Ausblick

Schwellenländer am Wendepunkt

Nach Einschätzung des Global Emerging Markets Team von Morgan Stanley Investment Management sprechen mehrere Aspekte für ein Comeback der Schwellenländer.

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as Jahr 2020 war nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie außergewöhnlich, sondern auch hinsichtlich der Entwicklung der Weltwirtschaft und der Aktienmärkte: Obwohl die globalen Volkswirtschaften mit vier Prozent den schlimmsten Abschwung seit dem zweiten Weltkriegt verzeichneten, legten die Kurse an den Börsen weltweit um 13 Prozent zu. Wie passt das zusammen? Als Gründe hierfür nennt Ruchir Sharma, Leiter des Globalen Emerging Markets Teams bei Morgan Stanley Investment Management die schnelle Reaktion der Regierungen und Zentralbanken, um die Wirtschaft am Leben zu erhalten. „Hinzu kam die Einstellung der Anleger, die die Pandemie eher als kurzfristiges Phänomen und nicht als langfristigen Schock einstuften. Viele Privathaushalte haben einen Teil der aus den Lockdowns resultierende Ersparnisse auf den Aktienmärkten investiert“, erläutert der Chief Global Strategist der Investmentgesellschaft.

Für das laufende Jahr sei eine Seitwärtsbewegung nicht auszuschließen, da die Ersparnisse in Zuge impfbedingter Lockerungen zurückgehen dürften. Die Erholung der Weltwirtschaft sei zudem bereits eingepreist, ergänzt Sharma. Er geht davon aus, dass die Inflation angesichts der gestiegenen Verschuldung der Länder und damit auch die Nachfrage nach beliebten sicheren Häfen wie Immobilien, Edelmetallen und Bitcoin zunehmen könnte. Kryptowährungen dürften sich nach Einschätzung des Schwellenländer-Teams zu einer Reservewährung mausern, was den US-Dollar unter Druck setzen würde. Hinzu kommt, dass die Billionen, die die US-Regierung aufgrund der Pandemie ausgibt, nicht nur die Inflation ankurbelt, sondern die US-Währung ebenfalls schwächt. „Dieses Zusammenspiel der Kräfte könnte dazu beitragen, die Rohstoffpreise nach einem Jahrzehnt des Rückgangs wieder zu beleben, wie es sich im vergangenen Jahr bereits abzeichnete“, so Sharma, dessen Team unter anderem angesichts dieser Entwicklung mit einem Comeback der Schwellenländer rechnet.

Gute Voraussetzungen für ein Comeback der Schwellenländer

Von steigenden Rohstoffpreisen würden vor allem Schwellenländer wie etwa Brasilien, Chile und Russland profitieren, die besonders von Rohstoffexporten abhängig sind. Zudem konnten einige aufstrebende Volkswirtschaften – allen voran Vietnam und Polen – ihren Anteil an den weltweiten Exporten ausbauen und sich erfolgreich gegen den für Schwellenländer eher nachteiligen Trend stemmen, dass der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Weltwirtschaft schrumpft.

Einen weiteren positiven Impuls für ein Comeback der Emerging Markets sieht Sharma darin, dass viele Schwellenländer wie etwa Brasilien, Indonesien, Indien und Ägypten im Zuge der Pandemie nicht einfach auf finanzielle Anreize setzen konnten und stattdessen schmerzhafte, aber wirtschaftlich vorteilhafte Reformen auf den Weg gebracht haben. Als weiteren Treiber für die Märkte sieht das Team um Sharma die Beschleunigung der digitalen Revolution, ausgelöst durch die Corona-Pandemie. Das traf vor allem auf die Schwellenländer zu, was dem Wirtschaftswachstum einen zusätzlichen Schub verleihen dürfte. „16 der 30 am stärksten digitalisierten Volkswirtschaften der Welt sind Schwellenländer – darunter etwa China, Indonesien und Kolumbien“, betont Sharma und ergänzt: „In Regionen wie Südasien, Afrika oder Südamerika sind regionale Herausforderer im E-Commerce auf dem Vormarsch, die oftmals erfolgreicher als die mächtigen Konkurrenten aus den USA oder China auf die Bedürfnisse vor Ort eingehen“.

Angesichts dieser Aspekte sieht sein Team gute Perspektiven für Schwellenländer-Investments: „Nach einem historisch schwachen Jahrzehnt für Schwellenländer-Renditen ist die Kluft zwischen den Bewertungen in diesen Ländern und den USA gewaltig. Und da die Wachstumsaussichten der Schwellenländer im Vergleich zu den USA stiegen, werden sich diese Extreme voraussichtlich wieder angleichen“, prognostiziert Sharma.


Interview mit Vishal Gupta, Manager des MS INVF Emerging Leaders Equity Fund

„Aus unserer Anlagestrategie ergibt sich eine vergleichsweise niedrige Volatilität“

Vishal Gupta, Manager des MS INVF Emerging Leaders Equity Fund, über seine Anlagestrategie und aussichtsreiche Anlagethemen.

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Die Morningstar-Kategorie „Schwellenländer weltweit“ umfasst mehr als 1.700 Fonds, darunter auch den MS INVF Emerging Leaders Equity Fund. Was unterscheidet ihn grundlegend von der Konkurrenz?

Martin KolrepVishal Gupta, Manager MS INVF Emerging Leaders Equity Fund

Vishal Gupta: Wir sind bestrebt, unseren Aktionären die beste risikoadjustierte Performance zu liefern und sind davon überzeugt, dass unsere thematische Sicht auf die Schwellenländer der beste Weg ist, um jetzt in die Schwellenländer zu investieren. Dabei setzten wir auf ein konzentriertes Portfolio und achten darauf, dass kein einzelnes Land oder ein einzelnes Thema so groß ist, dass es sich auf das Portfolio auswirken würde. Ein Beispiel: Als der indische Markt zu Beginn dieses Jahres erheblich beeinträchtigt wurde, federten unsere Engagements in China und Südostasien die Underperformance Indiens ab. Zudem können bis zu 20 Prozent des Portfolios aus Unternehmen bestehen, die mehr als 35 Prozent ihres Umsatzes, ihres Gewinns oder ihrer Vermögenswerte in den Schwellenländern generieren und bei denen dieser Anteil noch steigen wird. So ist es uns möglich, einige langfristige strukturelle Themen zu spielen, die durch das Wachstum in den Schwellenländern angetrieben werden, in die aber nicht über dort börsennotierte Unternehmen investiert werden kann.

Wer in Schwellenländer investiert, muss eine hohe Volatilität in Kauf nehmen. Inwiefern gilt das für den Emerging Leaders Equity Fund?

Gupta: Aus unserer Anlagephilosophie und unserem Investmentprozess ergibt sich eine vergleichsweise niedrige Volatilität. Wir nutzen das Research des makroökonomischen Teams von Morgan Stanley Investment Management, um zu beurteilen, ob es potenzielle Fallstricke bei einer möglichen Währungsabschwächung oder bei politischen Veränderungen gibt. Die Länderspezialisten im Team bewerten diese Faktoren, was uns hilft, die Risiken einzuordnen. Diese Teamarbeit sowie unsere disziplinierten Ein- und Ausstiegskurse haben dazu beigetragen, dass wir unseren Anlegern eine über dem Markt liegende Aufwärtsperformance bieten und gleichzeitig die Abwärtspartizipation bei Marktrückgängen minimieren konnten.

Blicken wir rund ein Jahr zurück: Inwiefern haben Sie Ihre Einschätzung zu den wachstumsstärksten Branchen und Unternehmen seit Ausbruch der Corona-Pandemie modifiziert?

Gupta: Unserer Ansicht nach hat die Corona-Pandemie die strukturellen Veränderungen, die bereits im Gange waren, nur beschleunigt, und die fortschreitende Digitalisierung der Unternehmen wird nach dem Überwinden der Pandemie weiter zunehmen. Die Wachstumsrate einiger unserer Portfoliounternehmen dürfte sich im Jahr 2021 angesichts der hohen Niveaus im Vorjahr verlangsamen. Wir glauben aber, dass diese Unternehmen immer noch genug Potenzial haben, um hohe Wachstumsraten zu liefern – und viele von ihnen befinden sich unserer Ansicht nach an einem Wendepunkt.

In welchen Bereichen beobachten Sie dies?

Gupta: In den entwickelten Märkten verzeichneten B2B-Software-as-a-Service-Unternehmen, die die Infrastruktur für das Entstehen neuer Banken/Fintech-Unternehmen bereitstellen, ein massives Wachstum – und wir gehen davon aus, dass in den Schwellenländern etwas Ähnliches passiert. In Brasilien etwa gibt es drei, vier große Fintech-Unternehmen, die den großen Banken bereits den Profit-Pool streitig machen. In Südostasien zeichnet sich der Aufstieg von E-Commerce-Unternehmen ab, die Fintech-Lösungen für das untere Ende der Wirtschaftspyramide anbieten. Zudem sehen wir ein anhaltendes Wachstum durch die steigende Kaufkraft der Verbraucher. Premiumisierung ist ein Wort, das wir bei Konsumgüterunternehmen in den Schwellenländern häufig hören. Diese Entwicklung findet in vielen Branchen statt, angefangen bei Spirituosen über Sportbekleidung bis hin zu Kosmetik. Darüber hinaus sehen wir den Aufstieg einheimischer Marken, der wahrscheinlich unabhängig von der Pandemie weitergehen wird.

Welche Anlagesegmente halten Sie unter anderem noch für aussichtsreich?

Gupta: Der Gesundheitssektor gefällt uns langfristig und wir erwarten, dass die Ausgaben in allen Schwellenländern nach der Pandemie steigen werden. In puncto E-Commerce glauben wir, dass die Marktdurchdringung noch in den Kinderschuhen steckt. Der Anteil des E-Commerce am gesamten Einzelhandelsumsatz ist beispielsweise in Lateinamerika von einem ein- auf einen zweistelligen Wert gestiegen. Teile Südostasiens haben inzwischen 15 bis 20 Prozent erreicht. Es wird zwar noch einige Zeit dauern, bis das Niveau in den USA, China oder Korea erreicht ist, aber dieser Trend wird sich fortsetzen.

Porträt des MS INVF Emerging Leaders Equity Fund

Qualitätswerte aus Wachstumsländern

Mit dem Emerging Leaders Equity Fund fokussiert sich Morgan Stanley-Fondsmanager Vishal Gupta auf zukünftige Wachstumstreiber in den Schwellenländern.

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n Europa hat die Corona-Pandemie Menschen und Wirtschaft nach wie vor im Griff. Anders etwa in Asien: Dort ist weitgehend wieder Normalität eingekehrt und in vielen Ländern und Branchen brummt das Geschäft wieder. Dort und in anderen Schwellenländern der Welt investieren Vishal Gupta und sein Team mit dem MS INVF Emerging Leaders Equity Fund gezielt in Unternehmen aus wachstumsstarken Branchen wie etwa Konsumgüter, Gesundheitswesen und Technologie, die innerhalb ihres Segments eine führende Rolle einnehmen. Dabei kann das Team entsprechend seiner Überzeugungen vorgehen und muss sich nicht an einer Benchmark orientieren. Diese Freiheiten nutzen die Morgan Stanley-Fondsmanager aus: So ist der globale Schwellenländerfonds aktuell beispielsweise mit rund 33 Prozent des Portfolios im Bereich Nichtbasiskonsumgüter investiert, während dieser Sektor im Vergleichsindex MSCI Emerging Markets lediglich 19 Prozent ausmacht (Stand 28. Februar 2021).

Bevölkerungsreichste Märkte im Fokus

Da Gupta sich mit seinem Team auf regionaler Ebene vorwiegend auf vier der fünf bevölkerungsreichsten Märkte fokussiert, spielen Titel aus Greater China, Indien, Brasilien und Indonesien insgesamt meist eine größere Rolle als im Index. „Unternehmen aus diesen Ländern profitieren üblicherweise von einem großen heimischen Markt, zudem haben wir dort eine große Auswahl an Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde US-Dollar und einem durchschnittlichen jährlichen Gewinnwachstum von mindestens 15 Prozent über die letzten fünf Jahre“, erläutert er die regionale Ausrichtung des Emerging Leaders Equity Fund.

Dreistufiger Auswahlprozess, konzentriertes Portfolio

Ebenfalls charakteristisch für den Fonds ist das konzentrierte Portfolio mit 25 bis 40 hochwertigen Wachstumstiteln. Aktuell hält das Team 35 Positionen, zu den größten Positionen gehört derzeit unter anderem das chinesische E-Commerce-Unternehmen Meituan mit einer Gewichtung von rund 6,7 Prozent, das unter anderem Lieferdienste anbietet. So hoch gewichtet das Team die Aktien jedoch nicht von Anfang an, sondern geht zunächst kleinere Engagements ein. Zwecks Identifizierung der aussichtsreichsten Unternehmen, geht das Team um Gupta in drei Schritten vor: „Am Anfang unseres Auswahlprozesses steht die Themenanalyse, um Segmente mit besonders nachhaltigen Wachstumschancen herauszufiltern. Anschließend durchleuchten wir Unternehmen aus diesen Branchen und prüfen beispielsweise, inwiefern sie einen nachhaltig positiven Track Record und eine überzeugende Wachstumsstrategie vorweisen können. Dabei spielt auch die Rendite auf das investierte Kapital eine Schlüsselrolle, die in der Regel bei mindestens 15 Prozent liegt“, erläutert der Fondsmanager. Der dritte Schritt sieht vor, für infrage kommende Unternehmen, anhand von Gewinnprognosen für die kommenden drei Jahre, sowie des fairen Marktwerts, mögliche Ein- und Ausstiegskurse zu ermitteln.

ESG-Faktoren bezieht das Team bei seinen Anlageentscheidungen ebenfalls ein: „Wir sehen sie als ein wichtiges Instrument zur Risikobewertung – deshalb, weil Fehltritte des Managements bei einem dieser Themen angesichts unserer konzentrierten Strategie übergroße Auswirkungen auf das Portfolio haben“, erläutert Gupta und ergänzt: „Das größte Risiko besteht in der Schädigung der Marke aufgrund eines ESG-Themas verursacht werden könnte.“ Da viele der im Portfolio vertretenen Unternehmen eine starke Markenkraft hätten, sei das Reputationsrisiko ein wesentlicher Punkt, den es zu überwachen gelte, betont der Fondsmanager.

Im Vergleich zur Benchmark: Weniger Risiken, mehr Rendite

Als charakteristisch für das Portfolio des Fonds sieht Gupta die vergleichsweise geringe Umschlagshäufigkeit von 30 bis 40 Prozent, sowie eine unterdurchschnittliche Volatilität. Letzteres hat sich in turbulenten Marktphasen, wie etwa dem Beginn der Corona-Krise im ersten Quartal 2020, oder während der Eskalation des Handelskrieges zwischen den USA und China im vierten Quartal 2018 ausgezahlt: Während der MSCI Emerging Markets Index beispielsweise Ende 2018 um 7,5 Prozent nachgab, fiel der Verlust beim Emerging Leaders Fund mit 2,4 Prozent deutlich moderater aus. Auch im Langfristvergleich hat der Fonds gegenüber dem Vergleichsindex die Nase vorn: So erzielte er seit Auflegung am 17. August 2012 einen Wertzuwachs von durchschnittlich rund 9,5 Prozent per anno, während der Index im gleichen Zeitraum im Schnitt nur um rund 5,9 Prozent zulegte (Stand 31. Dezember 2020).

Unternehmensporträt

Über Morgan Stanley Investment Management

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„Seit mehr als 40 Jahren versorgt Morgan Stanley Investment Management (MSIM) ein breit gefächertes Spektrum von Anlegern und Institutionen mit kundenorientierten Investitions- und Risikomanagementlösungen.

  • Vielfältiger Ansatz
    Unser umfassendes Angebot an Dienstleistungen und Produkten ist Ausdruck unserer kontinuierlichen Suche nach Lösungen, die den Bedürfnissen der Anleger auf der ganzen Welt gerecht werden.
  • Erstklassiger Kundenservice
    MSIM ist bestrebt, Anlegern auf der ganzen Welt einen erstklassigen Kundenservice zu gewährleisten.
  • Globale Präsenz, lokale Marktkenntnis
    24 Länder, 42 Niederlassungen, 2.139 Mitarbeiter, 729 Anlageexperten.
  • Expertise in öffentlichen und privaten Märkten
    Unabhängige Investmentteams, die ein Gesamtvermögen von $781 Mrd. verwalten: Global Liquidity, Global Fixed Income, Private Credit & Equity, Solutions & Multi-Asset, Real Assets und Active Fundamental Equity.“ (Stand: 31.12.2020)

Daten & Fakten

FONDS

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