Wann soll man in Wachstumsaktien investieren?
Fisher war relativ skeptisch gegenüber Versuchen, mit Markt-Timing Performance zu generieren. Aufgrund seiner Erfahrungen aus dem Aktiencrash 1929 war er zu der Überzeugung gekommen, dass man mit den Aktien überdurchschnittlicher Firmen auch starke Aktienmarkteinbrüche aussitzen kann. Selbst wenn man zum ungünstigsten Zeitpunkt gekauft hätte, würde man mit solchen Titeln immer noch eine hervorragende langfristige Performance haben.
Dennoch war er nicht der Ansicht, dass man herausragende Firmen zu jedem Preis kaufen muss. Insbesondere riet er Anlegern, auf folgende Situationen achtzugeben, die für ihn immer wieder Quellen von guten Kaufgelegenheiten waren:
- Kurzfristige Probleme: Selbst hervorragende Unternehmen haben Phasen, in denen nicht alles perfekt läuft, neue Produkte scheitern oder sie von Unglücksfällen beziehungsweise makroökonomischen Krisen negativ betroffen sind. Dann enttäuschen sie überzogene Markterwartungen, der Kurs verliert zwischenzeitlich stark.
- Marktblindheit: Es kommt immer wieder vor, dass der Markt die Ertragssteigerungen eines Unternehmens falsch antizipiert und diese nicht im Kurs enthalten sind. Bei diesem Punkt befindet sich Fisher bei der Identifikation von Kaufgelegenheiten in Übereinstimmung mit der Value-Strategie, die sich gerade auf solche Situationen fokussiert. Im Unterschied zu Fisher setzt sich ein Value-Investor aber ein Kursziel und trennt sich von der Aktie in der Regel wieder, wenn dieses erreicht wird. Fisher würde den einen günstig gekauften Titel nach einer Kurs-Erholung allerdings behalten; Kursziele beziehungsweise Fair Value Berechnungen machen innerhalb seiner Systematik keinen Sinn.
- Markteinbrüche: Allgemeine Kurskorrekturen am Aktienmarkt führen in der Regel auch zu technischen Korrekturen bei herausragenden Unternehmen, die wiederum Kaufgelegenheiten generieren.
- Allgemeine ökonomische Entwicklungen wie die Konjunktur ignorierte Fisher. Für ihn waren unternehmensspezifische Faktoren die vorwiegend performancerelevanten Faktoren. Insofern war das Abpassen von Kaufgelegenheiten für Investmenterfolge weit weniger entscheidend als die Auswahl des Titels, zumal man einen optimalen Einstiegszeitpunkt grundsätzlich nicht vorhersehen kann. Allerdings erkannte er die Möglichkeit an, dass Investoren, die sehr geduldig Liquidität ansammeln und auf Einbrüche warten, mit dieser Vorgehensweise ihre Performance verbessern können.
Anlegerfehler bei Wachstumsaktien
Als Anleger bei Wachstumsaktien hat man mit dem Problem zu kämpfen, dass man normalerweise in schon relativ populäre und hoch bewertete Unternehmen investiert. Es gibt nicht wie im Value-Investing eine Sicherheitsmarge, die das Risiko mindert. Fehlentscheidungen oder unerwartete Negativentwicklungen können deshalb zu sehr hohen und dauerhaften Verlusten führen.
Andererseits ist ein niedriger Einstandskurs für die Performance bei Growth nicht entscheidend. Die Vermeidung von Verlierern ist deshalb für den Anlageerfolg somit genauso wichtig wie die Identifikation von Gewinnern. Während beim Value-Investing Titel herausgefiltert werden, die vom Markt als schlecht wahrgenommen werden, aber in Wirklichkeit nicht so schlecht sind, ist bei Growth genau das Gegenteil zu tun:
Aus einer Liste von möglicherweise herausragenden Unternehmen sind diejenigen zu eliminieren, die nur scheinbar exzellent sind. Weiterhin muss man rechtzeitig reagieren, wenn man erkennt, dass aus einem bisherigen Gewinner ein Verlierer wird.
Um die spezifischen Risiken des Growth-Investing in den Griff zu bekommen, hat Fisher zwei weitere Arten von Investment-Regeln entwickelt:
- 5 Verhaltensregeln für Investoren, um zu verhindern, dass sie beim Einstieg typische Anlegerfehler begehen und in potenzielle Verlierer investieren oder sich verzetteln.
- 3 Monitoring- und Verkaufsregeln, die bestimmen, wann und warum man sich von Aktien, die man grundsätzlich so lange wie möglich halten sollte, trotzdem trennt.
- Investiere nicht in Neugründungen ohne etablierten Track Record.
- Kein Titel sollte aufgrund der Größe oder des Anlagesegments aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen werden.
- Man soll sich nicht von einer Investmentstory emotional mitreißen lassen.
- Bewertungskennziffern eignen sich nicht zur Einschätzung von Potenzialen und können deswegen zur Einschätzung weiteren Wachstums irreführend sein.
- Bei Wachstumsaktien ist kleinkariertes Verhalten bezüglich des Kaufpreises nicht angebracht.