Fünf-Schritte-Plan So lässt sich ein nachhaltiges Familienvermögen aufbauen

Carina Grabs ist Investment Managerin beim Kontora Family Office

Carina Grabs ist Investment Managerin beim Kontora Family Office: Anhand eines Fünf-Schritte-Plans erklärt sie, wie sich ein nachhaltiges Familienvermögen aufbauen lässt. Foto: Kontora

1. Definition von familiären Werten

Die Grundlage jeder nachhaltigen Vermögensstrategie ist, die familiären Werte und Rolle zu definieren, die nachhaltige Anlagen und Impact Investments dabei spielen sollen. Diese Werte sind die treibende Kraft hinter den Anlageentscheidungen und bestimmen, wie das Vermögen genutzt wird. Fragen wie „Woran glauben wir?“, „Was treibt uns an?“ und „Welche Werte sind uns wichtig?“ sind dabei zentral. Es geht darum, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der die Familie vereint, aber auch individuelle Überzeugungen respektiert. Das Family Office kann in diesem Prozess eine wichtige Rolle als Moderator einnehmen, um die Diskussion zu leiten und zu einem Konsens zu führen.

2. Ableitung der Nachhaltigkeits- und Impact-Präferenzen

Im zweiten Schritt werden die familiären Werte in konkrete Nachhaltigkeits- und Impact-Präferenzen übersetzt. Die daraus abgeleiteten Anlagepräferenzen werden in einem Impact Policy Statement (IPS) festgehalten. Es dient sowohl den Vermögensinhabern als auch beratenden Personen als wirkungsvolles Werkzeug, um die Leitlinie bei der Vermögensallokation festzulegen und im Vorhinein zentrale Fragen zu klären. Dazu zählen unter anderem:

  • Welche Anlageüberzeugung und Investitionsbeschränkungen habe ich (verfügbares Kapital, Risikotoleranz, Liquiditätsanforderungen, Renditeerwartung, Kosten, Zeitaufwand, rechtliche Auflagen)
  • Gibt es nachhaltige Themen, die ich präferiert unterstützen möchte, wie der Fokus auf einzelne der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, oder ist mein Ziel nachhaltiges Investieren im Allgemeinen?

Eine IPS zu verfassen, kann sehr zeitaufwendig sein, doch der Aufwand lohnt sich. Ein IPS trägt nicht nur dazu bei, eine Brücke von der Vision zur Umsetzung zu schlagen, sondern dient bei mehreren Familienmitgliedern auch der Konfliktvermeidung. Potenzielle Meinungsverschiedenheiten können so frühzeitig erkannt und thematisiert werden.

3. Festlegung der Vermögensallokation

Im nächsten Schritt werden Wirkungsbereiche, Renditeerwartungen und taktische sowie strategische Allokationen definiert. Dabei wird auch die Wechselwirkung zwischen Impact- und Anlagezielen berücksichtigt. Falls bereits ein Bestandsportfolio existiert, kann ein Impact-Investing-Übergangsplan entwickelt werden. Dieser legt zum Beispiel fest, ob bestehende Investments einer Nachhaltigkeitsprüfung unterzogen werden und gegebenenfalls desinvestiert werden oder ob lediglich auslaufende Investments schrittweise durch nachhaltigere Alternativen ergänzt werden. Möglich ist auch, nur Teilvermögen der Familie (sogenannte Carve-Outs) nachhaltig zu investieren. Familien, die noch nicht bereit sind, ihr gesamtes Portfolio nachhaltig auszurichten, können mit solchen Testportfolien Erfahrungen sammeln und experimentieren.

 

4. Sukzessiver Aufbau eines Nachhaltigkeits-/Impact-Portfolios

Der vierte Schritt ist der sukzessive Aufbau eines Nachhaltigkeits-/Impact Portfolios. Es gibt eine Reihe von Nachhaltigkeitsansätzen, auf deren Basis sich die im IPS definierten Ziele erreichen lassen (siehe Abbildung 1). Diese unterscheiden sich durch ihre Komplexität bei der Durchführung und auch hinsichtlich des Grads an nachhaltiger Wirkung, den sie erzielen können. In der Praxis werden häufig Investments kombiniert, die unterschiedliche Ansätze verfolgen: 

  • Screening Investment:
    Als Investitionsziel bietet sich zum Beispiel ein Aktienfonds an, der ausschließlich in deutsche Unternehmen nachhaltiger Branchen investiert und unter Anwendung von ESG-Ratings nach einem Best-In-Class-Ansatz selektiert. Zusätzlich werden bestimmte Geschäftsfelder wie Gentechnologie oder fossile Energieträger explizit aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen (Anwendung von Ausschlusskriterien).

  • ESG-integriertes Investment: 
    Als Investitionsziel bietet sich zum Beispiel ein Private-Debt-Fonds mit Green-Lending-Komponente an. Dieser investiert zu mindestens 90 Prozent in erstrangig besicherte Darlehen gesunder mittelständischer Unternehmen in Europa. Der Fonds bindet die Erfüllung von ESG-Kriterien an die Zinskonditionen der Darlehen. Damit wird in der Kreditvergabe bei Darlehensnehmern ein Anreiz geschaffen, möglichst viele ESG-Kriterien dauerhaft zu erfüllen. 

  • Active Ownership Investment: 
    Active Ownership kann beispielsweise über einen Engagement-Equity-Fonds ausgeübt werden, der in Unternehmen mit geringer und mittlerer Marktkapitalisierung investiert. Für jedes Unternehmen im Portfolio wird eine Anlage- und eine Engagement-These erstellt. Aktien müssen bezüglich ihrer Vorteile als Kapitalanlage überzeugen, aber nur solche mit Engagement-Potenzial sind für die Aufnahme in den Fonds geeignet. Durch die aktive Einflussnahme werden Unternehmen ermutigt, sich drängender sozialer oder ökologischer Probleme anzunehmen. Eine Erhöhung ihres Marktanteils kann zudem branchenweit Vorbildwirkung entfalten.

  • Impact Investment: 
    Als Investitionsziel bietet sich ein Venture-Capital-Fonds an, der neben einer finanziellen Rendite eine messbare positive Wirkung (Impact) erzielt. Investiert wird in europäische Green-Tech-Startups, deren Geschäftsmodelle weltweit skalierbar sind und deren Innovationen zum Klimaschutz, der Abfallreduzierung, der Ressourcenschonung oder dem Schutz der Biodiversität beitragen.
Abbildung 1: Diese Grafik fasst das Spektrum der Nachhaltigkeitsansätze zusammen. Mit zunehmender Wirkung geht eine steigende Komplexität einher.
Abbildung 1: Diese Grafik fasst das Spektrum der Nachhaltigkeitsansätze zusammen. Mit zunehmender Wirkung geht eine steigende Komplexität einher. © Kontora

5. Iterativer Prozess

Wer sein nachhaltiges Familienvermögen diversifiziert und langfristig stabil anlegen möchte, sollte einen längeren Anlagehorizont einplanen. Auch wenn das verfügbare Universum an nachhaltigen Kapitalanlagen kontinuierlich wächst, ist der Aufbau eines ausgewogenen Portfolios ausschließlich aus nachhaltigen Investments und über alle Assetklassen hinweg heute nur bedingt möglich. Daher sollte der Anlageprozess als iterativer Prozess gestaltet werden, bei dem ein kontinuierlicher Abgleich der Schritte eins bis vier mit dem Status Quo erfolgt. 


Über die Autorin: 

Carina Grabs ist seit 2019 bei Kontora und dort als Investment Managerin tätig. Neben der Begleitung von bestehenden Investments, liegt ihr Fokus auf der aktiven Suche und Due Diligence von ESG und Impact Investments. Zuvor war Carina Grabs sechs Jahre als Fonds- und Assetmanagerin tätig. Sie ist zertifizierter Expert in Sustainable Finance (CESFi).

 

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