Richtiger Value- und Growth-Mix Wann soll man in Wachstumsaktien investieren?

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Eine Checkliste für Anleger für Wachstumsaktien

Fishers Leistung in seinem Buch „Common Stocks and Uncommon Profits“ bestand weniger darin, dass er die grundsätzlichen Vorteile der Aktienanlage darstellte, wie die schon viele Autoren vor und nach ihm getan haben. Er stellte eine Liste mit 15 Kriterien auf, die einem Anleger ermöglichen, aus der Vielzahl von Aktien die wirklich erfolgreichen Unternehmen herauszufiltern, die sich für eine Langfristanlage eignen.

Damit hat er als Erster eine systematische Vorgehensweise bei der Auswahl von Wachstumsaktien definiert. Fishers 15 Anlagekriterien waren im Einzelnen:
  1. Hat eine Firma Produkte oder Dienstleistungen, die ein hinreichendes Marktpotenzial haben, um einen größeren Umsatzanstieg in den nächsten Jahren zu erzielen? Ein Unternehmen muss Produkte haben, die eine größere Zielgruppe ansprechen und bei denen der Markt an sich wächst. 

  2. Ist das Management entschlossen, weitere Produkte oder Prozesse zu entwickeln, die das Umsatzwachstum wieder ankurbeln, wenn die Wachstumsmöglichkeiten aktueller Produkte erschöpft sind? Ein Management darf sich nicht auf Erfolgen der Gegenwart und Vergangenheit ausruhen, sondern muss beständig im Auge haben, dass sich die Märkte für aktuell erfolgreiche Produkte sättigen können und dann Nachfolger nötig sind.

  3. Wie effektiv sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung relativ zur Größe des Unternehmens? > Bei Forschung und Entwicklung kommt es nicht so sehr auf die Gesamtsumme der Ausgaben an, als vielmehr darauf, dass dies relativ zur Größe des Unternehmens gesehen zur effektiven Performanceverbesserung führt.

  4. Hat die Firma einen überdurchschnittlichen Vertrieb? Diese Frage basiert auf der simplen Erkenntnis, dass es nichts nützt, gute Produkte zu haben, wenn man diese nicht verkauft. Bei erfolgreichen Firmen in wettbewerbsintensiven Märkten hat der Vertrieb eine Schlüsselrolle dabei, Bedürfnisse zu erkennen sowie Kunden zu gewinnen und zu binden. Gerade bei Beantwortung dieser Frage ist „Scuttlebutt“ besonders nützlich.

  5. Hat die Gesellschaft eine lohnenswerte Gewinnspanne? Erfahrungsgemäß zeigen Firmen mit einer hohen Gewinnmarge auch eine langfristig überdurchschnittliche Performance. Allerdings macht Fisher hier eine Unterscheidung zwischen etablierten Unternehmen in relativ gesättigten Märkten, bei denen eine hohe Gewinnspanne auf jeden Fall wichtig ist. Bei stark wachsenden Unternehmen hingegen räumt Fisher hingegen ein, dass es sinnvoll sein kann, Marge zu opfern, um in Wachstum zu investieren, sei es durch Forschungsaufwendungen oder Marketingausgaben.

  6. Was macht eine Firma, um ihre Gewinnmargen beizubehalten oder sogar zu verbessern? Margen sind ständig in Gefahr, sei es durch aggressive Wettbewerber oder aufgrund von Kostensteigerungen durch Rohstoffpreise oder Lohnerhöhungen. Überdurchschnittliche Unter-nehmen versuchen Margendruck proaktiv zu begegnen, zum Beispiel durch permanente Prozessverbesserungen oder Managementinformationssysteme, die Gefahren rechtzeitig identifizieren.

  7. Hat das Unternehmen zu seinen Arbeitnehmern überdurchschnittlich gute Beziehungen? Arbeitskonflikte belasten die Produktivität eines Unternehmens. Weiterhin sind Arbeitnehmer, die sich fair behandelt fühlen, besonders motiviert und loyal; damit auch überdurchschnittlich produktiv. Insofern bevorzugt Fisher gerade Unternehmen als Investments, die ihre Mitarbeiter überdurchschnittlich gut bezahlen, selbst wenn dies oberflächlich betrachtet die Kosten erhöht.

  8. Haben die Top-Manager gute Beziehungen untereinander? Manager, die innerhalb eines Unternehmens nicht im Team, sondern gegeneinander arbeiten und auch ihren Aufsichtsgremien nicht vertrauen, können erheblichen Schaden anrichten. Dieser Faktor ist von außen extrem schwer zu beurteilen; allerdings können z. B. die Fluktuation im Management oder Besetzungen von Top-Positionen durch Externe eine Indikation dafür sein, dass es Konflikte in einer Unternehmensleitung gibt.

  9. Hat das Unternehmen “Tiefe” im Management? Das Unternehmen sollte sich insbesondere um die Ausbildung des Management-Nachwuchses und die systematische Heranführung an Leitungspositionen kümmern.

  10. Wie gut sind die Managementinformationssysteme? Auch wenn diese Frage für Externe nur sehr schwer zu beantworten ist, so ist sie dennoch äußerst wichtig, da nur Unternehmen, die relativ schnell Transparenz über Kosten und Risiken bei unerwarteten Entwicklungen herstellen, hierauf ohne große Reibungsverluste reagieren können.

  11. Gibt es irgendwelche Besonderheiten des Geschäfts, die dem Anleger Aufschluss geben, was die Firma im Verhältnis zu Wettbewerbern besonders macht? Diese Frage ist zentral, den hier geht es darum herauszufinden, welche spezifischen Wettbewerbsvorteile ein Unternehmen gegenüber den Konkurrenten hat.

  12. Hat das Unternehmen langfristige oder kurzfristige Gewinnziele? Fisher verlangt von Firmen, dass sie nicht nur kurzfristig ihren Gewinn maximieren, sondern sich sowohl kurz- wie langfristig realistische Finanzziele setzen und die konsequente Verfolgung der langfristigen Ziele in den Vordergrund stellen.

  13. Wird für das Wachstum der Gesellschaft Finanzierung durch Aktienkapitalerhöhungen in dem Ausmaß benötigt, dass die Gewinne der Aktionäre je Aktie durch die Steigerung der Aktienanzahl verwässert werden? Hier geht es letztlich um effizientes Kapitalmanagement; insbesondere eine komfortable Ausstattung mit Eigenkapital und Liquidität, durch die eine Finanzierung des Wachstums ohne Verwässerung der Altaktionäre möglich ist.

  14. Kommuniziert das Unternehmen auch Misserfolge offen gegenüber Anlegern? Unternehmen machen Fehler oder sind von Unglücksfällen betroffen. Zur konsequenten Bereinigung von Schwierigkeiten gehörte für Fisher, dass diese gegenüber Anlegern offen kommuniziert werden. Firmen, die versuchen, Schwierigkeiten unter den Teppich zu kehren, machen damit in der Regel alles schlimmer und verursachen in der Konsequenz oft noch viel größere Probleme. Wichtig für Fisher war nicht, dass ein Unternehmen so wenige Schwierigkeiten wie nur möglich hat (wie dies viele Anleger oft erwarten). Entscheidend für ihn war, wie eine Firma mit Problemen umgeht, wenn sie auftreten.

  15. Hat das Unternehmen ein Management von außer Frage stehender Integrität?Fisher hinterfragte hier, ob ein Anleger dem Management vertrauen kann, dass es die Interessen der Aktionäre vertritt und nicht seine Machtstellung ausnutzt, um sich auf Kosten des Unternehmens zu bereichern.