Risikoprofil und Kosten „Vermögensverwaltung durch Fintechs ist problematisch“

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So wirbt ein Schweizer Anbieter damit, dass der Kunde für die Bestimmung des Risikoprofils und die Festlegung der Anlagestrategie nur fünf Minuten braucht. Doch im Ernst: Was ist eine solche holzschnittartige Selbstauskunft wert?

Konzentration auf ETFs lässt Chancen ungenutzt

Zum anderen führt der Zwang zu niedrigen Kosten dazu, dass die Fintechs auf günstige Produkte zugreifen müssen. So arbeiten sämtliche Online-Vermögensverwaltungen mit Indexfonds (ETFs). Das schränkt von vornherein die Möglichkeit deutlich ein, eine Mehrrendite für den Mandanten zu erzielen – sei es durch die Reduzierung beziehungsweise Erhöhung der Investitionsquote oder die Auswahl von Einzeltiteln.

Bedenklich auch: Für etliche Marktsegmente gibt es derzeit und vermutlich auch auf absehbare Zeit keine ETFs. Der Grund: Es handelt sich oft um Nischen, etwa des Anleihemarkts, die zu klein und/oder zu kompliziert sind, als dass sie sich mit einem Indexfonds darstellen ließen. Jedoch sind in diesen Anlagesegmenten oft zusätzliche Erträge ohne nennenswert höhere Risiken möglich.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Für Anleger ist das Erscheinen der Fintech-Unternehmen, die vor allem jüngere Kunden erreichen, dennoch eine gute Nachricht. Denn dadurch sind etablierte Vermögensverwalter gezwungen, ihren Nutz- und Mehrwert für derzeitige und künftige Mandanten noch klarer zu definieren und zu kommunizieren. Anbieter, die dies versäumen, werden nach unserer Meinung über kurz oder lang von der Bildfläche verschwinden.

Auf der anderen Seite kann eine gut geführte individuelle Vermögensverwaltung von den Fintechs sogar profitieren, wenn potenzielle Kunden erkennen, was sie dort bekommen, bei den Fintechs aber nicht.

Das reicht von der erfolgreichen Investment-Expertise über das konsequente Risikomanagement und das Navigieren durch manipulierte Märkte bis hin zu Beratungen zu Steuer-, Vorsorge- und Erbschaftsfragen, die ein verantwortungsvoller Vermögensverwalter für die Mandanten koordiniert. Denn klar ist: Einen Ansprechpartner und Kümmerer werden Kunden bei den Fintech-Unternehmen vergeblich suchen.


Über den Autor:
Michael Reuss ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung. Seine Karriere begann er bei der Bayerischen Hypotheken und Wechselbank 1986. Reuss hat langjährige Erfahrung im Asset Management sowie in der Betreuung institutioneller und vermögender Privatkunden.

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