Schwarzer Schwan 2020 Eine langfristige Sichtweise kann den kurzfristigen Leidensdruck lindern

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Es ist wichtig, die Marktpsychologie und das Verhalten der Anleger zu verstehen. In der letzten Verkaufswelle wollen die Marktteilnehmer um jeden Preis aussteigen. Ab diesem Zeitpunkt können Investoren, die über Kaufkraft und Nerven verfügen, einspringen und mit dem Aufbau ihres zukünftigen Portfolios beginnen. Der Kauf in einer Talsohle ist psychologisch schwierig. Auch die Identifikation von Qualitätswerten kann sich als Herausforderung erweisen. Dennoch können eine langfristige Sichtweise und eine strategische Vermögensallokation helfen den kurzfristigen Leidensdruck zu überwinden.

Schwarze Schwäne sind nicht alle gleich

Schwarze Schwäne sind nicht alle gleich. Einige mögen kurzlebig sein, andere sind auf eine Anlageklasse beschränkt oder haben global weitreichende Konsequenzen. Die Ereignisse des 11. September 2001 hatten einen eher kurzlebigen Einfluss auf den Markt, da sich die Preise vor Ende des Jahres erholten. Das Jahr 2008 war anders, es war eine Kette von Ereignissen, die als „globale Finanzkrise“ bekannt wurde. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers könnte wahrscheinlich als der Moment betrachtet werden, in dem die Anleger in Panik gerieten. Die Märkte brauchten Jahre, um sich zu erholen.

Die oben genannten Ereignisse führten zu unterschiedlichen Reaktionen der Aufsichtsbehörden. Ein Beispiel ist der Stopp der Handelsaktivitäten während der Terroranschläge vom 11. September. Viele der behördlichen Reaktionen auf die Krise von 2008 sind unverändert in Kraft, zum Beispiel die quantitative Lockerung der Zentralbanken und die Verschärfung der Bankenregulierung.

Wir können aus diesen vergangenen Ereignissen einige Lehren ziehen, die für ein besseres Verständnis der heutigen Krise nützlich sind:

  • Die Märkte reagieren stark und schnell auf einen Schwarzen Schwan, sofern der Schock mit den Finanzmärkten oder der Wirtschaft zusammenhängt;
  • Die Reaktion der Marktteilnehmer ist in der Regel übertrieben und provoziert überzogene Verkaufs- und Kaufgelegenheiten und eine anschließende Erholung;
  • Alle Schwarzen Schwäne sind in Art, Zeit und Umfang unterschiedlich. Sie können unterschiedliche, aber sehr entscheidende Reaktionen von Marktplätzen und Aufsichtsbehörden auslösen.
  • Der Schock ist vorübergehend, und die Märkte erholen sich am Ende, auch wenn es Zeit braucht. Das Timing ist definitiv ein Thema.


Über den Autor:
Gilles Prince ist Investmentchef (Chief Investment Officer) von Edmond de Rothschild (Suisse). Vor seinem Einstig bei der Schweizer Privatbank im August 2009 arbeitete Prince unter anderem für die spanische Universalbank Banco Santander und die Schweizer Geldhäuser Lombard Odier & Cie und UBS.

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