Die lange angekündigte Reform des Stiftungsrechts rückt näher. Das Bundesjustizministerium hat am Montag einen entsprechenden Referentenentwurf veröffentlicht und an zahlreiche Verbände zwecks Anhörung versendet. In einem Kommentar spricht der Bundesverband Deutscher Stiftungen, der die Interessen der mehr als 23.000 Stiftungen in Deutschland vertritt, von einem wichtigen ersten „Schritt im Gesetzgebungsverfahren für ein zukunftsfähiges Stiftungsrecht“.
„Das Engagement der Stiftungen hat sich jetzt ausgezahlt“, kommentiert der scheidende Vorstandsvorsitzende des BVDS, Joachim Rogall, den Inhalt des Referentenentwurf: „Dass der Entwurf nun vorliegt, ist ganz klar das Verdienst all jener Stiftungen, die sich im vergangenen Herbst durch ihre Schreiben an das Justizministerium und ihre Abgeordneten dafür eingesetzt und mit Nachdruck auf ihre aktuelle Situation aufmerksam gemacht haben“, so Rogall, der sich bei der nächsten Mitgliederversammlung im November nicht mehr als Vorstandsvorsitzender des Stiftungsverbands zur Wahl stellen und aus dem Gremium ausscheiden wird.
Forderungen von Stiftungen umgesetzt
Der nun vorliegende Referentenentwurf berücksichtigt nach Einschätzung der neuen Generalsekretärin des BVDS, Kirsten Hommelhoff, „zentrale Forderungen“ des Bundesverbandes. „Unsere Stimme wurde an vielen Stellen gehört. Das Stiftungsrecht wird endlich bundeseinheitlich geregelt, ein Stiftungsregister und die Business Judgment Rules kommen“, erläutert die Juristin, die den Posten beim BVDS am 1. September 2020 angetreten hat.
Auch die grundsätzliche Möglichkeit zur Umwandlung in Verbrauchsstiftungen sowie Erleichterungen bei Zu- und Zusammenlegungen von Stiftungen und bei Satzungsänderungen seien im Entwurf vorgesehen. „Die Politik bringt damit ihre Wertschätzung gegenüber Stiftungen und den dort beschäftigten Menschen zum Ausdruck. Gerade in Zeiten der Corona-Krise ist dies ein wichtiges Zeichen für den Sektor“, so Hommelhoff weiter.
Der Bundesverband begrüßt besonders die Einführung eines Stiftungsregisters und wertet dieses als großen Vorteil für die Stiftungspraxis. Bereits im Sommer 2018 hatten sich 73 Prozent der Stiftungen in einer Umfrage des Bundesverbandes für die Schaffung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung ausgesprochen. Dieses ermögliche es Stiftungen, im Rechtsverkehr schnell und flexibel – ohne umständliche Vertreterbescheinigung – zu agieren. Zeitgleich steigere es die Transparenz der Stiftungen. Zusätzlicher Verwaltungsaufwand solle dabei nicht entstehen, erläutert der BVDS, da mit der Eintragung in das Stiftungsregister die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister entfällt.
Reform seit Jahren geplant
Auch die Kanzlei Flick Gocke Schaumburg äußert sich zur Reform des Stiftungsrechts. Die Partnerschaft von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern begrüßt die Reform und geht davon aus, „dass der Referentenentwurf im Wesentlichen in das förmliche Gesetzgebungsverfahren überführt werden wird, zumal die bisherigen Vorbereitungen mehrere Jahre in Anspruch genommen haben“.
Laut Flick Gocke Schaumburg ersetzen die in vielen Bereichen nunmehr bundeseinheitlichen und abschließenden Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch „den Flickenteppich der noch geltenden Landesstiftungsgesetze“. Die neuen Regelungen brächten für Stifter und Stiftungen, Stiftungsorgane und Stiftungsbehörden mehr Rechtssicherheit. Flick Gocke Schaumburg rechnet derzeit damit, dass das Reformvorhaben bis spätestens im nächsten Frühjahr verabschiedet werden wird.
Das geltende Stiftungsrecht erschwert die Arbeit deutscher Stiftungen und damit ihr gemeinnütziges Engagement, so der BVDS. Der Koalitionsvertrag legte die Reform des geltenden Stiftungsrechts als Ziel für die laufende Legislaturperiode fest.