Rückwirkend bis 1. Januar 2009 Verfassungsgericht kippt Regelungen der Grunderwerbsteuer

Seite 2 / 2


Feinheiten im Rechtsschutz

Das Bundesverfassungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass Steuerpflichtige, bei denen bereits eine Veranlagung eines seit dem 1. Januar 2009 getätigten grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgangs durchgeführt wurde, vor einer negativen Änderung ihres Steuerbescheids durch den Vertrauensschutz nach Paragraf 176 Abgabenordnung geschützt sind.

Allerdings gilt der Vertrauensschutz nach dieser Norm nur für eine Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids. Steuerpflichtige, bei denen noch keine Veranlagung eines bereits getätigten grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgangs durchgeführt wurde, sind nicht geschützt. Deren – eventuell bereits begonnene – Veranlagungsverfahren sind auszusetzen.

In diesen offenen Fällen droht den Steuerpflichtigen eine erhebliche Steuermehrbelastung, zumal bekanntlich in den vergangenen Jahren die Steuersätze von einigen Bundesländern stark angehoben worden sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber die Bewertungsregeln der Erbschaft- und Schenkungssteuer auf die Grunderwerbsteuer übertragen wird.

Diese führen zu einer Bewertung nahe dem Verkehrswert. Unbebaute Grundstücke werden mit dem Bodenrichtwert des Gutachterausschusses angesetzt. Bei vermieteten Immobilien wird der sogenannte Liegenschaftszins zur Kapitalisierung des Gebäudereinertrags verwendet.

In einigen Fällen könnte damit sogar eine Verdopplung der Grunderwerbsteuer einhergehen. Beispiel: bei vermieteten Wohnimmobilie in München oder Hamburg mit einem Liegenschaftszins von 3 Prozent und einer Restnutzungsdauer von 50 Jahren ergibt sich für Erbschaftsteuerzwecke ein Vervielfältiger von 25,73. Nach altem Recht hätte der Vervielfältiger 12,5 betragen, mit dem die sogenannte übliche Miete zu kapitalisieren war.

Bei der Bewertung für Erbschaftsteuerzwecke können allerdings Bewirtschaftungskosten vom Rohertrag des Grundstücks abgezogen werden, so dass die Bemessungsgrundlagen nicht vollständig übereinstimmen.

Ausblick

Steuerpflichtige mit bis heute nicht veranlagten Fällen müssen nun die gesetzliche Neuregelung abwarten. Ihre Verfahren sind auszusetzen. Ein Rechtsmittel gegen die Veranlagung mit – zu erwartender höherer Grunderwerbsteuer als bisher – ist nicht ersichtlich.

Bei Share-Deal-Transaktionen im Immobilienbereich ohne sogenannte Rett-Blocker und bei Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen und Unternehmensgruppen besteht bis zu einer Neuregelung Unsicherheit über die Höhe der Grunderwerbsteuerbelastung.


Über den Autor:
Alexander Lehnen ist Geschäftsführer von Crowe Kleeberg Real Estate, einer Beratungsgesellschaft mit dem Fokus auf die mittelständische Immobilienwirtschaft in Deutschland. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist auf die steuerliche Strukturierung von Immobilieninvestitionen sowie die steuerliche und aufsichtsrechtliche Fondsstrukturierung spezialisiert. Neben Tax Due Diligence und Transaktionsberatung gehören dabei die umfassende steuerliche Beratung von nationalen und internationalen Immobilieninvestoren zu seinem Spezialgebiet.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen