Vermögensnachfolgeplanung Rettungsmaßnahmen nach Eintreten des Erbfalls

Stephan Grollmann, Fachanwalt für Erbrecht

Stephan Grollmann, Fachanwalt für Erbrecht: Der Experte beschreibt Rettungsmaßnahmen für die nachgerlagerte Vermögensnachfolgeplanung.

Es ist niemals zu früh, und selten zu spät – diese Maxime sollten Berater insbesondere bei der Vermögensnachfolgeplanung stets beachten. Die optimale Nachfolgeplanung leiten Berater frühzeitig ein. Nur auf diese Weise können sie allen rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Anforderungen in idealer Weise Rechnung tragen.

Viel zu häufig wird jedoch übersehen: Es steht noch eine Vielzahl von Rettungsmaßnahmen zur Verfügung, wenn die Nachfolgeplanung zu Lebzeiten nicht erfolgt oder missglückt ist. Diese haben sogar das Potenzial, erhebliche Beträge bei der Erbschaftsteuer einzusparen.

Der Normalfall

Gerade bei Eheleuten ist zumeist das bestimmende Motiv der Erbfallplanung, den überlebenden Partner zunächst umfassend abzusichern und über das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen zu seinen Lebzeiten frei verfügen zu lassen. Erst wenn er ebenfalls verstorben ist, sollen die Kinder in den Genuss der Früchte der Arbeit ihrer Eltern kommen.

Hieraus folgt, dass wir in der weit überwiegenden Zahl der Erbfälle von Ehegatten das klassische Berliner Testament vorfinden. Das steuerliche Ergebnis bei einem Nachlasswert des erstversterbenden Ehegatten von 5 Millionen Euro und einem Eigenvermögen des Letztversterbenden von 2 Millionen Euro ist in folgender Tabelle abgebildet:

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Die Gesamtsteuerlast über zwei Erbfälle im Normalfall beträgt 1.870.550 Euro. Welche Handlungsalternativen hätte die Familie gehabt, um die Steuerlast zu senken? Zunächst wäre hier an eine Pflichtteilsgeltendmachung durch die Kinder im ersten Erbfall zu denken.

Diese Möglichkeit ist für die Beteiligten auch mit dem größten zeitlichen Spielraum versehen, da der Pflichtteilsanspruch erst mit seiner Verjährung untergeht. Dies ist am Ende des dritten Jahres nach Kenntnis von der Enterbung der Fall.

Während dieser Zeit läuft zudem der Zusammenrechnungszeitraum nach Paragraf 14 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) weiter. Gegebenenfalls lassen sich hierdurch neue Freibeträge nutzen, beispielsweise wenn eine Schenkung acht Jahre vor dem Erbfall erfolgt ist – Abwarten kann sich also lohnen.

In der vorliegenden Konstellation würde dies zu einer Gesamtsteuerlast über zwei Erbfälle hinweg von 1.607.500 Euro führen. Somit ergibt sich eine Steuerersparnis von 263.050 Euro. Inklusive des Eigenvermögens hätte der überlebende Ehegatte zu seinen Lebzeiten hier noch immer ein Gesamtvermögen von 5.750.000 Euro zur Verfügung. Der Bundesfinanzhof lässt eine solche Gestaltung sogar nach Eintritt des zweiten Erbfalls zu. Wird der Pflichtteil zudem nicht in bar, sondern durch Übertragung einer Immobilie abgefunden, wertet die Finanzverwaltung dies einkommensteuerlich wie einen Verkauf – es entsteht mithin ein neuer Abschreibungszeitraum.