Alexander Prawitz, Deutschland-Chef von Schroders „Aktives Management muss liefern, was es verspricht“

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Seit Jahren lässt sich eine tektonische Verschiebung der Assets gen ETFs beobachten. Ist es nicht ein Stück weit naiv, sich mit dem Thema überhaupt nicht beschäftigen zu wollen?

Prawitz: Wir standen vor einigen Jahren, als das ETF-Geschäft losging, vor der Überlegung, ob wir uns engagieren sollten. Im Laufe der Zeit haben wir uns dann gegen passive Produkte ausgesprochen. Wir wollten aktiv bleiben und haben auch überlegt, ob aktive ETFs Sinn für uns machen. Aber wir haben uns dagegen entschieden. Die richtige oder falsche Entscheidung? Time will tell. Aktive Strategien haben gegenüber ETFs natürlich in einzelnen Bereichen Marktanteile verloren. Aber der Trend ist nicht mehr so exponentiell, wie er anfänglich war. Beide Ansätze haben eine absolute Berechtigung für den, der Alpha sucht und den, der nur Beta will.

Wenn aktive Manager ihren Job gut machen – und wir machen ja immer Erhebungen über alle Fonds und Investmentstrategien, die wir haben – und dann über ein, drei und fünf Jahre evaluiert wird, wie wir nach Kosten die Benchmark schlagen oder unser Anlageziel erreichen, dann bewegen wir uns normalerweise vor der Range von 68 bis 78 Prozent derer, die wir schlagen. Wir veröffentlichen diese sehr ordentliche Zahl auch in unseren Jahresberichten. Du wirst nicht immer alle Ziele erreichen, aber wenn du überwiegend auf der richtigen Seite liegst, hast du viel gewonnen.

An welchen Stellschrauben wird gedreht, um besser als die Masse der Marktteilnehmer zu sein?

Prawitz: Neben der liquiden Seite, sind wir stark bei Private Assets aufgestellt, sei es Private Equity, Renewable Infrastructure, Private Debt oder Real Estate. In der Form haben das nicht alle. Oft gibt es Anbieter, die eines haben, aber nicht das andere. Wir können kombinieren und so maßgeschneiderte Produkte für unsere Kunden anbieten. Institutionelle Kunden, gerade die großen, haben Private Assets schon sehr stark allokiert, aber im großen deutschen Markt gibt es immer noch sehr viele Anbieter im Tier 2-, Tier 3-Bereich, die da eher weniger investiert haben. Von daher sind wir in der Kombination mit dem Service, den wir bieten können, gut aufgestellt.

Was könnte sich durch Ihre Arbeit künftig im Deutschland-Geschäft ändern?

Prawitz: Auf der institutionellen Seite haben wir einen großen Private-Assets-Anteil, der liegt bei zwei Dritteln des Leistungsumfangs. Das wollen wir weiter konsequent ausbauen. Auf der Intermediary-Seite sind wir traditionell recht aktien- und rentenlastig. Wir sind der Ansicht, dass wir auf der Aktienseite ebenfalls wachsen können – vor allen Dingen auf der thematischen Seite. Aber auch im Multi-Asset-Bereich sehe ich Potenzial für Wachstum. Nicht zu vergessen der Bereich der Demokratisierung, also Private Assets für das Endkundengeschäft, das wird sicherlich wichtiger werden.

 

Zum Insti-Geschäft: Wird das tendenziell bipolar, also auf der einen Seite nur noch ETFs, auf der anderen Seite Private Assets?

Prawitz: Nein, das glaube ich nicht. Vieles dessen, was institutionelle Kunden heute im Auftrag ihrer Klientel machen müssen, können sie nicht mit einem ETF abdecken. Oft sind die Mandate schon maßgeschneidert, gerade auf der Aktien- aber auch auf der Rentenseite. Die Kunden sagen, okay, wir wollen nicht nur ein Beta-Exposure haben, sondern wir wollen gewisse Sektoren ausschließen oder gewisse Emittenten nicht haben. Das kannst du mit ETFs natürlich auch schneidern und kosteneffizient steuern, aber nicht immer so, wie die Anforderungen es vielleicht regulatorisch oder von deiner eigenen Firmenkultur her erfordern. Und dann muss man auch sehen: Wie ist es um die Kostenersparnis bestellt? Bei Emerging-Market- oder Asien-Aktien ist es nicht sehr kosteneffizient, ein passives Instrument zu wählen, was dann noch aufwendig maßgeschneidert werden muss.

Wie funkt die Schroders-Zentrale ins Geschäft rein? 

Prawitz: Was Schroders wirklich gut macht und verstanden hat – ich habe das auch im asiatischen Geschäft gesehen – ist, die Rolle des Country Heads und der lokalen Experten, die du jeweils mit „boots on the ground“ hast, als extrem wichtig anzusehen. Die Country-Head-Rolle ist bei uns nicht nur eine Statthalter-Rolle, sondern die jeweils Verantwortlichen sind wirklich aktiv an der Strategiesetzung beteiligt.

Da gibt es Unterschiede bei den Asset Managern.

Prawitz: Es gibt Häuser, wo Headquarter-Anordnungen einfach exekutiert werden, Punkt. Das ist bei uns nicht so, heißt aber nicht, dass mir egal sein kann, was London sagt. Oft kommen sehr gute Anregungen vom Headquarter, weil die Verantwortlichen auf Dinge gucken und sagen: Was ist damit? Habt ihr daran schon mal gedacht? Ich sehe das Miteinander als Bereicherung, weil diese Expertise für uns absolut wichtig ist.

Letztlich wird jeder Länderchef aber auch an Kennzahlen gemessen.

Prawitz: Wir alle schauen auf Wachstum und darauf, was wir damit verdienen. Aber das ist nicht das Einzige. Ich werde daran gemessen, wie es um die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter bestellt ist, wie die Turnover-Zahlen sind. Und natürlich daran, welches Feedback von unseren Kunden kommt. Es ist eine Kombination aus Kriterien, es sind nicht nur finanzielle KPIs, die am Ende des Tages zählen und den Erfolg bringen.


Über den Interviewten:

Alexander Prawitz kam 2007 zu Schroders und betreute Wholesale-Kunden in Deutschland, Österreich und Luxemburg. Ab 2012 leitete er von Hongkong aus das Key Account Management für die wichtigsten Bank- und Versicherungskunden im Raum Asien-Pazifik. 2017 wurde er Leiter Osteuropa und ausgewählte Länder im Mittelmeerraum (CEEMED). Seit dem 1. Januar 2023 leitet Prawitz zusätzlich das Geschäft in Deutschland, und Österreich.

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