Reform auf den Weg gebracht Mehr Flexibilität und Sicherheit für Stiftungen in der Vermögensanlage

Hussam Masri, Leiter Private Banking und Produktmanagement bei der Dekabank

Hussam Masri, Leiter Private Banking und Produktmanagement bei der Dekabank: Die Anpassungen der Stiftungsreform bedeuten zukünftig deutliche Erleichterungen für die handelnden Personen in Stiftungen, vor allem in Bezug auf die Vermögensanlage. Foto: Dekabank

Seit Jahren ist die Situation für Stiftungen angespannt. Hohe Ausschüttungen zu erzielen, um den Stiftungszweck erfüllen zu können, ist zunehmend schwieriger geworden. Doch als wäre das Marktumfeld für Anleger insgesamt und Stiftungen im Besonderen nicht schon Herausforderung genug, taten sich viele Stifter und deren Verantwortliche aus Haftungsfragen schwer, Anlageentscheidungen zu treffen, die höhere Renditen hervorbringen sollen.

Um auch im aktuellen Umfeld erfolgreich wirtschaften und Änderungen struktureller Natur leichter umsetzen zu können, erhalten Stiftungen jetzt endlich Rückenwind vom Gesetzgeber. Ende Juni vergangenen Jahres haben Bundestag und Bundesrat das ‚Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts‘ verabschiedet. Damit werden die bislang 16 unterschiedlichen Landesstiftungsgesetze mit der Neuregelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auf Bundesebene zusammengeführt. Die regional verschiedenen Rechtsrahmen haben stets für Unübersichtlichkeit sowie regelmäßig für fehlende Rechtssicherheit für Stiftungsvertreter und deren Berater gesorgt.

Ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht war überfällig. Erste Vorstöße zu dessen Reformierung gab es bereits 1997. Erst jetzt – 25 Jahre später – steht nach vielen Anläufen und Diskussionen ein neues Regelwerk fest, das ab 1. Juli 2023 gelten wird. Das BGB regelt das Stiftungsrecht zukünftig insgesamt detaillierter. Stiftungen wird dadurch ein größerer Handlungsspielraum eröffnet. Nicht zuletzt wird mit der Einführung eines öffentlich einsehbaren Stiftungsregisters zum 1. Januar 2026 auch die Transparenz erhöht. Künftig erhalten die eingetragenen Stiftungen einen entsprechenden Namenszusatz.

Als Hybridstiftung besser durch die Niedrigzinsphase

Mit einem ganzen Bündel an Neuerungen macht es der Gesetzgeber Stiftungsentscheidern künftig einfacher, mit kritischen finanziellen Situationen umzugehen. Dazu zählt zum Beispiel die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Umwandlung einer eigentlich auf unbestimmte Zeit ausgelegten Stiftung in eine Verbrauchsstiftung. Diese erhalten künftig einen Namenszusatz, so dass sie erkennbar sind. Es werden auch Kombinationsmodelle zugelassen, also eine Teilverbrauchs- oder Hybridstiftung.

Mit einer solchen Hybridlösung können Stiftungen für die Zweckerfüllung Teile ihres Kapitalstocks nutzen. Diese Möglichkeit lässt Stiftungen womöglich besser durch die Niedrigzinsphase kommen und kann Stiftungen bei der durch die Satzung bestimmten Zweckerreichung helfen. Die Eintragungspflicht gilt für alle Stiftungen und tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Für bereits bestehende Stiftungen gilt eine Übergangsfrist für die Anmeldung zur Eintragung bis zum 31. Dezember 2026.

Zudem hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens – sogenannte Umschichtungsgewinne –, zu denen auch realisierte Kursgewinne zählen, zur Erfüllung des Stiftungszwecks ausgeschüttet werden können. Das Vermögen wird dadurch für viele Stiftungen flexibler einsetzbar.

So kann zum Beispiel ein außerordentlicher Ergebnisbeitrag aus einem Immobilienverkauf zukünftig als Risikopuffer genutzt werden, um mögliche Verluste aus anderen Anlageformen, wie zum Beispiel eines Wertpapierportfolios, auszugleichen. Das bedeutet aber auch, dass Stiftungen bei der Vermögensanlage künftig mehr auf schwankungsintensivere Anlagen setzen können, als dies bislang der Fall war. Die Abhängigkeit von Finanzinstrumenten, die nach ihrer Laufzeit eine feste Rückzahlung zum Nominalwert vorsehen, nimmt dadurch ab.