Nachhaltige Nachfolgeberatung So vererben Patchwork-Familien

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Bei Patchwork-Familien hingegen kommt es regelmäßig zu willkürlichen Ergebnissen, wenn die gesetzliche Erbfolge greift. Gerade bei zusammengesetzten und komplexen Patchwork-Familien hängt es schlicht vom Zufall ab, inwieweit die eigenen und gemeinsamen Kinder der Höhe nach am Nachlass der Eltern beteiligt werden. Entscheidend ist letztlich, welcher Elternteil zuerst verstirbt.

Die Ursache hierfür liegt in der Ausgestaltung des Paragraf 1924 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) begründet, wonach Stiefkinder nach dem Stiefelternteil nicht kraft Gesetzes erbberechtigt sind. Soll ein Stiefkind aus dem Nachlass bedacht werden, erfordert dies die Errichtung einer entsprechenden Verfügung von Todes wegen. Eine erbrechtliche Gleichstellung von Stiefkindern und leiblichen Kindern lässt sich ansonsten nur durch Adoption erreichen. In gleicher Weise greift das Pflichtteilsrecht nicht zugunsten von Stiefkindern.

Kind des letztversterbenden Ehepartners bevorzugt

Ein Beispiel: Ein Ehepaar in beiderseits zweiter Ehe hat jeweils ein eigenes leibliches Kind aus erster Ehe mit in den neuen Lebensbund gebracht, die sogenannte zusammengesetzte Patchworkfamilie. Das Paar lebt zusammen im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Jeder Ehepartner verfügt über eine Million Euro Vermögen. Stirbt einer der Beiden ohne geregelte Nachfolge, also ohne Testament oder Erbvertrag, entsteht eine Erbengemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehepartner und dem leiblichen Kind des verstorbenen Ehepartners mit Erbquoten von jeweils 50 Prozent.

Auf das leibliche Kind gehen somit 500.000 Euro über. Der überlebende Ehepartner erbt die gleiche Summe. Verstirbt nun auch er, erbt dessen leibliches Kind 1,5 Millionen Euro. Das Kind des erstversterbenden Ehepartners ist weder gesetzlicher Erbe noch hat es einen Pflichtteilsanspruch. Diese Konstellation bevorzugt das Kind des letztversterbenden Ehepartners massiv. Bei komplexen Patchwork-Familien, in welchen zusätzlich zu den jeweils eigenen Kindern auch noch gemeinsame Kinder zu berücksichtigen sind, verstärken sich die dargestellten Effekte entsprechend.

Nicht die eine Lösung

Angesichts der extremen Vielfalt von Patchwork-Konstellationen und in Anbetracht der unterschiedlichen Motive, welche die Eltern im Rahmen der Nachfolgeplanung verfolgen können, kann es kein für alle Fälle passendes Pachtwork-Testament geben. Die erbrechtlichen Instrumente bieten jedoch eine Vielzahl an variablen Lösungsansätzen. Je nachdem, welche Ziele die Ehepartner vorrangig verfolgen, können sie etwa die Absicherung des Ehepartners in den Vordergrund rücken. Diese Absicherung erfolgt üblicherweise durch Errichtung eines Berliner Testaments. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass die Ehepartner sich gegenseitig als Alleinerben für den ersten Todesfall einsetzen – bei gleichzeitiger Enterbung der Kinder und der Einsetzung der Kinder und Stiefkinder als Schlusserben.

Hier werden die Kinder und Stiefkinder zwar formal betrachtet gleichbehandelt. Allerdings bergen solche Lösungen die Gefahr, dass das leibliche Kind des erstversterbenden Ehepartners leer ausgeht. Das kann passieren, wenn es im ersten Todesfall – im Vertrauen auf eine spätere Gleichbehandlung –auf sein Pflichtteilsrecht verzichtet. Stellt sich im Fall des späteren Versterbens des Stief-Elternteils heraus, dass dieser den Nachlass des leiblichen Elternteils ausgehöhlt oder schlicht verbraucht hat, steht das Kind ohne Pflichtteilsrecht mit leeren Händen da. Diesem Risiko kann der Berater wiederum mittels Vor- und Nacherbschaft begegnen, durch welche der überlebende Ehepartner zum Treuhänder des Vermögens des zuerst verstorbenen Ehepartners wird.

Alternativ könnten die Ehepartner in zusammengesetzten Patchwork-Familien jeweils ihre eigenen Kinder als Alleinerben nach dem eigenen Elternausgangsvermögen einsetzen. Das kann wiederum zu Zielkonflikten mit dem Pflichtteilsrecht des anderen Ehegatten führen und sollte mit einem gegenseitigen Pflichtteilsverzichtsvertrag abgesichert werden. Diese Variante sichert eine Erbfolge nach Familienstämmen ab, ist jedoch regelmäßig nicht gewollt, da das Vermögen der Ehegatten auch der Absicherung des anderen Ehepartners dienen soll.