Schuldscheindarlehen, Teil 2 Der Markt wird weiter wachsen

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Zudem ist, anders als bei syndizierten Darlehen, jeder Darlehensgeber individuell zur Kündigung seines Anteils am Darlehen berechtigt. Die Darlehensgeber sind dabei nicht an die Entscheidung einer Mehrheit von Darlehensgebern gebunden, was für den Kapitalnehmer ein Risiko darstellt.

Vor- und Nachteile aus Investorensicht

Auch für Darlehensgeber (Investoren) stellen Schuldscheindarlehen ein interessantes und attraktives Finanzierungsinstrument dar. Vor dem Hintergrund des aktuell sehr niedrigen Zinsumfelds bietet der Schuldscheindarlehen-Markt für institutionelle Investoren eine einfache Investitionsmöglichkeit mit relativ hohen Renditen.

Gleichwohl bleiben auch auf der Kapitalgeberseite einige Nachteile zu beachten: Schuldscheindarlehen sind zumeist endfällig. Somit existieren keine Tilgungsstrukturen, was den Bedürfnissen einiger Kapitalmarktteilnehmer widerspricht. Zudem kann der Umstand, dass kein externes Rating erforderlich ist und damit die hiermit verbundenen Kosten entfallen, den Kapitalgebern in Form einer höheren Verzinsung zugutekommen.

Im Gegenzug müssen diese jedoch eigene Kreditwürdigkeitsprüfungen anstellen. Dieser Aspekt ist deshalb sehr bedeutsam, weil Schuldscheinscheindarlehen überwiegend blanko, das heißt ohne Sicherheiten vergeben werden.
Außerdem müssen Anleger berücksichtigen, dass die vorzeitige Veräußerbarkeit von Schuldscheindarlehen stark eingeschränkt ist: Grundsätzlich können Schuldscheindarlehen, abhängig von der jeweiligen Dokumentation, frei mittels Abtretung oder Vertragsübernahme übertragen werden.

Allerdings weist der Sekundärmarkt für Schuldscheindarlehen meist nur eine geringe Liquidität auf, sodass Investoren gezwungen sind, ihre Schuldscheindarlehen oftmals im Rahmen einer „Buy-and-hold“-Strategie“ bis zur Fälligkeit behalten. 

Schlussendlich sind die Folgen der angeführten Anonymität der Investoren und die von jedem einzelnen Darlehensgeber benötigte Zustimmung zu beachten. Dies erschwert das fallweise, speziell in Krisensituationen erforderliche Ergreifen von vertragsverändernden Maßnahmen.

Fazit
Für Unternehmen, die eine mittel- bis langfristige Finanzierung in einer Größenordnung von circa 20 Millionen Euro bis üblicherweise circa 500 Millionen Euro benötigen, stellen Schuldscheindarlehen eine attraktive alternative Finanzierungsmöglichkeit dar. Das Produkt eröffnet Darlehensnehmern einen einfachen und kostengünstigen (ersten) Zugang zu institutionellen Kapitalmarktinvestoren.

Mit Schuldscheindarlehen können etwa Investitionen, Akquisitionen oder der Grundstock des Umlaufvermögens finanziert werden. Zwar lassen sich mit der Begebung von Inhaberschuldverschreibungen grundsätzlich höhere Emissionsvolumina, ein größerer Investorenkreis und ein ausgeprägterer Handel erreichen.

Jedoch ist dies mit einem größerem Dokumentationsaufwand, erhöhten Transparenzpflichten und umfangreicheren Folgepflichten verbunden, sodass Schuldscheindarlehen auch diesbezüglich vorteilhaft sein können.
Schuldscheindarlehen weisen einen höheren Grad an Finanzierungsflexibilität auf. Investoren müssen bei variabel verzinsten Schuldscheintranchen bedenken, dass das Risiko einer vorzeitigen Rückzahlung besteht.

Dies ist in der Praxis allerdings selten. Für Investoren stellen Schuldscheindarlehen je nach Emittent eine attraktive und risikoadäquate Anlageform dar. Interessant ist für Investoren auch die Option, in nicht am Kapitalmarkt gelisteten oder aktiven Unternehmen Kapital zu investieren und über diesen Weg unter anderem eine Streuung des Kreditportfolios zu erreichen.

Die weitere Entwicklung des Schuldscheindarlehensmarkts ist in hohem Maße abhängig von der Marktzinsentwicklung, der Emissionstätigkeit auf dem Anleihemarkt sowie dem Ankaufsverhalten der EZB im Segment Corporates. Zudem bleibt zu berücksichtigen, dass das Marktsegment trotz des Booms immer noch vergleichsweise klein ist. Damit besteht die Gefahr, dass Ausfälle einzelner Darlehen die Reputation des gesamten Marktsegmentes gefährden können.

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Markteintrittskriterien verwässert und verstärkt Emissionen von Unternehmen mit Rating außerhalb es Investment-Grades platziert werden. Sofern größere Ausfälle ausbleiben und Kapitalgeber aufgrund der sehr niedrigen Zinsen für risikolose Anleihen in alternative und mit höheren Risiken verbundenen Anlageformen umschichten, können die Wachstumsaussichten für Schuldscheindarlehen weiterhin als günstig bezeichnet werden.


Über die Autoren:
Vanja Dujic ist als Fachberaterin Unternehmensfinanzierung und Großkunden bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen tätig und entwickelt individuelle Finanzierungslösungen für die gehobenen Mittelstandskunden und Großunternehmen der Kreissparkasse.

Prof. Dr. Stephan Schöning ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzen an der SRH Hochschule für Wirtschaft und Medien Calw. Zu seinen Forschungsbereichen zählen Finanzierungslösungen für den Mittelstand sowie die Beurteilung von Anlageformen.



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