Risikobudgets in Krisenzeiten, Teil 1 Vermögensverwalter im Minenfeld der volatilen Märkte

Seite 2 / 2


Das Überschreiten der Verlustgrenze ist nicht an einen Handlungsautomatismus gekoppelt. Dem Berater bleibt dann nur die persönliche Ansprache des Kunden – um die Fragen zu klären, wie und ob das Portfolio umgestellt werden soll. Verbunden mit der Gefahr, dass die Trading-Falle zuschnappt.

Etwa dann, wenn der Kunde das Risiko rausnehmen und später doch wieder in den Markt einstiegen will. Noch kniffliger wird das Ganze, wenn die Überwachung und Berechnung der Verlustschwelle an Dritte ausgelagert ist. Da passiert es nicht selten, dass der Berater zu spät über das Kundenschreiben informiert wird, womöglich gar nicht erreichbar ist. Für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Berater und Kunde ist das wenig förderlich, vor allem nicht in schwierigen Marktphasen.

In der derzeitigen Marktphase bewegen sich Berater und Vermögensverwalter in einer Art Minenfeld. Zum einen hat man die Verantwortung für fremdes Geld, für das Geld des Kunden, übernommen. Das baut automatisch eine Drucksituation auf. Der Verwalter selbst ist nicht glücklich mit den Ergebnissen, hofft aber, dass die momentane Marktphase nur temporär ist.

Wie sag's ich dem Kunden

Der nächste Knackpunkt ist das Kundengespräch – oder die Frage: Wie sage ich es meinem Kunden? Schließlich hat der Berater eine Empfehlung abgegeben, von der er selbst überzeugt war oder immer noch überzeugt ist. Und der Kunde denkt: Solange ich nichts höre, ist alles in Ordnung.

So baut sich eine gegenläufige Drucksituation auf. Wenn dann die Verlustschwelle naht oder gerissen wird, kann das Donnerwetter auf Kundenseite groß sein. Zumindest ist das die größte Befürchtung vieler Berater.

Was der Kunde nicht weiß, macht ihn nicht heiß, mag da manch einer denken. Doch das fördert nur das Misstrauen. Hinzu kommen die täglich auf den Kunden einprasselnden Nachrichten mit Hiobsbotschaften in Sachen turbulenter Märkte. Das verunsichert.

Für sehr erfahrene Berater sind stark schwankende Märkte nichts Ungewöhnliches. Für viele Kunden, vor allem solche, die zum ersten Mal in Wertpapiere investiert haben, jedoch schon. Nicht selten verfolgt der Kunde dann bang die tägliche Börsenentwicklung oder lässt sich wöchentlich den Kontostand von seinem Berater durchgeben.

„Vereinbart mit euren Kunden Risikobudgets!“, forderte kürzlich ein Referent auf einer Veranstaltung. Diese Forderung ergibt Sinn. Doch wie hoch muss ein solches Risikobudget in stark schwankenden Märkten sein? Und was passiert, wenn es ausgereizt ist? Die derzeitige Marktsituation dürfte einige (eingeschliffenen) Kommunikations-Gepflogenheiten mit den Kunden und auch die Arbeit des Beraters durcheinanderwirbeln.

Lesen Sie im zweiten Teil mehr über Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen.


Über den Autor:
Michael Kohlhase ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Dr. Kohlhase Vermögensverwaltung. Zudem ist er Mitglied des Aufsichtsrats der Nestor Investment Management.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen