Schlägt Talent Prozess? So wählen Family Offices ihre Anlagepartner aus

Markus Hill

Markus Hill

„Und so wie das Wasser keine beständige Form hat, so gibt es auch im Krieg keine beständigen Bedingungen“ (Sun Zi).

Die Worte eines bekannten Strategen scheinen lebensnah und nachvollziehbar – volkswirtschaftliche Rahmendaten wechseln, Märkte, Korrelationen und andere Parameter ändern sich fortlaufend. Ob Kopf, Bauch oder Maschine: Kaum ein Fondsselekteur kann auf die Existenz eines scheinbar systematischen, nachvollziehbaren Investmentprozess bei der Auswahl von Talenten im Fondsmanagement verzichten.

Family Offices als ein Beispiel haben ihre eigene Brille bei der Auswahl von Fondsboutiquen für Mandate (Due Diligence). Oft ähnelt sich die Herangehensweise verschiedener Häuser. Welche Faktoren erscheinen häufig interessant beim Auswahlprozess? Welche Faktoren werden vielleicht über- oder unterschätzt beim Entdecken von Talenten?

Fondsselektion – weder Rocket Science noch trivial

  1. Harte Fakten:
    Wie auch bei anderen Gruppen von Fondsselekteuren bedienen sich Family Offices, die im Laufe der Jahre ein ausgeprägtes Interesse an unabhängigen Asset Managern (Fondsboutiquen) entwickelt haben, vieler der gängigen Filter bei der Auswahl von Fondsmanagern, zum Beispiel: Track Record über eine Anzahl von Jahren, Performance, eingegangenes Risiko, Verhalten in Marktphasen, Tracking Error, Kosten und Fondsgröße sind Themenfelder, die angesprochen werden.

    Quantitative Faktoren lassen sich zumindest zu Beginn als guter Vorfilter für weitere qualitative Betrachtungen nutzen – sowohl der Ursprungsgedanke. Benchmark oder Absolute Return? Maximaler Drawdown? Diese scheinbar harten Fakten nimmt man natürlicherweise bei der Due Diligence, da sie normierbar, messbar, vergleichbar und gut in Prozessstrukturen einzubinden sind.

    Ein Dilemma ist, dass Performance, Korrelationen und Volatilitäten alles Kennzahlen sind, die durch den Rückspiegel betrachten. Die Auswahl des Managers soll jedoch eigentlich in Zukunft Erfolge produzieren.

  2. Weiche Wege:
    Managementansätze werden ebenso intensiv diskutiert wie Transparenz und systematische, nachvollziehbare Investmentprozesse. Mensch und Bauch versus Maschine? Diskretionär versus regelgebunden? Künstlertum, Würfeln versus phantasielose Zahlenhörigkeit? Unklarheiten in den Definitionen treffen hier oft zusammen mit Vorurteilen und eigenen Vorlieben von Fondsselekteuren.

    Positiv ausgedrückt: Sollte Fondsmanagement neben Wissenschaft auch Kunst bedeuten, dann sind es vielleicht viele Wege, die nach Rom führen können.

    Natürlich gibt es nicht den über alle Marktzyklen erfolgreichen Managementstil. Vergessen wird zudem oft, dass Family Offices eine bestimmte Klientel vertreten und zudem aufgrund der Herkunft vieler Vermögen durchaus eine gewisse Stressresistenz bei lebendigen Börsen besitzen – der Faktor Zeit ist entscheidend. Die intensiven Diskussionen über aktive, pseudo-aktive und passive Ansätze zeigen, dass viele Dinge auch in der scheinbar faktenbasierten Finanzwelt nicht immer eindeutig auf festem Boden stehen.

  3. Schwammige Prozesse:
    Böse Zungen behaupten, dass zu viel Kommunikation über Prozesse häufig über einen Mangel an Talent hinwegtäuschen soll. Die Geschichten von brillianten Prozessen bei Fonds mit mehr als mittelmäßigen Ergebnissen findet man häufig.

    Fairerweise muss man dem aber entgegenhalten, dass es auch eine Vielzahl von scheinbar talentierten, weniger regelgebundenen Fondsmanager gibt, die auch nicht mit ihren Ergebnissen zu überzeugen vermögen.

    Der eine Investmentprozess, der Erfolge garantiert, scheint wohl nicht zu existieren. Unterstellt, dass es trotzdem mehr als sinnvoll sein kann, den Investmentprozess eines Managers nachvollziehen zu können, stellen sich vielleicht folgende Fragen:

    • Macht der Manager wirklich das, was er in seinen Darstellungen vom Prozess behauptet?
    • Wissen nicht viele Fondsmanager, was Fondsselektoren unbedingt hören wollen?
    • Stimmt der vom Fondsmanager dargestellte Investmentprozess eigentlich mit dem Prozess überein, der in den Marketingunterlagen der Fondsgesellschaft erläutert wird?


Beim Aufwerfen solcher Fragen, die möglicherweise interessante Anknüpfungsdialoge zwischen Family Offices zum Fachdialog bieten könnten, kommt man vielleicht zu dem Schluss, dass die Suche nach Talenten bei spezialisierten Managern doch vielleicht eher der Trüffelsuche ähnelt als einem systematischen, rein quantitativ gesteuerten Suchprozess mit jederzeit wiederholbarem Ergebnis.

Solide Hausarbeit und konventionelle Trial-and-Error-Heuristik in Kombination mit Bauchgefühl, Intuition, Erfahrung et cetera sind gefragt. Datenbanken zur Vorselektion sind wichtig, Research ist Kernfaktor bei Grundlagenarbeit.