Server-Erbe Den digitalen Nachlass richtig regeln

Carmen Mielke-Vinke (l.) und Maren Gräfe.

Carmen Mielke-Vinke (l.) und Maren Gräfe.

Daten stellen durch die fortschreitende Digitalisierung einen zunehmend größeren und auch wichtigeren Bestandteil des Nachlasses eines Menschen dar. Zum klassischen Erbe in Form von Immobilien oder Bankvermögen gesellen sich heutzutage immaterielle Nachlasswerte wie der digitale Nachlass. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Daten, die der Erbe physisch in Besitz nehmen kann, da sie auf einem Datenträger gespeichert sind, und solchen, die auf externen Servern liegen.

Erstere gehen mit dem Eigentum am Speichermedium mit dem Erbfall unmittelbar auf den Erben über. Weniger klar ist dies aber bezüglich auf externen Servern gespeicherten Daten des Erblassers, wie Inhalte einer Cloud, nicht abgerufene E-Mails auf einem Server, Inhalte sozialer Netzwerke wie Xing oder Facebook sowie Paypal-Konten.

Zu der Frage, ob ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto haben, hat aktuell der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 12. Juli 2018 eine mehr als richtungsweisende Entscheidung getroffen. Der Gesetzgeber hatte es zuvor, trotz mehrmaliger Aufforderung des Deutschen Anwaltsvereins, versäumt, rechtliche Klarheit zum digitalen Erbe zu schaffen.

Nachdem ein 15-jähriges Mädchen im Jahr 2012 unter bis heute noch ungeklärten Umständen verunglückte, wollten sich die Eltern in das Benutzerkonto ihrer Tochter auf Facebook einloggen. Auf der Internetseite erhofften sie sich Hinweise auf einen möglichen Suizidversuch ihrer Tochter. Wird Facebook jedoch über den Tod eines Benutzers informiert, versetzt das soziale Netzwerk das Benutzerkonto in den sogenannten Gedenkzustand.

Das Einloggen in das Konto, auch mit dem korrekten Benutzernamen und dem dazugehörigen Passwort, ist in diesem Zustand nicht mehr möglich. Die Inhalte des Benutzerkontos, dazu gehören auch Chat-Protokolle und persönliche Einträge der Verstorbenen, bleiben jedoch weiterhin auf den Servern gespeichert. Das Konto des Verstorbenen soll sich in ein digitales Kondolenzbuch verwandeln.

Die Eltern und gleichzeitig alleinigen Erben ihrer Tochter verlangten von Facebook vollständige Einsicht in das Benutzerkonto und die persönlichen Pinnwandeinträge sowie Nachrichten ihrer Tochter. Als Facebook den Zugang verweigerte, klagten die Eltern vor dem Landgericht in Berlin.

Facebook lehnte den Zugang zu einem in den Gedenkzustand versetzten Konto grundsätzlich ab und begründete dies mit dem Schutz der Privatsphäre der Freunde, die mit der Verstorbenen über das soziale Netzwerk verbunden und persönliche Nachrichten ausgetauscht haben. Vorrang habe hierbei laut Facebook der Umstand, „dass der persönliche Austausch zwischen Menschen auf Facebook geschützt sei“.

In der ersten Instanz gewannen die Eltern. Dagegen legte Facebook Berufung ein. Die zweite Instanz entschied im Sinne von Facebook und lehnte die Klage mit der Begründung ab, dass der Zugang der Eltern zum Benutzerkonto ihrer Tochter gegen das Fernmeldegeheimnis verstoßen würde. Daraufhin legten wiederum die Eltern Revision vor Deutschlands höchstem Gericht ein.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt leider. Neben dem Hab und Gut des Verstorbenen gehen auch Schulden und Rechtsverhältnisse, zum Beispiel Provider-Verträge, auf die Hinterbliebenen über. Diesen Vorgang nennt man Gesamtrechtsnachfolge. Der Erbe übernimmt sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers, er übernimmt das Vermögen im Ganzen. Die Frage, ob auch die persönlichen Daten im Internet vererbt werden können, war bis zum jetzigen Urteil des BGH indes ungeklärt.