Roundtable-Diskussion „Reporting in Echtzeit kann problematisch sein“

Es diskutierten über Reporting und Controlling (von links): Volontärin BenitaRathjen, Kai Linde von Qplix, Ludwig Holle von Finaplus, Christian Stadtmüller von HQ Trust, Christian Horn vom Deutsche Oppenheim Family Office, der leitende Redakteur Thorben

Es diskutierten über Reporting und Controlling (von links): Volontärin Benita Rathjen, Kai Linde von Qplix, Ludwig Holle von Finaplus, Christian Stadtmüller von HQ Trust, Christian Horn vom Deutsche Oppenheim Family Office, der leitende Redakteur Thorben Lippert und Alexander Etterer von Reportify Analytics. Foto: Lukas Papierak & Matthias Oertel

private banking magazin: Neue Anlageklassen, Mifid II, Offenlegungsverordnung: Haben sich Reporting und Controlling in den vergangenen zehn Jahren gewandelt?

Christian Stadtmüller (HQ Trust): Im Kern nicht, denn: Das Reporting erzeugt zu einem Stichdatum über alle Anlageklassen und Herausforderungen hinweg Transparenz über ein Vermögen. Controlling überprüft anhand der Daten aus dem Reporting, ob die Ziele für das Vermögen auch erreicht wurden. Das Reporting ist die Zahlenbasis, das Controlling die Analyse.

Ludwig Holle (Finaplus): Reporting ist somit zum einen das wiederkehrende Monitoring, um Handlungsbedarf zu finden. Aber zum anderen die Datenbasis, um die darauffolgende Entscheidung begründen zu können. Für diese Entscheidung braucht es in Reporting-Softwares dann die Flexibilität, für die Vermögensträger individuell Daten auswerten zu können.

Ein Reporting kann aber auch steuerlich relevant sein.

Alexander Etterer (Reportify Analytics): Und das Steuerrecht entwickelt sich stetig weiter, das Reporting und die Software müssen dem Rechnung tragen. Nur: Von den Steuerberatern unserer Mandanten ist erfahrungsgemäß nur ein Bruchteil in der Lage, ein sachgerechtes Steuer-Reporting für das Vermögen zu erstellen. Reporting-Dienstleister und Steuerberater sitzen deshalb häufig in einem Boot und arbeiten eng miteinander zusammen.

 

Kai Linde (Qplix): Steuerrecht und Vermögensanlage sind zwei unterschiedliche Sichtweisen auf den gleichen Sachverhalt. Die Herausforderung ist, die Datenbasis für beide Sichtweisen in einem Reporting zusammenzubringen. Für eine Software nennt man das „Single Source of Truth“. Auf der anderen Seite müssen wir uns die Flexibilität bewahren, die Reportings jederzeit an sich ändernde Gegebenheiten anpassen zu können: Rezession an den Märkten, neues Steuerrecht oder ein Vermögensträger, der in die USA auswandert.

Ist eine verlässliche Zahlen- oder Datenbasis für Family Offices nicht schon Herausforderung genug?

Christian Horn (Deutsche Oppenheim Family Office): Family-Office-Vermögen sind komplex, wir brauchen also eine gute und korrekte Datenbasis über alle Asset-Klassen. Immerhin: Bei liquiden Anlagen sind wir deutlich weiter als vor wenigen Jahren. Gerade bei Private Equity und Direktbeteiligungen warte ich aber noch auf innovative Lösungen, damit die Daten besser und schneller verarbeitet werden können. Texterkennung über OCR-Softwares ist beispielsweise ein Weg, um diese Hürde überwinden zu können.

Stadtmüller: Die Art der Daten bleibt gleich und lässt sich trivialisieren: Investoren zahlen bei Anlagen erst Cash ein, und am Ende zahlt ihnen die Anlage Cash aus. Zwischen diesen Zeitpunkten gibt es eine mehr oder wenige realistische Bewertung. Verändert hat sich die Sicht der Vermögensträger auf diesen Prozess: Mal ist die Währung wichtig, mal die regionale Aufteilung. Und diese verändert sich immer schneller und häufiger, nicht aber die Datenbasis.

Horn: Deren Qualität bestimmen Anbieter oder Vermögensverwalter, die uns Daten zuliefern, und die technische Anbindung. Funktioniert sie, landen die Daten auch schnell und einfach in unseren Systemen. Um die verschiedenen Datenlieferanten anzubinden, brauchen wir aber noch die richtigen Mitarbeiter. Und das ist – meiner Meinung nach – der größte Kostenfaktor im ganzen Prozess.

Wie weit lässt sich der Kostenfaktor Mensch eliminieren?

Holle: Theoretisch fast vollständig. Kritisch sind in meinen Augen nur die initialen Daten, bei denen es dann einen fachkundigen Mitarbeiter braucht. Die Lieferanten haben dagegen ein Interesse daran, dass ihre Daten stimmen. Technologisch lassen sich immer größere Datenmengen verarbeiten, auch die Schnittstellen der Banken und Vermögensverwalter werden immer besser.

Linde: Die Herausforderung ist, dass es auf der Anlageseite viele Marktteilnehmer gibt. Auch wenn wir – wie von Herrn Horn angesprochen – schon Fortschritte sehen und auch der Anteil automatisierter Transaktionen zuletzt sichtbar gestiegen ist: Die Datenübertragung funktioniert schneller, wenn es liquide und standardisierte Daten sind, und langsamer bei komplexen Investments über komplexe Strukturen. In dem Fall braucht es trotz mehr Automatisierung jemanden, der die Investments überblickt und wenn nötig fehlende Daten im System ergänzt. Und das wird immer so bleiben.