Riskante Vermögensanlage bei Stiftungen ...und dann ist die Gemeinnützigkeit weg

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Ignorierter Handlungsbedarf

Das rechtfertige jedoch keine einseitige Vermögensanlage in nicht oder nicht ausreichend besicherten Anlageformen. Bei der Gründung war das Vermögen der Stiftung bei Kreditinstituten in Form von Sparkassenzertifikaten, Wertpapieren et cetera angelegt. In den Jahren 2002 bis 2009 wurden die Vermögensanlagen nahezu vollständig in unzureichend gesicherte Darlehn an diverse Schuldner der (mittelständischen) Wirtschaft umgeschichtet. Dadurch sei die Tragfähigkeit der Vermögensbasis und damit die materielle Voraussetzung für die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke unterlaufen worden.

Spätestens nach dem Hinweis der Bezirksregierung wäre daher eine Änderung der Anlagestrategie geboten gewesen. Frei werdende Mittel hätten auch in andere Anlageformen investiert werden müssen. Dies sei aber nicht geschehen.

Selbst ein Unternehmen (L), über dessen Vermögen Mitte April 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, habe Anfang 2008 noch eine Darlehnsaufstockung erhalten. Die Erbschaftsteuerbefreiung hob das Finanzgericht allerdings nur insoweit auf als Vermögen der Stiftung tatsächlich nicht für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wurde. Das sei (lediglich) hinsichtlich des ausgefallenen Darlehens an L der Fall.

Letzteres verwundert insofern, als die Stiftung aufgrund ihrer Anlagestrategie offenbar noch weitere Verluste zu verschmerzen hatte. Dazu mehr vom Bundesfinanzhof zu hören, wäre interessant gewesen. Das vom Finanzgericht zur Rechtsfortbildung zugelassene Revisionsverfahren wurde jedoch wegen Rücknahme der Revision eingestellt. Quel dommage!

Fazit

Das Urteil zeigt exemplarisch, welche Gefahren eine risikobehaftete Anlagepolitik für eine Stiftung mit sich bringen kann: Es drohen nicht nur Vermögensverluste, sondern auch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit und eine Reduzierung der Erbschaftssteuerbefreiung mit weiteren negativen Folgen für das Stiftungsvermögen.

Für alle aus einer fehlerhaften Anlage folgenden Schäden haften die verantwortlichen Vorstandsmitglieder sowie gegebenenfalls die Mitglieder eines Überwachungsorgans, soweit ihnen ein Überwachungsverschulden zur Last fällt, als Gesamtschuldner. Das hat jüngst mit aller wünschenswerter Klarheit der Bundesgerichtshof entschieden (Urteil vom 20. November 2014, Aktenzeichen: III ZR 509/13).

Eine wirksame Foundation Governance, das heißt eine wirksame Leitung und Kontrolle von Stiftungen, ist daher sowohl für die Stiftung selbst als auch für ihre Organmitglieder von lebenswichtiger Bedeutung. Im Blick auf die Vermögensanlage sind unter anderem ausgewogene Anlagerichtlinien sowie eine Risikoanalyse und -kontrolle erforderlich.


Über die Autoren:
Dr. Stephan Schleitzer ist Partner der Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei Belmont Legal. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Vermögens- und Unternehmensnachfolge (Estate Planning) von Unternehmern und Familien sowie die Beratung bei der Nachlassauseinandersetzung, der Testamentsvollstreckung und der Neustrukturierung des Familienvermögens nach dem Verkauf des Unternehmens. Dazu gehört speziell der Einsatz von Stiftungen zur Nachfolgeplanung, sei es der Gründung von Familien- und Unternehmensstiftungen oder auch von gemeinnützigen Stiftungen.

Professor Ulrich Burgard ist Inhaber des Lehrstuhls für bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Law and Economics an der Universität Magdeburg. Seine Forschungs- und Beratungsschwerpunkte sind das Handels- und Gesellschaftsrecht, das Bank- und Kapitalmarktrecht sowie das Stiftungsrecht. Als Counsel bei Belmont Legal widmet er sich unter anderem der Beratung von Stiftern und Stiftungen bei der Gestaltung und Umgestaltung der Stiftungsverfassung.

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