R+V-Immobilienchef im Gespräch „Wir folgen nicht der Investmentstruktur“

Markus Königstein ist Bereichsleiter für Immobilien und Infrastruktur der R+V-Versicherungsgruppe.

Markus Königstein ist Bereichsleiter für Immobilien und Infrastruktur der R+V-Versicherungsgruppe. Foto: R+V

pbm institutionell: Die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken treibt die Preise für Immobilien in die Höhe. Wird die Corona-Krise nachhaltige Auswirkungen auf die Märkte für Wohnungen und Büros haben?

Markus Königstein: Die Corona-Krise ist ein Katalysator für den Digitalisierungsfortschritt. Plötzlich sind Konzepte, die früher durchaus kritisch beäugt wurden, möglich. Bei uns waren in der ersten Jahreshälfte zeitweise 90 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice. Ob sich die einzelnen Immobiliensektoren infolge der Krise nachhaltig verändern werden, lässt sich derzeit noch nicht mit Sicherheit sagen, aber Trends werden beschleunigt.

Wird sich der Trend zum Homeoffice dauerhaft durchsetzen?

Königstein: Ja, der Trend zum Homeoffice wird sich sicherlich durchsetzen. Das betrifft zunächst aber vor allem Großkonzerne, die schon gute Voraussetzungen dafür haben.

Müssen Vermieter von Büros also mit sinkender Nachfrage rechnen?

Königstein: Das geht nicht von heute auf morgen. Denn es gibt schließlich Mietverträge, die erfüllt werden müssen. Der Nachfragerückgang im Bürobereich spiegelt sich bislang noch nicht in sinkenden Verkaufspreisen wider. Im Gegenteil, der Bürobereich wird aktuell sogar teurer. Ich rechne damit, dass sich der Abbau von Büroflächen über die nächsten mindestens fünf Jahre hinziehen und dann ein Gleichgewicht finden wird. Dann wird sich auch zeigen, ob es Standorte gibt, die von der Entwicklung profitieren. Unternehmen benötigen schließlich nach wie vor eine repräsentative Geschäftsadresse. 

Konsumenten verlagern ihre Einkäufe ins Internet. Halten Sie es für sinnvoll, aus Einzelhandelsimmobilien – zum Beispiel ehemaligen Liegenschaften von Deutschlands letzter großer Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof – Wohngebäude zu entwickeln?

Königstein: Dieser Gedanke betrifft nicht nur Galeria Karstadt Kaufhof, sondern den gesamten vertikalen Einzelhandel. Die Anzahl der Mieter großer Verkaufsflächen sinkt. Aber ich bin skeptisch, was die Vermietung der Flächen auf den verschiedenen Ebenen der Kaufhäuser betrifft. Wenn ich im Erdgeschoss in den Innenstädten eine Umnutzung vornehme und zwischen einer Reihe von Fachgeschäften zum Beispiel ein Ärztehaus einbette, dann schaffe ich sogenannte Frequenzkiller und zerstöre damit Laufwege der Passanten. Sie wechseln dann die Straßenseite. Das ist schlecht fürs Geschäft und die Innenstädte.