Roundtable zu Nachhaltigen Kapitalanlagen „Der Trend wird zu einer Tugend“

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Darf man pragmatisch an dieses Thema rangehen und Unternehmen, etwa in China und Vietnam, eine Evolution unterstellen und aktuelle Missstände hinnehmen?

von Ditfurth: Wir investieren mit unseren Nachhaltigkeitsportfolios nicht in diese Länder. Es gibt Schwellenländer-Fonds, die sich als nachhaltig verstehen, aber da wird mit unterschiedlichem Maß gemessen. Es gibt aber auch sehr interessante Maßnahmen, etwa Mikrofinanzierungen, die diesen gesellschaftlichen Wandel begleiten.                                                          

von der Lancken: Emerging Markets und Nachhaltigkeit schließen sich aus. Das ist doch gar nicht zu überprüfen. Es gibt kaum Daten.

Ich saß jüngst bei einer Unternehmertagung, und eine junge Bankerin äußerteden Wunsch, den Erfolg von Nachhaltigkeit mittels einer Maßeinheit darzustellen. Eine Kennziffer, etwa sozialer Nutzen pro Investment. Die Finanzbranche misst jede Art von Korrelation und Rendite-Risiko. Solch eine Maßeinheit gibt es indes nicht.

von Ditfurth: Das ist ein so schwieriges wie interessantes Unterfangen. Es gibt ja Ana-lysehäuser, die für einzelne Unternehmen Kennziffern, sogenannte Scores, erstellen. Das ist ein ganzes Set von einzelnen Kriterien, die in eine Gesamtnote einfließen. Ähnliches gilt für den Anleihemarkt, zum Beispiel eine Analyse auf Länderebene. Da geht es um den Anteil von Nuklear-Energie an der Wirtschaftsleistung, um Korruption und natürlich auch um die Bewertung von Rechtsstaatlichkeit, also zum Beispiel um die Frage, ob etwa die Todesstrafe noch angewendet wird.    

Neugebauer: Es gibt viele Parameter wie CO2- oder Water-Footprint, Schadstoffausstoß und andere Kenngrößen. Und es gibt auch Initiativen zur Ermittlung eines öko-logischen Fußabdrucks wie das Global Footprint Network, den WWF oder den Genuine Progress Indicator. Aber alle haben Vor- und Nachteile. So fehlt in der Tat so etwas wie ein einheitlicher und umfassender grüner Fußabdruck. Eine verlässliche Kennziffer würde das Universum transparenter, vergleichbarer und verlässlicher machen. Transparenz kann dann dazu führen, dass Unternehmen in einen positiven Wettbewerb zueinandertreten.

von der Lancken: Das ist ein hehrer Gedanke, aber schauen Sie sich auch um. Schon unter Deutschen, Italienern und Franzosen wird der Begriff der Nachhaltigkeit völlig unterschiedlich interpretiert. Vom fernen Ausland, etwa Asien, ganz zu schweigen.

Wie stehen Sie zum Nachhaltigkeits-Rating von Morningstar?

von Ditfurth: Ich wäre da etwas vorsichtig. Morningstar arbeitet zusammen mit Sustainalytics, und die Schwierigkeit ist, dass nicht alle Unternehmen überblickt werden. Da kann ein herkömmlicher Fonds mitunter ein besseres Rating haben als ein Nachhaltigkeitsfonds. Ich möchte den Ansatz aber nicht verteufeln. Es ist zumindest eine Indikation und ein richtiger Weg.

Nun sind insbesondere Versorgungswerke in der Regel sehr rentenlastig investiert. Kann man da einfach aus moralischen Gründen auf Anleihen der USA verzichten?

von der Lancken: Ganz klares nein.                                                           

von Ditfurth: Ich sehe es differenzierter. Es gibt auch treffliche Alternativen. Es gibt unter anderem Kommunalanleihen, sogenannte Municipal-Bonds. Das ist ein besonderer Weg in nachhaltiger ausgerichtete Bundesstaaten der USA zu investieren. Oder aber auch Green Bonds, die sind zweckgebunden und investieren beispielsweise in erneuerbare Energien oder andere nachhaltige Projekte.

Leben Sie Nachhaltigkeit auch im Unternehmen und verzichten Sie zum Beispielauf PS-starke Firmenwagen?

Neugebauer: Durchaus. Wir nutzen zum Beispiel Carsharing und geben – soweit es geht – der Bahn den Vorzug. Außerdem setzen wir verstärkt auf Videokonferenzen und fliegen oder fahren somit bewusst nicht überall hin. Wir achten aber auch bei unserer täglichen Arbeit in unseren Unternehmensbereichen darauf, zum Beispiel setzen wir auf nachhaltige Materialien.                                                                                                   

von Ditfurth: Wir haben ISO-14001-Zertifikate und Green Teams für unsere weltweiten Investmentcenter, und wir sind auch im Tagesgeschäft auf ganz einfache Regeln bedacht. Weniger drucken, Licht besser steuern etwa oder weitere Maßnahmen, die dazu beitragen, als Unternehmen Energie zu sparen. Das sind die kleinen Dinge, die jedoch selbstverständlich sein sollten.

von der Lancken: Wir haben vor Jahren ein neues Gebäude gebaut. Alles sehr nachhaltig und gegenüber vom Holstein- Kiel-Stadion. Wir haben sogar ein bepflanztes Dach. Sie glauben gar nicht, wie wir das verfluchen, weil die Möwen sich das Dach als Brutplatz ausgesucht haben. Es ist ein permanenter Krach. So viel zur Nachhaltigkeit. Ich kann die Möwen ja nicht töten lassen.

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