Scalable-Mitgründer Erik Podzuweit „Unsere Entscheidung war goldrichtig“

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Sie setzen für die Risikomessung auf den Value at Risk, kurz VaR. Nun hat dieser so seine Tücken: Die Performance-Zahlen des Echtgeldtests deuten darauf hin, dass der Algorithmus zwar Risiken abgesichert hat, dann aber in der Cash-Falle gelandet ist und die Gegenbewegung versäumt hat. Wird hier nun Hand angelegt?

Podzuweit: Die Grundcharakteristik unseres Risikomanagementsystems werden wir beibehalten. Allerdings werden wir dem Mechanismus nicht mehr gestatten, extreme Gewichtungen einzugehen. Bislang erlaubt unser Anlagesystem in den höheren Anlageklassen Aktienquoten von 0 bis 100 Prozent. Für die Zukunft wollen wir diese Spanne etwas verengen, damit wir besser mit solchen erratischen V-Märkten umgehen können.

Außerdem haben wir neben unseren VaR-Strategien nun ESG-Portfolios im Angebot. Diese werden nicht nach Value at Risk gesteuert, stattdessen erfolgt das Rebalancing bei einer Abweichung des Portfolios vom gewählten Zielaktiengewicht. In den ESG-Portfolios können Anleger ihrem Portfolio außerdem Gold hinzufügen. So hat der Anleger die Möglichkeit, auch über verschiedene Strategien hinweg zu diversifizieren.

Ist der Conditional Value at Risk nicht eine Alternative, da er die übrigen 5 Prozent aller Wahrscheinlichkeiten abdeckt, und damit die besonders kostspieligen Extremereignisse?

Podzuweit: Wenn man für jedes beliebige Anlageergebnis die exakte Wahrscheinlichkeit kennen würde, dann ist der Conditional Value at Risk sicherlich eine bessere Statistik, um all diese unendlich vielen Wahrscheinlichkeiten in eine einzige Risikokennzahl zu übersetzen. In der Realität müssen Wahrscheinlichkeiten und Risikokennzahlen jedoch anhand von Daten geschätzt werden, und unterschiedliche Risikokennzahlen lassen sich mit unterschiedlicher Präzision ermitteln. Ein vermeintlich weniger informatives Risikomaß wird zur besseren Wahl, wenn es sich deutlich präziser schätzen lässt. Gerade bei Risiko-Targets auf Jahresbasis spielt der Schätzfehler eine große Rolle, die es zu berücksichtigen gilt.

Wie groß oder klein war der Ansturm von Scalable-Anlegern, als die Märkte im März nach unten rutschten?

Podzuweit: Einige Kunden waren angesichts der rasch einbrechenden Aktienkurse natürlich besorgt und haben vermehrt Kontakt mit unserem Kundenservice aufgenommen. Auch ich habe mich ans Telefon gesetzt, um die erhöhte Nachfrage abzufedern. Zusätzlich haben wir sie über unsere Kanäle mit Informationen versorgt. Durch unsere aktive Kommunikation und unseren Kundenservice konnten wir die allermeisten unserer Kunden beruhigen. Die große Mehrheit reagierte besonnen und konnte die Situation entsprechend einordnen. Für uns hat die Krise gezeigt, dass wir mit unserem hybriden Modell aus Technologie und persönlichem Service durch unsere Experten den Bedürfnissen unserer Kunden am besten gerecht werden können.

 


Über den Interviewten:
Erik Podzuweit gründet mit drei Partnern im Dezember 2014 den Online-Vermögensverwalter Scalable Capital. Die Münchner gelten im deutschen Markt als Branchenprimus nach Assets under Management. Zuvor war Podzuweit für sieben Jahre bei Goldman Sachs und ein Jahr als Co-Chef vom Interieur-Webshop Westwing Home & Living tätig.

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