Resfutura-Studie mit Familien & Family Offices „Manche lieben ihr Klumpenrisiko“

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Verstehen die Teilnehmer Diversifikation eher als Mittel, um Effizienzgewinne zu erzielen oder gilt ein hohes Maß an Streuung als Kontrollrisiko?

Brückner: Dazu gibt es verschiedene Haltungen bei den Befragten. Bis auf zwei Teilnehmer wird grundsätzlich diversifiziert, weil man sich davon - im überschaubaren Rahmen betrieben - einen Effizienzgewinn verspricht. Es gab nur zwei Befragte, die gesagt haben: Wir wollen keine breite Streuung, wir lieben unser Klumpenrisiko, haben auf diese Weise alles bestmöglich im Griff. Hier war der Tenor der Argumentation eine Art „Schuster bleib bei deinen Leisten“: Man kann nicht überall kompetent sein.

Die Mehrheit der Befragten begreift Diversifikation aber als wichtiges Mittel, um die Anlage-Effizienz zu steigern. Fragt man dann allerdings, wie viel Diversifikation gewünscht ist, wo also das individuelle Optimum liegt, folgt die klassische BWLer-Antwort: Das kommt darauf an. So tendieren reine Investoren in Richtung breitere Streuung, während unternehmerisch Aktive keine einheitliche Tendenz in Richtung Mehrheitspositionen oder breiter Streuung zeigen.

Darüber hinaus kann man sehen, dass alle, die kein institutionalisiertes Family Office nutzen, also ihr Vermögen noch selbst bewirtschaften, eine Tendenz zur Mehrheitsposition haben. Sie wollen nicht den Überblick verlieren, während in Family-Office-Strukturen eher die Tendenz in Richtung mehr Streuung und kleinteilige Anlagen geht. Das Maß an Diversifikation ist also auch abhängig von den Strukturen die man vorhält.

Diese Aussagen kann man sehr schön in Beziehung zu der Priorität setzen, die Vermögende Vermögenserhalt oder -mehrung beimessen. Reine Investoren geben in klarer Mehrheit an, Vermögenserhalt zu priorisieren, während Unternehmer mehrheitlich angeben, dass sie auf Vermögensmehrung aus sind.

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Was ist Hochvermögenden wichtiger, ihre Unabhängigkeit von Banken oder die Optimierung ihrer Rendite?

Brückner: Im Moment hat man ja eher die Schwierigkeit, die verfügbaren Mittel überhaupt renditetragend allokiert zu bekommen als das Luxusproblem, mit dem Eigenkapital hauszuhalten, um die zahlreichen spannenden Investments zu realisieren und die Renditen zu optimieren. Insofern gibt es im Moment abseits der grundsätzlichen Haltung noch eine gewisse situationsbedingte Großzügigkeit. Man fragt sich, was man von einem feinen Hebel hat, wenn dafür ein Teil des Kapitals ungenutzt unter der Matratze liegt?

Für die verbreitete Zurückhaltung beim Leveraging nicht minder wichtig ist allerdings die generelle Skepsis gegenüber der Stabilität und Leistungsfähigkeit des Bankensystems. Sie ist bei vielen Hochvermögenden nach wie vor oft zu beobachten. Nur eine Minderheit ist überzeugt, dass die Probleme ausgeräumt sind und das Bankensystem eine stabile Counterparty für die Zukunft darstellt.

Welche Handlungsempfehlungen können Sie Hochvermögenden als Essenz aus ihren Studien geben?

Brückner: Eine Essenz aus den inzwischen vier Erhebungswellen lässt sich leider nicht in wenigen Sätzen fassen. Ein aktuelles Thema ist das Make-or-Buy-Paradigma, das sich mittlerweile zum Make-and-Buy-Paradigma wandelt. Es handelt sich hierbei um einen Trend, der konsequent fortgeführt werden sollte. So ist es immer dann, wenn ich in Bereichen investieren möchte, in denen ich (bislang) nicht kernkompetent bin, wichtig, Kompetenz von außen zu beziehen. Ob ich aber tatsächlich gleich einen Spezialisten für asiatische Direktbeteiligungen einstelle, will gut bedacht sein.

Mit anderen Worten: Eine kluge Balance zwischen Make und interessengleichgerichtetem Buy halte ich für sehr wichtig, um professionell zu agieren, ohne unnötige Kostenblöcke aufzubauen. Weil bei der Frage nach der Wertschöpfungstiefe immer auch das Bauchgefühl reinspielt, würde ich dieses gern noch kurz ansprechen. Erfahrungsgemäß haben Hochvermögende häufig keine große Affinität zu Statistiken und Risikokennzahlen, das Bauchgefühl spielt also auch bei Investmententscheidungen oft eine große Rolle. Das sollte allerdings nicht bedeuten, sich ohne substanzielle Informationsbasis und fundierte Prüfung zu Investments verleiten zu lassen. Emotionen sind dann womöglich gar nützlich, wenn man sein Bauchgefühl mit Fakten unterfüttert. Also gewissermaßen emotional investieren auf Basis einer rationalen Grundlage.

Weiter ist ein gewisses Maß an Disziplin zu empfehlen. Hat man irgendwann eine kluge Strategie definiert und die Börsen bewegen sich über längere Zeit nach oben, ohne dass regelmäßig Rebalancing betrieben wird, laufen die Aktien-Quoten nach oben aus dem Ruder. Wenn ich dann nicht diszipliniert bin, agiere ich abseits meiner eigenen strategischen Leitlinien. Dann kann es längerfristig gerade bei den exogenen Schocks, die jederzeit auftauchen können, zu hässlichen Konsequenzen kommen.

Also: Die drei Punkte Make and Buy, Emotion ja, aber rational fundiert und Disziplin im operativen Vermögensmanagement sind Aspekte, die man jedem immer wieder ans Herz legen kann.

Tipp der Redaktion: Auf der Website des Resfutura-Instituts kann man sich die Ergebnissen der letztjährigen Risiko-Studie spielerisch aneignen. >>Zur dynamischen Darstellung

In einem weiteren Interview erklären Yvonne Brückner und Wolfgang Richter von der Wirtschaftskanzlei Baker Tilly Roelfs das diesjährige Studien-Design und die Zusammenarbeit.


Über die Interviewte:
Yvonne Brückner hat das Institut für unternehmerische Zukunftsstrategien Resfutura ins Leben gerufen. Brückner ist zudem als Professorin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig ist. Aus Ihren bisherigen Aktivitäten des Family Office Panels ging auch die Gründung des Berufsverbandes für unabhängige Family Offices (Vufo) hervor.

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