Risikokennzahlen auf dem Prüfstand, Teil 1 Volatilität – Die Mutter aller Risikokennzahlen

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Die Annualisierung untertreibt

Über das Ausmaß dieses Effektes lässt sich streiten, offensichtlich ist jedoch, dass gerade in bestimmten Märkten, seien es Rohstoffe, illiquide Anlage oder Hedgefonds, häufig eine gewisse Autokorrelation existiert. Autokorrelation bedeutet, dass ein Wert mit seiner Vergangenheit korreliert ist. Während wir das Konzept der Korrelation in einem anderen Artikel genauer behandeln werden, sei bereits gesagt, dass die genaue Messung eine eigene (ebenfalls nobelpreisprämierte) Wissenschaft für sich ist.

So verworrener das Konzept, so einfacher die Interpretation für unser Ergebnis: Tendiert ein Wert dazu einen Trend fortzusetzen, so ist seine Schwankungsintensität über einen längeren Zeitraum natürlich größer als nur die Summe seiner Teile. Die Annualisierung untertreibt also die jährliche Volatilität.

Gleichzeitig gilt bei einer konstanten Gegenbewegung das Gegenteil. Durch die nun abhängige Reihenfolge der Ergebnisse ist die Volatilität auf Jahresbasis nicht mehr die Summe ihrer Teile, sondern eben nur ein Teil dieser Summe. Ein eindrucksvolles Beispiel lieferte der Ölpreis in der zweiten Jahreshälfte 2014 (siehe nachfolgender Chart). Dessen annualisierte Volatilität von 24,4 Prozent lag für diesen Zeitraum nur geringfügig über der des Dax 30 (19,0 Prozent).

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Gleichzeitig kannte das Öl in diesem Herbst nur eine Richtung und bescherte Investoren einen Verlust von über 50 Prozent in sechs Monaten, während der von Gegenbewegungen geprägte Dax um die Nulllinie trieb und ein Ergebnis von minus 3,7 Prozent auswies. Dieses Verhalten erschwert eine Schätzung des „Risikos“ ungemein und darf beim Vergleich unterschiedlicher Anlagen nicht unterschätzt werden.

Fazit

Vertrauen Sie also nicht blind auf annualisierte Werte, sondern sehen Sie sich auch die Wertentwicklung im Zeitverlauf an. Neben all der Statistik ist ein Blick auf einen simplen Chart oft schon Gold wert.

Bedenken Sie dabei stets, dass die Volatilität eine durchschnittliche Abweichung ist und somit alle Tücken eines Durchschnittes birgt. Denken Sie nur an die Durchquerung eines durchschnittlich ein Meter tiefen Flusses. Sie hat keine Aussagekraft mit Bezug auf Richtung und Reihenfolge der Wertänderungen und liefert keine Interpretationsbasis für die Bewertung extremer Ereignisse.

Richtig angewandt bietet sie jedoch als „Maß der durchschnittlichen Schwankung“ brauchbare Einblicke und eine dankbare Basis für fortgeschrittene Risikokonzepte.

Wie Sie Volatilität und Rendite zueinander ins Verhältnis setzen und wo der Unterschied zwischen Sharpe- und Treynor-Ratio liegt, können sie im nächsten Teil der Serie (voraussichtlich am 22. März) erfahren.


Nützliche Excel-Funktionen:
=LN(X) -> gibt den natürlichen Logarithmus von x wieder
=WURZEL(X) -> gibt die Quadratwurzel von x wieder
=STABW.S(X:Y) -> gibt die, um die Anzahl der Beobachtungen korrigierte, empirische Standardabweichung der Zahlen in dem Array X:Y wieder.


Über den Autor:
Paul Skiba verantwortet beim Vermögensverwalter BPM – Berlin Portfolio Management die Bewertung von Portfoliorisiken und Absicherungsstrategien. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und am University College Dublin sowie Finanzmathematik an der Cass Business School in London.

Für Fragen und Anregungen steht Herr Skiba gerne zur Verfügung: www.berlin-pm.com

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