Reformvorschläge Die Politik sollte grüne Anleihen fördern

Colin Purdie ist Investmentchef im Bereich Credit der Fondsgesellschaft Aviva Investors.

Colin Purdie ist Investmentchef im Bereich Credit der Fondsgesellschaft Aviva Investors. Foto: Screenshot, Bloomberg TV

Wenn der größte Pensionsfonds der Welt eine Botschaft hat, hören alle genau hin – etwa als Hiro Mizuno Skepsis gegenüber grünen Anleihen äußerte. Der Investmentchef des 1,4 Billionen US-Dollar schweren japanischen Government Pension Investment Fund (GPIF) sagte Anfang Juli gegenüber der „Financial Times“, dass die Anlageklasse ohne grundlegende Reformen Gefahr laufe, „eine vorübergehende Modeerscheinung“ zu werden.

Eigentlich sind Green Bonds – Schuldtitel zur Kapitalbeschaffung für konkrete, umweltfreundliche Projekte – weit mehr als eine Modeerscheinung. 2007 hat die Europäische Investitionsbank die ersten grünen Anleihen ausgegeben, seitdem ist der Markt exponentiell gewachsen. Nach Schätzungen der gemeinnützigen Climate-Bonds-Initiative dürfte das Gesamtvolumen im Jahr 2019 die Grenze von 250 Milliarden US-Dollar überspringen. 2012 lag das Volumen noch bei gerade einmal 3,5 Milliarden US-Dollar.

Argumente für grüne Anleihen gibt es viele. So können Unternehmen und Regierungen mit Green Bonds Klimaprojekte finanzieren. Zudem eigenen sich die Anleihen für Investoren, die sich verstärkt im Themenfeld Umwelt, Soziales und Governance (ESG) positionieren möchten. Aber: Es gibt noch immer Probleme, die einer Etablierung dieser Anleihen entgegenstehen – und auf die Mizuno zu Recht hingewiesen hat.

Preisgestaltung und Liquidität

Eines dieser Probleme ist, dass grüne Anleihen in der Regel relativ kleine Volumen haben: Das Emissionsvolumen ist im Durchschnitt etwa fünfmal geringer als bei vergleichbaren Standardprodukten. Zudem dominieren Emittenten mit AAA-Rating. Das schränkt die Diversifikations- und Auswahlmöglichkeiten für die Anleger ein. Unter dem Strich sind Green Bonds also schwerer zu handeln als herkömmliche Wertpapiere mit gleicher Bonität.

Aus Sicht der Emittenten kann die Platzierung grüner Anleihen zudem teurer sein: So schlagen beispielsweise Kosten für Berichtspflichten und die Überprüfung durch Dritte zu Buche. Hinzu kommt: Die Aufmerksamkeit richtet sich oft nur auf prestigeträchtige Emissionen. Diese sind dann stark überzeichnet, so dass die Emittenten die Fremdkapitalkosten senken können. Ein gutes Beispiel dafür ist die Green-Bond-Emission des US-Telekommunikationsriesen Verizon im Februar 2019. Diese hatte ein Volumen von einer Milliarde US-Dollar. Analysen der Rating-Agentur Standard & Poor's haben jedoch wenig Hinweise auf eine allgemeine „grüne Prämie“ gefunden. Auf jeden Fall ist es für Investoren schwierig, für grüne Anleihen mehr zu bezahlen als für traditionelle Anleihen desselben Emittenten. 

Mizuno würde die Bestände von GPIF an grünen Anleihen gerne aufstocken, um damit Umweltprojekte zu unterstützen. Derzeit sind es aus seiner Sicht jedoch Lose-Lose-Produkte, also Anlagen, bei denen alle Seiten nur verlieren. Sie müssten neu gestaltet werden, um sie für Emittenten und Investoren gleichermaßen interessanter zu machen.

Wie grün war meine Anleihe?

Ebenfalls problematisch ist, wie grüne Anleihen gekennzeichnet und definiert werden. Einen einheitlichen und von allen akzeptierten Rahmen gibt es nicht – trotz aller Bemühungen der Climate-Bonds-Initiative, der International Capital Market Association (Herausgeber der Green Bond Principles) und der Europäischen Kommission. 

Im Jahr 2018 wurden laut der Climate-Bonds-Initiative grüne Anleihen im Wert von 23,7 Milliarden US-Dollar ausgegeben, die ihre eigenen Kriterien nicht erfüllten. Dazu gehörten beispielsweise Anleihen von Unternehmen, die Kohlekraftwerke in China betreiben.