Smart-Beta-ETFs Der Passiv-Boom steht erst am Anfang

Sascha Specketer ist einer der Mitgründer der ETF-Gesellschaft Source in London, die Invesco übernommen hat.

Sascha Specketer ist einer der Mitgründer der ETF-Gesellschaft Source in London, die Invesco übernommen hat. Foto: Martin Joppen Photographie

Geht es um ETFs, müssen meist Superlative her. Von tektonischen Verschiebungen in Richtung passives Investieren ist die Rede oder gar von einem Paradigmenwechsel. Schaut man sich die Entwicklung des ETF-Vermögens an, kann es tatsächlich nur ein Urteil geben: ETFs sind eine Erfolgsgeschichte. 2005 wurden weltweit gerade einmal 417 Milliarden US-Dollar in börsengehandelten Indexfonds verwaltet.

Ende 2017 war das Vermögen mehr als zehnmal so groß: knapp 4,5 Billionen US-Dollar. Das entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von rund 21 Prozent. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Ernst & Young prognostiziert, dass Ende 2020 das globale ETF-Vermögen 7,6 Billionen US-Dollar betragen wird.

Aber der Passiv-Boom ruft auch Kritiker auf den Plan. Sie werfen der ETF-Branche vor, Indexfonds verstärkten Volatilitätsphasen, lösten systemische Liquiditätsschocks aus und sorgten dafür, dass die Korrelation der Basiswerte zunehme. Die Fakten zeichnen ein anderes Bild: Aktuell beträgt die Marktkapitalisierung aller 30 Dax-Werte rund 1,2 Billionen Euro.Alle ETFs, die in die Aktien des Dax investieren, kommen zusammen gerade einmal auf einen Anteil von 4 Prozent. Nicht viel anders ist die Situation in den USA. Dort erreichen alle Nasdaq-Werte eine Marktkapitalisierung von etwa 8,4 Billionen US-Dollar, und alle ETFs, die in diese Aktien investieren, liegen bei 3 Prozent dieser Summe.

Liquidität jetzt besser sichtbar

Aktuell werden in den USA rund 25 Prozent des gesamten Aktienhandels in Form von ETFs getätigt, in Europa liegt dieser Anteil sogar nur bei 10 Prozent. Vom Anlagevermögen der Investmentfonds entfallen in den USA 22 Prozent auf Exchange Traded Products, in Europa sind es weniger als 5 Prozent. Global betrachtet, werden etwa 14 Prozent aller Fondsgelder passiv verwaltet.

Diese Relationen zeigen, dass Kassandrarufe ins Leere gehen, weil die ETF-Branche immer noch klein ist. Nicht von der Hand zu weisen, weil wissenschaftlich belegt, ist, dass ETFs zu einer größeren Korrelation der Indextitel führen und für einen vermehrten Gleichlauf der Volatilität sorgen.

Dass viele Anleger glauben, es fehle dem ETF-Segment an Liquidität, liegt an den Besonderheiten des ETF-Markts. Dort bestand nämlich bisher für das Volumen der „Over The Counter“ gehandelten Indexfonds keine Berichtspflicht. Deshalb mussten Investoren, die mit der Funktionsweise von ETFs nicht im Detail vertraut waren, annehmen, die Liquidität sei geringer, als es tatsächlich der Fall war.