Denn bestehende Standards, wie etwa die Green Bond Principles, konzentrieren sich vor allem auf die Verwendung der Erlöse und nicht auf die Geschäftstätigkeit des Emittenten. So können Öl- und Gasunternehmen grüne Anleihen ausgeben, obwohl sie hohe CO2-Emissionen verursachen – was als Greenwashing kritisiert wurde. Polen ist bei der Ausgabe grüner Staatsanleihen führend, obwohl das Land weiterhin stark auf Kohlekraft setzt. Vermögensverwalter sollten Unternehmen und Regierungen beim Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft unterstützen. Doch wenn solche Anleihen als grün gekennzeichnet werden, kann das Endanleger verunsichern.
Ein weiteres Risiko ist, dass ein Emittent von Green Bonds seine Versprechen nicht einhält. Bis jetzt ist das noch bei keinem großen Anbieter passiert. Doch Umweltgruppen haben bereits einige Emissionen kritisiert. Das französische Energieunternehmen GDF Suez (heute Engie) hat beispielsweise 2014 eine grüne Anleihe in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ausgegeben. Damit sollten Projekte zu erneuerbaren Energien finanziert werden, unter anderem der Bau eines Wasserkraftwerks in Brasilien. Zwar wurden die angrenzenden Gemeinden durch das Projekt mit angeblich sauberer Energie versorgt. Aber Umweltverbände wiesen darauf hin, dass es durch das Projekt zu Überschwemmungen kam, die das Ökosystem schädigten. Die Renditen der GDF-Anleihe stiegen im Zuge der Kontroverse.
Verbesserungsmöglichkeiten nutzen
Wie lassen sich diese Probleme beseitigen? Wir würden Reformen in drei Bereichen begrüßen.
Erstens sollte die Politik grüne Anleihen fördern, indem sie institutionellen Investoren steuerliche Anreize gewährt. Zwar gibt es auch Argumente dafür, grüne Anleihen für die Emittenten kostengünstiger zu gestalten: Nach Meinung einiger Experten haben Anleger die Pflicht, solche Anleihen auch dann zu kaufen, wenn sie weniger interessant sind als andere Anlagen. Das sehen wir anders: Green Bonds würden dadurch zu Nischenprodukten für ESG-Spezialfonds werden.
Ein besserer Weg wäre es aus unserer Sicht, große institutionelle Investoren durch steuerliche Anreize dazu zu bringen, größere Teile ihrer riesigen Portfolios in grüne Anleihen zu investieren. Vorbilder dafür sind die Vereinigten Staaten: Dort sind die Zinsen für kommunale Anleihen steuerbefreit. Zudem bieten die USA Steueranreize über die Programme Clean Renewable Energy Bonds und Qualified Energy Conservation Bonds. Solche Ansätze könnten grünen Anleihen einen Aufwind bescheren.
Zweitens sollten Politik und Märkte endlich verbindliche Rahmenbedingungen für Green Bonds festlegen, um deutlich zu machen, was überhaupt eine grüne Anleihe ist. Deshalb unterstützen wir die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission für einen EU-weiten Green-Bond-Standard: ein Label, das eine Überprüfung durch Dritte und die Einhaltung bestimmter Regeln für den Kapitaleinsatz vorschreiben würde. Die Norm baut auf den bestehenden Green Bond Principles auf. Zugleich steht sie im Einklang mit der EU-Taxonomie für nachhaltiges Wirtschaften, die die Kommission entwickelt hat.