Roundtable zu Unternehmerfamilien „Sie müssen Mit-Unternehmer sein“

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Wie sollten Berater stattdessen an Unternehmerfamilien herantreten?

Catharina Prym: Es geht darum, in den Dialog zu kommen, statt bloß ein vorgefertigtes Produkt anzubieten. Denn die eigentliche Frage, die einen Familienunternehmer umtreibt, ergibt sich oft erst im Austausch. Deshalb ist es wichtig, intensive Gespräche zu führen, den Kern eines Anliegens herauszufinden und nicht sofort eine pauschale Lösung anzubieten. Der Blickwinkel sollte dabei immer ganzheitlich, also holistisch sein: Was ist wichtig für die Unternehmens- und auch für die Familienseite? Unternehmer wollen eben nicht nur Option A, B oder C sehen. Sie wollen, dass der Berater Farbe bekennt und als Sparringspartner fungiert, quasi eine Zeit lang Mit-Unternehmer ist.

Nadine Kammerlander: Familienunternehmer wünschen sich nach meiner Erfahrung den sogenannten Most Trusted Advisor an ihrer Seite. Schaut man, was diesen ausmacht, ist das einerseits die Zeit, die er oder sie mitbringt. Familienunternehmen arbeiten mit langen Horizonten, bis zu einem Geschäftsabschluss können Jahre vergehen. Bringt man dies nun mit einer Beratungskultur zusammen, bei der im zweiten Gespräch ein Abschluss her muss, macht das jeden Versuch, auf Augenhöhe zu kommen, sofort kaputt. Andererseits ist wichtig, wie beraten wird. Berater präsentieren gern eine Lösung als die ultimativ richtige, ohne die meist vielfältigen Ziele und Werte der Unternehmerfamilie zu berücksichtigen. Stattdessen sollte man die Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen schildern und die Unternehmer dann selbst entscheiden lassen, was für sie am wichtigsten ist. Das macht es wesentlich leichter, auf Augenhöhe zu kommen.

von Uckermann: Nach meiner Erfahrung will der Mandant, dass ich eine Empfehlung ausspreche. Am Ende des Tages sind unsere Mandate so individuell wie die Menschen, deren Vermögen wir verwalten. Um einen fundierten Rat geben zu können, muss ich sein Problem verstanden haben. Wenn Sie nicht richtig zugehört haben, erleiden Sie auch mit einem zu viel an Entscheidungsgrundlage Schiffbruch. Dann sagt der Mandant: „Kommen Sie endlich mal zum Punkt.“ Und manchmal führt es zum Erfolg, dem Unternehmer das Gegenteil dessen zu empfehlen, was er eigentlich wollte.

Kammerlander: Das ist okay, solange man akzeptieren kann, wenn der Unternehmer anders entscheidet.

Dirk Stoess: Ich sehe in dieser Hinsicht einige Widersprüche, die es als guter Berater auszuhalten gilt. Einmal die sogenannten Beratungssymbiosen. Das bedeutet, entweder der Unternehmer ist so stark, dass der Berater nur macht, was der Unternehmer will. Das ist keine Beratung, sondern Dienstleistung. Oder genau andersherum: Der Unternehmer macht genau das, was der Berater will. Auch das ist keine Beratung, sondern der Klient wird zum Schüler. Und die anspruchsvolle Situation, dass man als Berater von einem oft sehr selbstbewussten Menschen zuerst gerne in die Rolle des Dienstleisters gedrängt wird. Gleichzeitig akzeptiert dieser einen Berater nur, wenn er genau das nicht ist. An einer für Klient, Berater und Beratungsbeziehung passenden Stelle kann man sich aufhalten und schauen, was genau man anbieten kann und will. Das Ergebnis ist, da stimme ich zu, dann nicht als finales Produkt, sondern zunächst als Diskussionsgegenstand zu verstehen, den man dann gemeinsam mit dem Unternehmer fortentwickelt.