Schwellenländer „Ins Abseits dürften die billigen Produktionsländer geraten“

Thomas Herbert ist Investmentchef bei der Fondsboutique Meriten Investment

Thomas Herbert ist Investmentchef bei der Fondsboutique Meriten Investment

Neulich erzählte mir eine Kollegin von ihrem Besuch einer Robotik-Messe in Schanghai. Ein japanischer Produzent hatte dort zwei Roboterarme präsentiert, die an die berühmten Terminator-Filme erinnerten. Ein Arm nahm einen Basketball und drehte ihn auf einem Finger. Der andere zeichnete die Linien des Balles in der Luft nach. Das zeigt, zu welchen Leistungen die Technologie heute fähig ist.

In Zukunft wird Technologie immer wichtiger. Dafür sorgt allein schon die sogenannte Generation Millennium. Sie geht mit Technologie völlig anders um als ihre Vorgänger. Für sie verschwimmt die Grenze zwischen real und digital. Sie redet online miteinander. Diese Generation kauft auch kaum mehr in Geschäften ein. Sie wird in Zukunft ihre Produkte am Computer entwerfen und am 3D-Drucker abholen. Die Produktion an günstigen Standorten im Ausland und der Transport ins Haus entfallen.

Wer als Investor stark auf Schwellenländer setzt, den sollte dieser Trend alarmieren. Schließlich wird die Technisierung die Arbeitsmärkte grundlegend verändern. In der nächsten Dekade entfallen rund zwei Drittel aller Berufsgruppen in den USA. Sie werden durch Automation und Robotik ersetzt, schätzen Experten der Universität Oxford. Für Europa prognostiziert das Bruegel-Institut ähnliche Zahlen – für die Kernländer etwas geringere Werte, für die Peripherie etwas höhere.

Wenn die Automatisierung schon in Regionen wie den USA oder in Europa solche Folgen hat, wie groß sind dann erst ihre Auswirkungen in den Schwellenländern? Schließlich verdanken die Emerging Markets ihren Aufschwung vor allem den Heerscharen an günstigen Arbeitskräften. Darüber haben sie sich in der vergangenen Dekade als Werkbanken der Welt positioniert. Entfällt der Lohnvorteil, büßen sie empfindlich an Wettbewerbsfähigkeit ein.

Dagegen dürften die westlichen Nationen von der Automatisierung profitieren. Deutschland oder Japan besitzen gegenüber Indien und China noch immer einen technologischen Vorsprung. Das zeigte auch die Messe in Schanghai. Ins Abseits können all jene Nationen geraten, die heute noch als günstige Produktionsstandorte gelten. Zwar scheint das Thema derzeit noch in weiter Ferne zu liegen. Technologischen Wandel und seine Vehemenz zu unterschätzen, ist allerdings riskant.

Sehr langfristig orientierte Investoren sollten ihre globale Asset Allocation daraufhin regelmäßig und gründlich überdenken. 

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