Lediglich der Übergang von persönlichen Schriftstücken, etwa von Briefen, Tagebüchern oder persönlichen Notizen, ist im Erbrecht geregelt. Im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge wird der Erbe auch an diesen, meist wertlosen, persönlichen Schriftstücken der verstorbenen Eigentümer.
Die zentrale Frage des Verfahrens zwischen den Eltern und Facebook war, ob der digitale Nachlass mit dem analogen Nachlass, wie Tagebüchern und persönlichen Briefen, gleichzusetzen ist. Der BGH entschied nun, dass die Gedenkzustands-Klausel, die in den Richtlinien von Facebook zu finden sei, einer AGB-Kontrolle nicht standhalte. Zudem sei die Richtlinie nicht wirksam in den Vertrag zwischen Facebook und der Verstorbenen einbezogen worden, deshalb kann sich Facebook hierauf nicht stützen.
Auch durch das Fernmeldegeheimnis und durch die erst seit dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung lassen sich keine Begründungen ableiten. Diese schütze vor allem nur lebende Personen, zudem sei der Erbe kein fremder Dritter und die Inhalte müssen deshalb nicht vor diesem geschützt werden, so der BGH in seiner Urteilsbegründung.
Des Weiteren ist der BGH der Auffassung, dass der Vertrag zwischen Facebook und seinen Nutzern grundsätzlich vererbt werden kann. Demnach handelt es sich nicht um einen Vertrag mit höchstpersönlichem Charakter, wie zum Beispiel bei der Schließung einer Ehe. Außerdem sei kein Grund ersichtlich, warum Tagebücher und persönliche Briefe anders behandelt werden sollten als die persönlichen Pinnwand-Einträge und Chat-Protokolle auf Facebook. Nach Meinung des BGH gehen somit sämtliche Rechte an den Facebook-Inhalten auf die Eltern über. Diese können folglich frei darüber verfügen und diese selbstverständlich lesen.
Der BGH hat zwar nun Klarheit über die Frage der Vererbbarkeit eines Benutzerkontos in einem sozialen Netzwerk geschaffen. Trotzdem sollten Erblasser ihr Testament oder ihren Erbvertrag in puncto digitales Erbe auf den Prüfstand stellen und gezielt ergänzen. Dies gilt umso mehr, als die Rechtswirklichkeit sozialer Netzwerke einem ständigen Wandel unterworfen ist. Erblasser können ihren Erben auftragen, wie sie mit dem digitalen Nachlass verfahren sollen. Sie können beispielsweise für bestimmte Daten eine alleinige Nutzung für betriebliche Zwecke oder eine unverzügliche Löschung festschreiben. Eine angeordnete Testamentsvollstreckung stellt sicher, dass diese Verfügungen auch umgesetzt werden.
Eine schnelle und gezielte Nutzung des digitalen Nachlasses ermöglicht außerdem eine postmortale Vollmacht. Hier bevollmächtigt der Erblasser eine Vertrauensperson, im Todesfall im Rahmen der Provider-Verträge über den digitalen Nachlass zu verfügen. Der Bevollmächtigte muss nicht zu den Erben zählen, ihre Interessen aber berücksichtigen. Vorausschauende Verfügungen über die Themen des digitalen Nachlasses sorgen so für klare Verhältnisse unter den Erben.
Über die Autorinnen:
Dr. Maren Gräfe ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei Pricewaterhouse Coopers. Sie leitet dort den Bereich Private Clients/Familienunternehmen. Schwerpunktmäßig berät sie zu den Themen Nachfolgeplanung, Inhaberstrategien und Vermögensstrukturierung.
Carmen Mielke-Vinke ist Rechtsanwältin bei Pricewaterhouse Coopers. Die Fachanwältin für Erb-und Steuerrecht berät vermögende Privatpersonen, Privatbanken und Vermögensverwalter zum Estate Planning.