Reform des Stiftungsrechts, Teil 2 Worauf sich Stifter einstellen sollten

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Grundsatz der Vermögenserhaltung

Auch der Grundsatz der Vermögenserhaltung findet sich bisher nur im Landesrecht. Sein Inhalt ist derart umstritten, dass er einiges von seinem verpflichtenden Charakter eingebüßt hat. Zwar geben viele Stiftungen an, reale Vermögenserhaltung anzustreben.

Gleichwohl erstellen viele dieser Stiftungen keine Vermögenserhaltungsrechnung, ohne die sich aber ein realer Kapitalerhalt gar nicht feststellen lässt. Andere Stiftungen beschränken sich auf einen nominalen Vermögenserhalt und wieder andere suchen einen wie auch immer gearteten Mittelweg.

Einigkeit besteht lediglich darin, dass der Grundsatz der Vermögenserhaltung (in den Grenzen von Paragraph 80 Absatz 2 Satz 2 BGB) im Ermessen des Stifters liegt und dass das Vermögen der Stiftung ohne reale Kapitalerhaltung inflations- und abnutzungsbedingt langsam aufgezehrt wird.

Ohne gegenteilige Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass der Stifterwille auf reale Kapitalerhaltung gerichtet ist. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber dies klarstellt.

Vermögensanlage

Große Unsicherheit besteht schließlich hinsichtlich der Vermögensanlage. Gibt es dafür zwingende Regeln und wenn ja, welche? Die richtige Antwort heißt: Jein. Die einzig zwingende Regel lautet, dass die Vermögensanlage einerseits dem Vermögenserhaltungskonzept entsprechen und andererseits geeignet sein muss, eine nicht nur unerhebliche Zweckverfolgung zu ermöglichen.

Das Eingehen übergroßer Risiken (zum Beispiel die Vergabe ungesicherter Darlehen, Spekulationsgeschäfte in unverhältnismäßig großem Umfang, eine ganz einseitige Vermögensanlage, Geschäfte mit unbegrenzter Nachschusspflicht) ist daher grundsätzlich ebenso verboten wie das Vermeiden jeglicher Risiken mit der Folge eines verschwindend geringen Ertrages.

Einen sicheren Rahmen in diesem weiten Feld bieten nur Konzepte für die Vermögensanlage. Gleichwohl verfügen viele Stiftungen über keine Anlagerichtlinien, obwohl dadurch Konflikte mit der Stiftungsaufsicht vermieden und Haftungsrisiken vermindert werden. Wünschenswert wäre eine Bestimmung, durch die der Stifter, hilfsweise der Stiftungsvorstand, zur Erstellung von Anlagerichtlinien angehalten wird.

Selbstverständlich gibt es noch in vielerlei anderer Hinsicht Reformbedarf und Reformvorschläge, insbesondere hinsichtlich der Foundation Governance (zum Beispiel zwingende Einführung eines Kontrollorgans bei großen Stiftungen, Konkretisierung der Geschäftsführungspflichten des Vorstands, Rechtsgeschäfte mit Organmitgliedern) sowie der Rechnungslegung und Publizität.

Man darf daher gespannt sein, welche Reformvorschläge der Gesetzgeber wie aufgreift. Von daher sollten Stiftungsvorhaben nach Möglichkeit noch ein paar Monate aufgeschoben werden.


Über die Autoren:
Dr. Stephan Schleitzer ist Partner der Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei Belmont Legal. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Vermögens- und Unternehmensnachfolge (Estate Planning) von Unternehmern und Familien sowie die Beratung bei der Nachlassauseinandersetzung, der Testamentsvollstreckung und der Neustrukturierung des Familienvermögens nach dem Verkauf des Unternehmens.

Prof. Ulrich Burgard ist Inhaber des Lehrstuhls für bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Law and Economics an der Universität Magdeburg. Seine Forschungs- und Beratungsschwerpunkte sind das Handels- und Gesellschaftsrecht, das Bank- und Kapitalmarktrecht sowie das Stiftungsrecht. Als Counsel bei Belmont Legal widmet er sich unter anderem der Beratung von Stiftern und Stiftungen bei der Gestaltung und Umgestaltung der Stiftungsverfassung.

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