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Reshoring Was die Rückverlagerung von Lieferketten für Anleger bedeutet

Messepräsentation eines in Indien für den indischen Markt produzierten SUV

Messepräsentation eines in Indien für den indischen Markt produzierten SUV: Der Subkontinent gewinnt als Fertigungsstandort für globale Unternehmen rasch an Bedeutung. Foto: Imago Images / Hindustan Times

Von all den Lektionen, die man während der Pandemie gelernt hat – Hände gründlich waschen, überfüllte Aufzüge meiden, von zu Hause aus arbeiten kann produktiv sein – ist die vielleicht folgenreichste Lektion für Unternehmen im Nachhinein offensichtlich: Es war ein Fehler, sich auf einzelne Glieder der globalen Lieferkette zu verlassen.

Während der Covid-19-Krise brachen wichtige Teile der Lieferkette zusammen, was zu Engpässen in allen Bereichen führte, von medizinischem Bedarf und Ausrüstung bis hin zu Möbeln und Autoteilen. Hinzu kamen geopolitische Ereignisse. So machten die Spannungen zwischen den USA und China sowie die Invasion Russlands in die Ukraine deutlich, wie riskant es ist, sich bei kritischen Versorgungsgütern, darunter Energie, Lebensmittel und Computerchips, auf nur einen Lieferanten zu verlassen.

„Aufgrund der rasch voranschreitenden Globalisierung in den letzten Jahrzehnten haben Unternehmen ihre Fertigungsabläufe in die günstigsten und effizientesten Länder verlagert“, so Portfoliomanager Julian Abdey. „Das war sehr gut für die Unternehmensgewinne und Verbraucherpreise. In jüngster Zeit mussten wir jedoch erfahren, dass eine Unterbrechung der Lieferketten echte Probleme bereiten kann. Europa hat beispielsweise erkannt, dass es bei Erdgas zu stark von Russland abhängig ist. Das gleiche gilt meiner Meinung nach auch für andere Produkte wie Computerchips. Die Welt ist bei Halbleitern zu stark von Asien und insbesondere Taiwan abhängig.“

Reshoring statt Offshoring

Im Jahr 2023 bringen deshalb viele Unternehmen – in einigen Fällen angespornt durch massive staatliche Subventionen – umfassende Maßnahmen zur Diversifizierung ihrer Lieferketten auf den Weg, wobei sie den Schwerpunkt auf Zuverlässigkeit und Robustheit statt auf Kosten und Effizienz legen. Sie verlagern die Fertigung teilweise wieder ins Inland oder in andere Länder („Reshoring“).

Diese Entwicklung hat die Frage aufgeworfen, ob die Welt auf eine Phase der Deglobalisierung zusteuert. Wenn man sich die Handelsaktivitäten der vergangenen Jahre ansieht, scheint jedoch eher eine maßvolle Anpassung der globalen Lieferketten stattzufinden, die teilweise durch die Pandemie und die Finanzkrise von 2007–2009 unterbrochen wurden.

Grafik 1: Die Globalisierung schreitet voran – in einem anderen Tempo

„Wenn wir mit Unternehmen sprechen und uns die Daten ansehen, sehen wir keine Deglobalisierung“, sagt Portfoliomanager Rob Lovelace. „Mein Eindruck ist vielmehr, dass die globalen Lieferketten neu ausgerichtet werden. Und ich glaube nicht, dass die Lage wirklich so dramatisch ist, wenn man das schnelle Wachstum des digitalen Handels berücksichtigt, der im Gegensatz zum physischen Handel nur schwer mit herkömmlichen Kennzahlen zu erfassen ist.“

Tatsächlich gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass viele Unternehmen im Zuge der Schaffung redundanter Lieferketten immer globaler werden. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist Taiwan Semiconductor Manufacturing Company oder TSMC, der weltweit größte Halbleiterhersteller. Um seine globale Reichweite zu erweitern, baut TSMC neue Produktionsanlagen in Arizona und Japan. Halbleiter sind aufgrund ihrer Verwendung in der Verteidigungsbranche zu einem so sensiblen Thema geworden, dass die US-Regierung strenge Beschränkungen für ihren Export erlassen hat.