Infrastruktur-Experte im Interview „Unsere Investments müssen wir mit eigenen Augen gesehen haben“

Peter Brodehser

Peter Brodehser: Der Infrastruktur-Experte leitet für Ampega, eine Tochter des Talanx-Versicherungskonzerns, den Geschäftszweig Infrastructure Debt. Foto: Talanx

private banking magazin: Herr Brodehser, welche Ziele verfolgen Sie bei Investments in Infrastruktur?

Peter Brodehser: Derzeit haben wir im Bereich Infrastruktur rund 4 Milliarden Euro investiert. In den nächsten fünf Jahren streben wir an, 30 Prozent unserer Assets under Management den Alternativen Anlagen zuzuordnen. Derzeit liegen wir zwischen 10 und 15 Prozent. Unterm Strich würden wir den Wert also gerne verdoppeln. Der Faktor, der uns dabei einschränkt, ist nicht die Liquidität, sondern die Zahl der am Markt etablierten Investment Professionals, die über die Erfahrung verfügen, eigenständig Deals strukturieren. Und auch das entsprechende Standing in der Community mitbringen. Infrastruktur ist kein Bereich, den man nach einem Jahr beherrscht. Unsere Investmentmanager sollten weitreichende Deal-Erfahrung verteilt über mindestens fünf Jahre mitbringen, bevor sie eine eigene Transaktion an die Hand bekommen. Die Themen sind ja sehr komplex.

Können Sie das an einem Beispiel erklären?

Chancen und Risiken nehmen wir vor Ort unter die Lupe. Zum Beispiel einen Offshore-Windpark, der 50 bis 100 Kilometer von der Küste entfernt ist. Zunächst ist da nur Wasser. Ein Risikomnager soll 400 Millionen Euro geben, damit dort ein Windpark gebaut wird. Fundament, Wassertiefe für die Schiffe, die den Park errichten sollen, Gesteinsformationen am Grund, eventuelle Munitionsfunde, Umweltschutzbelange. Das Gleichgewicht der Unterwasserflora und -fauna muss gewahrt werden. Dazu die Flugrouten der Vögel und zu guter Letzt: Wie hoch sind die Wartungskosten, welche Leistungen haben vergleichbare Windparks? Dazu können Sie nicht mit dem Auto heranfahren. Das geht nur per Boot oder Helikopter. Ab einer Wellenhöhe von über vier Metern können Sie nicht mehr andocken. All das und mehr kann niemand im Blick haben, der lediglich einmal bei einer Transaktion dabei war.

Was ist der Vorteil von illiquiden Investments?

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Bei illiquiden Investments lassen sich höhere Renditen erzielen, ohne in ein höheres Risiko gehen zu müssen. Die erhöhte Rendite entsteht durch die Illiquiditäts-, Komplexitäts- und Durationsprämien. Wir werden deshalb einen noch nie dagewesenen Wechsel von liquiden Assetklassen in Richtung illiquide sehen. Im Bereich Infrastructure Debt bewegt sich beispielsweise die Summe dieser Prämien zwischen 50 und 150 Basispunkten. Eine liquide Kapitalanlage würde also rund 0,5 bis 1,5 Prozent weniger Rendite pro Jahr abwerfen. Bei Eigenkapitalinvestments fällt dieser Aufschlag höher aus. Wenn das Fixed-Income-Geschäft wegen des Niedrigzinses nicht mehr so ertragreich ist, wie es einmal war, hat man die Wahl: höheres Risiko, beispielsweise durch exotischere Regionen, oder man sucht andere Renditehebel und landet zwangsläufig bei illiquiden Anlagen.

Haben Sie das Team im Haus, oder legen Sie auch über externe Asset Manager an?

Was direkte Investments angeht, machen wir alles selbst. Im Prinzip fahren wir aber zweigleisig. Wir verfolgen sowohl eine Make-Strategie als auch eine Buy-Strategie. In Infrastruktur investieren wir beinahe ausschließlich direkt, egal, ob mit Fremd-, Eigen-, oder Mezzanine-Kapital. Dafür haben wir rund 20 Investmentexperten und -expertinnen, die das Geschäft strukturieren. Den anderen, kleineren Teil erschließen wir indirekt über Fonds – meist, weil wir in einem Bereich noch Expertise aufbauen wollen. Ein Beispiel: Ein Infrastruktur-Fonds in Südostasien, den wir kürzlich gezeichnet haben. Wir selbst haben keine eigene Expertise vor Ort. Kennen aber über Ecken jemanden dort mit den entsprechenden Kenntnissen. Ein Fonds-Investment ist ideal, um sich mit der Region vertraut zu machen und zu entscheiden, ob man sich weiter engagieren möchte.