Am 1. Januar 2020 treten in der Schweiz sowohl das neue Finanzinstitutsgesetz (Finig) als auch das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) zusammen mit den dazugehörenden Verordnungen und unterschiedlichen Übergangsfristen in Kraft. Mit Einführung beider Gesetze findet eine grundlegende Reform im schweizerischen Aufsichtsrechts statt.
Das Finanzinstitutsgesetz enthält die Bewilligungs- und Betriebsvoraussetzungen für Finanzinstitute und ordnet die Kaskade der beaufsichtigten Finanzinstitute neu. Ferner sorgt das Gesetz für eine kohärente Aufsichtsregelung für Finanzinstitute ein (Vermögensverwalter, Trustees, Verwalter von Kollektivvermögen, Fondsleitungen und Wertpapierhäuser). Außerdem regelt es die längst überfällige Aufsicht über die Vermögensverwalter, die aufgrund der sehr starken Lobby in der Schweiz bis jetzt nicht prudentiell beaufsichtigt waren.
Mit dem Finanzdienstleistungsgesetz wiederum werden in der Schweiz aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln für Finanzdienstleister eingeführt. Diese beruhen auf den Bestimmungen des schweizerischen Auftragsrechts sowie der umfangreichen bundesrichterlichen Praxis und sind im Kern, trotz gewisser Abweichungen, mit den Bestimmungen der Mifid-Richtlinie vergleichbar.
Damit die Finanzdienstleister die Verhaltensregeln des Fidleg einhalten können, müssen sie gewisse organisatorische Vorkehrungen treffen. Von großer Relevanz für ausländische Finanzdienstleister ist, dass das grenzüberschreitende Erbringen von Finanzdienstleistungen zum ersten Mal aufsichtsrechtlich erfasst wird. Somit müssen deutsche Finanzdienstleister, die ihre Dienstleistungen Kunden in der Schweiz anbieten, die Bestimmungen des schweizerischen Fidleg einhalten.
Neue Pflichten für deutsche Finanzdienstleister und Kundenberater
Das Finanzdienstleistungsgesetz begründet das Territorialprinzip, das heißt, jede Erbringung von Finanzdienstleistungen auf Schweizer Boden durch einen deutschen Finanzdienstleister, selbst wenn sie unregelmäßig oder kurzfristig erfolgt, fällt in den Anwendungsbereich von Fidleg. Dies kann in der Praxis zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der deutsche Kundenberater seinen Kunden in der Schweiz besucht – beispielsweise während seiner Ferien – und ihn hinsichtlich Anlagen berät oder von ihm Aufträge zum Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments entgegennimmt.
Das Finanzdienstleistungsgesetz betrifft auch grenzüberschreitende Finanzdienstleistungserbringung deutscher Finanzdienstleister an Schweizer Kunden, wenn sie per Telefon, in schriftlicher Form oder per E-Mail oder über andere Kommunikationsmittel stattfindet, ohne dass eine Person vor Ort anwesend ist. Vor dem Inkrafttreten von Fidleg waren solche Tätigkeiten deutscher Finanzdienstleister weitgehend unreguliert, solange das Personal vor Ort nicht dauerhaft und gewerbsmäßig beschäftigt war.
Analog zum deutschen Recht bringt die passive Dienstleistungserbringung durch einen deutschen Finanzdienstleister keine Pflichten nach Fidleg mit sich. Konkret bedeutet dies, dass das Finanzdienstleistungsgesetz in diesem Fall keine Anwendung auf den deutschen Finanzdienstleister findet, wenn die Initiative zum Geschäftsabschluss vom Kunden ausgeht.
Zu beachten ist jedoch, dass jede weitere Finanzdienstleistungserbringung, wenn eine Gesellschaft zum Beispiel neue Dienstleistungen und Produkten anbietet, nicht mehr von der Ausnahme der passiven Dienstleistungserbringung erfasst ist. Finanzdienstleistungen, die nicht Gegenstand der ursprünglichen Anfrage waren, gelten als in der Schweiz erbracht.