Inflation Selbst inflationsindexierte Anleihen bieten kaum Schutz

Selbst inflationsindexierte Anleihen bieten kaum Schutz

Foto: Gabi Schönemann/Pixelio

Anleihen machen bei vielen institutionellen Investoren einen Großteil des Portfolios aus. Sicher, berechenbar und solide – das sind die Eigenschaften, die festverzinslichen Wertpapieren gerne zugeschrieben werden. Doch zumindest in Phasen mit höherer Teuerung lässt sich diese Sicht kaum beibehalten. Dies ist ein weiteres Ergebnis der jüngst von Man erstellten Studie „Inflationsgefahr – Ursachen und Schutzinstrumente“. Sie untersucht verschiedene Anlageklassen und ihre Wertentwicklung bei gleichzeitiger Teuerung. Der vorliegende dritte Teil konzentriert sich auf Anleihen.

Eine der wichtigsten Grundlagen für die Betrachtung von Anleihe-Investments wurde von US-Ökonom Irving Fisher erarbeitet. Die nach ihm benannte Fisher-Gleichung besagt im Kern, dass der Nominalzins in etwa der Summe aus Realzins und erwarteter Inflationsrate entspricht. Auf eine Anleihe bezogen heißt das: Die reale Verzinsung für den Investor entspricht dem Anleihe-Kupon abzüglich der Inflationsrate. Steigt die Teuerung an, so sinkt bei konstanter Nominalverzinsung also automatisch seine Rendite.

Steigender Zins führt zu Kursverlusten

Zudem lässt sich aus der Fisher-Gleichung ein zweiter negativer Effekt herleiten. Geht man von rational agierenden Investoren aus, so werden diese bei steigender Inflationserwartung automatisch höhere Renditen als Voraussetzung für die Zeichnung neuer Bonds fordern. Insgesamt also steigt das Nominalzinsniveau. Bei bereits im Umlauf befindlichen Papieren wird dies automatisch zu sinkenden Anleihekursen führen.

Dieser negative Zusammenhang ist empirisch umfassend bewiesen (siehe Tabelle). In Zeiten hoher Teuerung können Anleihen deshalb dem Investor- ihrem Ruf zum  Trotz – kräftige Verluste bescheren. Anleihen sind daher kaum zum Inflationsschutz geeignet.

Ausnahmefall inflationsindexierte Anleihen

Keine Regel ohne Ausnahme - das gilt auch bei der Untersuchung der  Schutzfunktion von Bonds in Inflationszeiten. Denn inflationsindexierte Anleihen stellen eine direkte Verbindung zur Teuerungsrate her. Der Emittent verpflichtet sich, seine regelmäßigen Zinszahlungen an die Inflation anzupassen. Konkret: Steigt diese, erhöht sich auch die Nominalverzinsung. In der Theorie würde sich damit auf realer Basis – also bereinigt um den Kaufkraftverlust – nichts ändern.

Doch in der Praxis gibt es hier gleich mehrere Haken. Denn die Inflation muss bei diesen Anleihen ja über ein konkretes Instrument, sprich einen Index gemessen werden, der sich auf einen bestimmten Warenkorb bezieht. Verteuern sich die dort erfassten Güter um einen gewissen Prozentsatz, wird auch die Verzinsung der Anleihe entsprechend angehoben. Dabei ist jedoch keineswegs garantiert, dass der Warenkorb des Schuldners dem des Gläubigers, also des Anleihe-Käufers, entspricht. So wäre etwa denkbar, dass der Index vor allem langlebige Güter wie Computer und Autos erfasst, während sich der Anleihe-Zeichner gegen Preiserhöhungen bei Lebensmitteln schützen wollte. In diesem konkreten Fall könnte es zu deutlichen Kaufkraftverlusten kommen.

Zudem sind plötzliche Änderungen der Berechnungsgrundlage möglich. So schaffte die britische Regierung im Juni 2010 den so genannten Retail Price Index (RPI) als Berechnungsgrundlage ab. Neue Grundlage wurde der Consumer Price Index (CPI). Die Gründe dafür waren einfach: Anders als der RPI enthält der CPI keine Wohnkosten und war deshalb über die vergangenen Jahre weniger stark gestiegen. Die britische Regierung spart durch diesen geschickten Schachzug jedes Jahr etliche Millionen Pfund an Zinszahlungen – die den Käufern entsprechender Anleihen allerdings entgehen. Schließlich zeigt die Erfahrung, dass offizielle Statistiken und damit auch Inflationsindizes der tatsächlichen Entwicklung meist um einige Monate hinterherhinken. Alleine daraus ergibt sich, dass auch bei inflationsindexierten Anleihen ein vollständiger Schutz gegen Inflation nicht möglich ist.

Autoren der Man-Studie „Inflationsgefahr – Ursachen und Schutzinstrumente“ und des Gastbeitrags:
Felix Gasser, Portfolio Manager bei Man,
Claus Huber, Rodex Risk Advisers LLC
Nicolas Bürkler, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

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