Single Family Offices ergänzen ihre Allokation – und beteiligen sich zunehmend direkt an privaten Unternehmen. In ihrem Global Family Office Report von 2024 beziffert die UBS den Anteil der Anlageklasse auf 11 Prozent an der Gesamtallokation. Interessant ist das vor allem vor dem Hintergrund, dass der Zugang zu direkten Beteiligungen wesentlich aufwendiger ist als zu traditionellen Anlageklassen. Wenn also ein Single Family Office eine interne Direktbeteiligungseinheit aufbauen möchte, müssen sich Verantwortlichen gut und strategisch überlegen, wie sie diese Einheit konkret ausgestalten können.
Zu Beginn steht das Family Office vor der wegweisenden Frage, wie tief man in die Betreuung, die Gremienarbeit oder sogar das operative Geschäft seiner Beteiligungen involviert sein möchte. Ist es der Anspruch, finanzierte Unternehmen unmittelbar zu begleiten, muss sich das Family Office personell breiter aufstellen, als wenn externe Initiatoren verschiedene Tätigkeiten der Gesellschafterrolle wahrnehmen.
Der Basisansatz mit Intermediären
Letztgenannter Ansatz kann dann zielführend sein, wenn die Motivation für Direktbeteiligungen darin liegt, dem Portfolio eine Private-Equity-Komponente hinzuzufügen, ohne das „Blind Pool“-Risiko geschlossener Fonds zu tragen. Zusätzlich möchte das Family Office in diesem Fall zwar Zielunternehmen selektieren, jedoch nicht intensiv an den Investments mitwirken. In einer solchen, passiveren Form ist das Family Office in erster Linie Kapitalgeber. Seine Beteiligungseinheit benötigt Profile, die Sektoren und Märkte kennen, um Beteiligungsopportunitäten vorzuselektieren und anhand der individuellen Präferenzen des Family Office zu bewerten.
Zu Zwecken der Due Diligence können die Family Officer gegebenenfalls Informationen und Analysen nutzen, die der externe Initiator bereitstellt. Ein solcher stammt normalerweise selbst aus der Private-Equity-Landschaft: Personen, die bei institutionellen Fonds oder Unternehmensberatungen Erfahrungen im Beteiligungsgeschäft gesammelt und sich in der Folge als autonome Einheit aufgestellt haben. Solche Intermediäre investieren üblicherweise selbst in das Zielunternehmen. Ist die Investition vollzogen, fungiert der Intermediär als Bindeglied zwischen Beteiligungsunternehmen und dem Family Office. Dessen Direktbeteiligungseinheit nimmt wiederum die Rolle als Ansprechpartner für den externen Intermediär ein.
Welche Gesellschafterrechte beim Family Office verbleiben, welche es direkt wahrnimmt und welche Rechte und Pflichten die externe Einheit ausübt, regelt individuell die Beteiligungsdokumentation. Normalerweise nimmt das Family Office Kontrollrechte wahr, während die externen Vertreter das Family Office für laufende Themen wie Vertragsverhandlungen mit der Geschäftsführung oder die Freigabe genehmigungspflichtiger Geschäfte und gegebenenfalls den späteren Verkaufsprozess entlasten. Dadurch kann eine Direktbeteiligungseinheit mit einer oder zwei Personen bereits ein ausreichend diversifiziertes Portfolio steuern.
Der aktive Ansatz
Wesentlich umfangreichere Kapazitäten verlangt die Wahl eines aktiveren Ansatzes. Ein Family Office, das nicht nur Kapital bereitstellt, sondern zusätzlich seine Beteiligungen mit aktiver Teilhabe unterstützen möchte, wird eng mit den Unternehmen zusammenarbeiten wollen. Daher dürfte das Family Office dann eher auf ein zwischengeschaltetes, externes Initiatoren-Team verzichten. Insbesondere Family Offices, die über spezifisches Branchenwissen verfügen und in der betroffenen Branche investieren, können sich beratend oder sogar im operativen Geschäft unterstützend einbringen, während sie die Beteiligung halten.
Ein aktiver Ansatz kann aber auch direktere Kontroll- und Initiativrechte bieten. Aktive Family Offices können den Geschäftsverlauf oder einen etwaigen späteren Unternehmensverkauf besser beeinflussen. Und natürlich können auch die Kosten eine Rolle spielen, wenn ein Family Office einen aktiven Ansatz wählt: Externe Einheiten ziehen den Erlösen üblicherweise Management- und Performance-Gebühren ab, die Family Offices mit aktivem Ansatz selbst vereinnahmen könnten. Um dieses Leistungsspektrum abdecken zu können, sind mehr Ressourcen für eine einzelne Beteiligung und damit offenkundig auch deutlich mehr Mitarbeiter für eine gesamte Direktbeteiligungseinheit notwendig. Denn dann muss das Family Office nicht nur Zielunternehmen mit Due-Diligence-Prüfung und damit eigenen Recherchen und Analysen auswählen.
Zusätzlich ist das Family Office dann auch in der Ausführung der Transaktion eingebunden; das Vertragswerk ist selbst zu verhandeln, was einen nicht zu unterschätzenden Abstimmungsaufwand mit allen relevanten Stakeholdern des Zielunternehmens mit sich bringt. Zu den Stakeholdern gehören beispielsweise die Geschäftsleitung und je nach Transaktionsszenario auch Co-Investoren oder Anteilsverkäufer. Ist die Transaktion abgeschlossen, bleibt das Family Office direkt involviert. Wie genau, das hängt von der Präferenz des Family Office ab. So kann es reiner Gesellschafter sein und sich regelmäßig über den Geschäftsgang austauschen. Mehr Arbeit macht es, wenn Family Officer aktiv in Gremien oder Organen mitwirken oder gar operativ eingebunden sind. So agieren Direktbeteiligungseinheiten von Family Offices selbst wie General Partners und damit Fondsmanager von Private-Equity-Gesellschaften.
Das richtige Personal
Dafür braucht es natürlich die passenden Mitarbeiter; sie sollten neben den notwendigen finanzwirtschaftlichen Kenntnissen zudem die Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten der Unternehmen verstehen. Sofern die Family-Office-Mitarbeiter Beteiligungen auch im operativen Geschäft unterstützen sollen, liegt es nahe, die Family Office-Einheit auch um Mitarbeiter zu erweitern, die mit dem Tagesgeschäft der Beteiligungsunternehmen vertraut sind.
Zunehmend sind in der Praxis aber auch Modelle beobachtbar, in denen Family Offices operative Unterstützung bewusst außerhalb des Kerngeschäfts der Beteiligungsunternehmen anbieten – beispielsweise in Bereichen wie Buchhaltung, Steuern, Personalwesen oder Vertrieb. Das lohnt insbesondere dann, wenn es sich um kleinere Zielunternehmen handelt, in denen sich derartige Funktionen oft nicht kosteneffizient errichten lassen. Die Family Offices können mit solchen Dienstleistungen aber Skaleneffekte zwischen den Unternehmen eines Beteiligungsportfolios ausnutzen.
Einen Mitarbeiter mit juristischer Rolle innerhalb einer Direktbeteiligungseinheit einzustellen, lohnt sich nur bei großen Family Offices; eine erfahrene Kanzlei mit Transaktionserfahrung kann dieses Fachgebiet nach Bedarf abdecken. Unerlässlich bleibt dennoch, dass die im Family Office mit Transaktionen betrauten Personen mit den Eigenheiten des Vertragswerks im Beteiligungsgeschäft grundsätzlich vertraut sind. Da die Beteiligungsdokumentationen zunehmend komplexer werden, müssen die Beteiligungsmanager gängige Klausen – wie beispielsweise Regelungen zu asymmetrischen Gewinnverteilungen oder Mitverkaufsrechten – hinsichtlich ihrer Wirkweise beurteilen können.
Bezüglich der Seniorität der verantwortlichen Personen lässt sich festhalten, dass das Lebensalter zwar keinen Indikator für die Qualifikation eines Kandidaten darstellt. Eine Senior-Position dürfte aber dort zielführend sein, wo die Family-Office-Mitarbeiter in Gremien- oder Gesellschaftersitzungen mit erfahrenen Geschäftsführern oder Co-Investoren hinsichtlich Bildung und Erfahrung auf Augenhöhe sprechen oder verhandeln müssen. Diese beiden Parameter sind auch maßgeblich für das Vergütungsniveau der einzelnen Rollen. Auch regionale Unterschiede und die allgemeine Verfügbarkeit geeigneter Kandidaten bestimmen das Gehalt. Der Personalaufwand für eine Direktbeteiligungseinheit hängt demnach stark vom konkreten Aufbau ab.
Die Erfolgsmessung und -vergütung
Egal wie die Beteiligungseinheit aussieht: Die Incentivierung spielt eine entscheidende Rolle in den Vergütungspaketen der Mitarbeiter. Eine erfolgsabhängige Komponente an den Zielen der Vermögensträger auszurichten, ist ein marktübliches Vorgehen. Dafür muss das Family Office nicht nur die absolute Höhe festlegen, sondern die Ziele auch mit einem angemessen Zeithorizont zur Erfüllung versehen. Zu kurze Leistungsperioden – zum Beispiel ein Geschäftsjahr – setzen im langfristig orientieren Beteiligungsgeschäft Fehlanreize.
Ein Beispiel: Incentiviert der Vermögensinhaber das Beteiligungsteam nur, wenn es innerhalb einer bestimmten Zeitperiode ein Beteiligungsunternehmen veräußert, deckt sich diese Zeitperiode nicht unbedingt mit dem für den Eigentümer optimalen Zeitpunkt. Zu langfristig angelegte Ziele wiederum dämpfen die gewünschte Anreizwirkung, wenn die sprichwörtliche Karotte zu weit entfernt von der Gegenwart hängt. Zudem verringern zu langfristige Ziele den Kandidatenpool von vornherein, wenn Kandidaten ihre Karriere durch eine „goldene Fessel“ in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt sehen. Mittelfristige Ziele, die den Zyklen der Investments angeglichen sind und damit typischerweise nach 3 bis 5 Jahren greifen, bringen die Interessen aller Beteiligten am ehesten in Einklang.
Nichtsdestotrotz: Die Ausgangssituationen von Vermögensträgern und Angestellten sind naturgemäß unterschiedlich. Die Family-Office-Mitarbeiter sind bis zu einem gewissen Grad immer auch den Entscheidungen der Prinzipale unterworfen. Deswegen lassen sich die Ziele selbst bei den bestabgestimmten Vergütungsstrukturen nur unvollständig angleichen. Daher empfiehlt es sich, im Incentivierungsmodell auch eine diskretionäre Komponente vorzusehen. Individuelle Wünsche der Prinzipale, die die Mitarbeiter nicht ausschließlich aus Renditegründen umsetzen, können die Vermögensinhaber auf diesem Wege ebenfalls incentivieren.
Hinzu kommt, dass in drohenden wirtschaftlichen Abschwüngen die Belastung für Beteiligungsmanager ansteigt. Das Family Office ist darauf angewiesen, versierte Kräfte zu halten. Hat ein Family-Office-Mitarbeiter gerade dann nur geringe Aussichten auf Erfolge, weil sich das Incentivierungsmodell ausschließlich an Finanzkennzahlen anlehnt, kann es eine ungewünschte Wirkung erzielen. Eine diskretionäre Anreizkomponente kann in solchen Phasen gute Leistungen der Beteiligungseinheit honorieren, wenn sich diese durch Umstände außerhalb ihres Einflussbereichs nicht in den unmittelbaren Finanzzahlen widerspiegeln.
Die Aufgabe
Initiale Aufgabe der Einheit wird es sein, Beteiligungsopportunitäten ausfindig zu machen. Die nutzbaren Quellen unterscheiden sich hierfür nicht grundsätzlich von denen institutioneller Beteiligungsfonds: Neben Investmentbanken und kleineren Boutiquen, die gezielt Privatplatzierungen vermitteln, bietet die Branche analog zu traditionellen Anlageklassen Konferenzen, um Investoren und Kapitalsuchende zusammenzubringen. Auch in der digitalen Welt entstehen Plattformen, auf denen sich vorrangig Firmen präsentieren, deren Kapitalbedarf kein Mandat einer Investmentbank rechtfertigt.
Um abseits dieser Quellen proprietären Dealflow zu generieren, lohnt es auch, sich im eigenen Family-Office-Netzwerk auszutauschen oder – sofern noch im Besitz – im Netzwerk des Familienunternehmens. Identifiziert das Team ein lukratives Zielunternehmen, kann es die Due-Diligence-Prüfung je nach vorhanden Kapazitäten intern durchführen oder von spezialisierten Anbietern extern unterstützen lassen.
Die Struktur
Für die gesellschaftsrechtliche Strukturierung ist eine individuelle, steuerliche Beratung erforderlich. Sind Family Offices bereits in anderen Anlageklassen tätig, werden sie bereits über eine vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft verfügen. Inwiefern eine solche direkt Anteile des Zielunternehmens halten sollte oder eine zwischengeschaltete Zweckgesellschaft1 zielführend ist, lässt sich jedoch nur im spezifischen Kontext bewerten.
Zwingend wird ein separater Rechtsträger dann, wenn das Family Office mehrere Familienmitglieder bedient, von denen jedoch nicht alle ihr Vermögen den Risiken direkter Beteiligungen aussetzen möchten.
Die Infrastruktur
Spätestens wenn die Beteiligungsaktivitäten das Ausmaß weniger, gelegentlicher Investments im Stile eines Business Angels übersteigen, braucht es eine zweckgerichtete Software-Unterstützung. Bestenfalls kann das Family Office seinen Beteiligungsarm in die bestehende IT-Landschaft integrieren. Allerdings unterscheiden sich die Anforderungen des Beteiligungsmanagements an eine Software-Lösung von denen traditioneller Anlageklassen. Nicht nur die umfangreiche Dokumentation zu Beginn einer Beteiligung sind zu verwahren.
Im weiteren Verlauf entsteht durch laufende Geschäftsberichte, Protokolle, Gesellschafterbeschlüsse und Registerauszüge eine Vielzahl an Dokumenten. Über diese Dokumente muss das Family Office den Überblick behalten. Über das Dokumentenmanagement hinaus sind Berichte und Analysen über die Performance des Beteiligungsportfolios anzufertigen. Weil es an Kursdaten mangelt, müssen die Mitarbeiter der Beteiligungseinheit sie aus den Finanzkennzahlen der Zielunternehmen erstellen. Gegebenenfalls braucht es sie in unterschiedlicher Form – für interne Empfänger wie Vermögensinhaber oder Geschäftsführung und externe wie Steuerberater.
Voraussetzung dafür ist, die Daten richtig vorzuhalten. Um zudem Nachfinanzierungen oder Veräußerungen adäquat bewerten zu können, sind die Implikationen von asymmetrischen Gewinnverteilungen durch „Liquidationspräferenzen“ zu kalkulieren. Um für derartige Tätigkeiten möglichst wenig Zeit der Mitarbeiter aus der Beteiligungseinheit aufwenden zu müssen, ist es ratsam, eine passende Software-Lösung zu implementieren und mit den gelebten Prozessen zu harmonisieren.
Die Entscheidung für oder gegen Direktbeteiligungen im Family Office
Allen dargestellten Elementen steht die strategische Überlegung voran, was die Beteiligungseinheit konkret leisten soll – und worauf man bewusst verzichtet. Auch ein stufenweiser Aufbau ist eine Option. Ohne Vorkenntnisse könnte ein Einstieg in die Anlageklasse mit externen Initiatoren hilfreich sein, um das Netzwerk aufzubauen und Best Practices kennenzulernen.
Notwendige personelle Kapazitäten leiten sich letztlich vom Produkt aus der Anzahl der Beteiligungen und der angestrebten Detailtiefe bei der Begleitung der Unternehmen ab. Aufgrund der einzelnen Freiheitsgrade in der Ausgestaltung lässt sich keine pauschale Aussage über die einzuplanenden Kosten treffen; Vergleichsmaßstab für Niveau und Struktur der Vergütung sind institutionelle Beteiligungsfonds. Daher wird sich eine professionelle, interne Einheit nur dann lohnen, wenn die Anlageklasse Direktbeteiligungen einen wichtigen Baustein in der Gesamtallokation des Family Offices darstellen soll.
Ein so aufgestelltes Team mit einem professionellen Set-up kann fernab von Restriktionen institutioneller Fonds wie zum Beispiel vorgegebener Fondslaufzeiten oder rigiden Investmentbeträgen agieren. Family Offices sind daher bei Zielunternehmen gern gesehene Investoren.
Über den Gastautor:
Sebastian Steuer ist Investmentdirektor im Family Office Extorel. Seit 2016 ist er für die illiquiden Vermögenswerte der Prinzipal-Familie Strascheg verantwortlich, welche zu einem großen Teil aus direkten Unternehmensbeteiligungen bestehen. Vor seiner Zeit im Family Office war er in verschiedenen Rollen im Bankenbereich tätig.