalter
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise beginnt als Immobilienkrise auf dem Subprime-Markt in den USA, rasante Kurseinbrüche an den Aktienmärkten verschärfen die Krise. Mehrere große amerikanische Finanzunternehmen, die entweder direkt oder indirekt über die Verbriefung auf dem Immobiliensektor aktiv waren, müssen im Zuge der Krise Insolvenz anmelden oder von der Regierung gerettet werden, darunter die Investmentbanken Lehman Brothers und Merrill Lynch.
Blackrock kommt in dieser Zeit eine entscheidende Rolle zu, etwa bei der Rettung von AIG und der Citigroup. Zudem erhielt Blackrock Aufträge von der US-Regierung. Blackrock profitiert hier erneut von Aladdin: Die Politiker schätzten das Risikomanagement der New Yorker als am besten ein. Blackrock überwacht die Finanzen der Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac. Für die Fed erstellt das Unternehmen täglich Risikoberichte über die hypothekenbesicherte Wertpapiere. So geht der Vermögensverwalter gestärkt aus der Krise hervor – und ist gewappnet für weitere Übernahmen.
2009 entpuppt sich als weiteres entscheidendes Jahr für das Unternehmen. Durch die Übernahme der Global Investors Unit von Barclays erhält Blackrock auch die Fondsgruppe iShares. Aus dem ehemals reinen institutionellen Vermögensverwalter ist spätestens jetzt auch ein Retail-Asset-Manager geworden. Mit iShares baut Blackrock sein Geschäft mit passiven Anlagestrategien aus. Im Jahr 2011 folgt ein weiterer Meilenstein: Blackrock rückt in den S&P 500 auf.
Größter Vermögensverwalter der Welt
2014 liegt das verwaltete Vermögen bei über 4 Billionen US-Dollar. 36 Jahre nach seiner Gründung ist Blackrock damit der größte Asset Manager der Welt, verwaltet sogar mehr Vermögen als die größte Bank der Welt, die Industrial and Commercial Bank of China. Blackrocks Vermögenswerte stammen zu dem Zeitpunkt zu 65 Prozent von institutionellen Investoren und 35 Prozent von Privatanlegern.
Der Kauf des iShares-Geschäft von Barclays stellt sich als echter Coup heraus. Im Jahr 2017 trägt der Bereich 1,41 Billionen US-Dollar zum verwalteten Vermögen von 5,4 Billionen US-Dollar bei – rund 26 Prozent.
Seit 2020 setzt sich Blackrock laut eigener Aussage verstärkt gegen den Klimawandel ein und trennt sich von Kohleinvestitionen. Immer wieder wird jedoch Kritik laut, dass der Konzern einen Großteil seiner Gelder in fossile Energien investiert.
Im Jahr 2022 erklärt Blackrock in einem Parlamentsausschuss in Großbritannien beinahe trotzig, dass es nicht die Aufgabe sei, „ein bestimmtes Dekarbonisierungsergebnis in der Realwirtschaft zu erzielen.“ Auch auf die Frage, ob man ein Netto-Null-Szenario unterstützte, sagt Blackrock: „Nein.“ Laut Finanzdaten aus dem Mai 2024 investiert Blackrock immernoch 400 Milliarden US-Dollar in Kohle. Nicht zuletzt richten sich immer wieder Proteste und Aktionen gegen Blackrock, etwa wegen Greenwashing.
Während der Wirtschaftskrise im Jahr 2020 konsultiert die US-Regierung erneut Blackrock. Im selben Jahr verkaufte PNC seine Anteile an dem Vermögensverwalter. Zum Stichtag 30. Juni 2024 ist Wettbewerber Vanguard größter Anteilseigner mit rund 9,1 Prozent. Blackrock selbst hält noch sieben Prozent. Über 80 Prozent der Aktien werden von institutionellen Investoren gehalten.
Fünf der Gründer sind noch bei Blackrock
Ende 2023 ist Blackrock zum Billionen-Giganten geworden. 11,5 Billionen US-Dollar verwaltet das Unternehmen. Ein Ende des Wachstums ist bisher nicht in Sicht. Larry Fink ist weiterhin Geschäftsführer, Robert S. Kapito ist Präsident und Ben Golub arbeitet als Risikochef. Susan Wagner hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und sitzt im Aufsichtsrat. Barbara Novick fungiert seit 2021 als Beraterin für Blackrock.
Doch nicht alle Gründungspartner sind noch dabei. Hugh Frater hat das Unternehmen 2004 verlassen und ist inzwischen Vorstandsvorsitzender von Vessel Technologies. Ralph Schlosstein verließ Blackrock 2008 und gründete die High View Investment Group. Er sitzt zudem in mehreren Vorständen. Keith Anderson ging im Jahr 2008 zu Soros Fund Management und arbeitet seit 2012 als Investmentchef bei Anderson Global Macro.
Aktuelle Lage und Zukunft
Seit einigen Jahren legt Blackrock seinen Fokus auf alternative Investments. Im Jahr 2018 kauft der Vermögensverwalter den Private-Credit-Anbieter Tennenbaum Capital Partner. Ein Jahr später folgt eFront, eine Tech-Plattform für Alternatives. Das Programm ist in Aladdin integriert. Mit Kreos und den bereits erwähnten HPS Investment Partners folgen zwei weitere Private-Credit-Anbieter. Der Datenanbieter Preqin, den Blackrock im Juli 2024 übernimmt, ist ebenfalls auf alternative Investments spezialisiert. Laut eigenen Angaben verwaltet Blackrock 329 Milliarden US-Dollar in alternativen Anlagen (Stand 5. Mai 2023).
Auch die Evergreen-Plattform unter dem Eltif-2.0-Regime, die Blackrock Ende 2024 ankündigt, passt in dieses Bild. Vermögensverwalter und Finanzberater, aber auch Privatanleger sollen über die Plattform in Private Markets investieren können.
Fink will Blackrock zum größten Anbieter alternativer Investments machen. Er ist überzeugt, dass es eine hohe Nachfrage nach digitaler Infrastruktur, Logistik-Drehkreuzen und neuen Anlagen für die Energiewende gibt. Dies hat er in seinen jährlichen Briefen bereits erläutert. Die Aussagen sprechen dafür, dass Blackrock den eingeschlagenen Weg weiter gehen wird – und 2024 nicht das letzte große Übernahmejahr der Firmengeschichte bleibt.
Weitere Fakten über Blackrock
- Blackrock hat seit 2020 eine Zulassung der China Securities Regulatory Commission und war damit der erste ausländische Vermögensverwalter, der in der Volksrepublik aktiv sein durfte
- Blackrock ist einer der weltweit größten Aktionäre. In Deutschland ist das Unternehmen an 34 der 40 Unternehmen am Dax beteiligt. Insgesamt hält Blackrock an 45 Prozent aller Dax-Unternehmen über 5 Prozent aller Aktien.
- Blackrock ist größter Einzelaktionär an dem Unternehmen Deutsche Börse
- Von 2016 bis 2020 saß der aktuelle Bundesvorsitzende der CDU Friedrich Merz im Aufsichtsrat von Blackrock Asset Management Deutschland.
- Seit 2024 hat Blackrock den weltweit größten Bitcoin-Fonds
- Aladdin umfasst (Stand 2016) 25 Millionen Zeilen Code, das entspricht dem gesamten Betriebssystemkern Linux-Kernel 4.15