Referendum in Italien „Lasst uns aus dem Euro austreten, bevor Italien es tut“

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Italien hat keine Chance

In Italien stellt sich die Lage anders da als in den anderen Krisenländern. So hat die Privatverschuldung im Land mit der Einführung des Euro nicht ungewöhnlich zugenommen. Die italienischen Privathaushalte gehören zu den vermögendsten in Europa, deutlich vermögender beispielsweise als die deutschen.

Der italienische Staat hingegen ist nach Griechenland und knapp gefolgt von Portugal der am höchsten verschuldete Staat in Europa. Das deutlich gesunkene Zinsniveau nach Einführung des Euro führte zunächst zu einer Entlastung des Staates, der daraufhin seine Einsparungs- und Reform­bemühungen eingestellt hat. Man fand sich mit einer hohen Verschuldung ab. Die Gesamtlast der Zinszahlungen ist mit 4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) immer noch so hoch, dass die Schulden relativ zu stagnierenden Wirtschaft zunehmend anwachsen.

Die Staatsschulden sind außer Kontrolle und ließen sich nur bei deutlichem Nominalwachstum der Wirtschaft stabilisieren. Dies setzte Inflation und ein deutliches reales Wachstum voraus. Inflation ist angesichts der hohen Verschuldung der westlichen Welt, der demografischen Entwicklung und des globalen Wettbewerbsdrucks vorerst nicht in Sicht. Reales Wachstum jedoch auch nicht.

Das italienische BIP liegt heute rund acht Prozent unter dem Niveau von 2008. Die Krise im Land dauert nun schon länger an als die Rezession in den 1930er Jahren. Seit der Euroeinführung im Jahr 1999 wuchs das Land um 6 Prozent.

Zum Vergleich: Deutschland und Frankreich legten im selben Zeitraum um rund 25 Prozent zu. Die Arbeitslosigkeit verbleibt auf einem hohen Niveau, ohne Aussicht auf Besserung. Dennoch stiegen die Lohnstückkosten seit der Euroeinführung deutlich stärker als in Deutschland, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutlich gesenkt hat.  

Folge der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung ist die Bankenkrise des Landes. Immer mehr Unternehmen und Private haben Schwierigkeiten, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Auf immerhin 360 Milliarden Euro (rund 20 Prozent des BIP) werden die faulen Forderungen der italienischen Banken geschätzt, mehr als die rund 250 Milliarden Eigenkapital der Geldinstitute.

Kein Wunder, dass niemand mehr bereit ist, den Banken Geld zu leihen. Die Angst ist groß, bei der Bereinigung der faulen Schulden gemäß den neuen europäischen Regelungen für die Bankenabwicklung zur Kasse gebeten zu werden.

Das italienische Bankensystem ist pleite und der Staat auch. Pleite in dem Sinne, dass es nach menschlichem Ermessen unmöglich ist, die Schulden zu bedienen. Wachstum kann in Italien angesichts einer nun rasch schrumpfenden Erwerbsbevölkerung und chronisch schlechter Produktivitätsentwicklung nicht erwartet werden. Damit ist die Schuldenlast untragbar. Der Versuch, sie irgendwie zu stabilisieren, verstärkt die Krise nur noch.

Aus den genannten Gründen ist Italien schon lange mein Favorit, wenn es um die Frage geht, welches Land als erstes den Euro verlässt. Fakt ist: Für kein Land würde es sich so sehr lohnen. Noch verfügt Italien über eine solide industrielle Basis im Norden, durch eine Abwertung einer eigenen Währung könnte es sofort wieder Fuß fassen auf den Weltmärkten.

Da der Staat einen Primärüberschuss vor Zinszahlungen im Haushalt aufweist, ist er nicht von ausländischen Geldgebern abhängig. Die italienischen Privathaushalte haben geringe Schulden und ein höheres Pro-Kopf Vermögen als die Deutschen. Italien könnte also sehr gut und schnell auf eigenen Beinen stehen.

Natürlich ist der Euro nicht alleine Schuld an der Misere des Landes. Natürlich wäre die Einführung der Lira nicht die Lösung aller Probleme. Ein Aufschwung könnte es jedoch leichter machen, Reformen wirklich durchzuführen.

Da wundert es einen fast, wie lange die Italiener bereit sind, das Korsett des Euro trotz der negativen Wirkungen zu ertragen. Vielleicht hat es mit dem Wissen zu tun, dass die eigenen politischen Instanzen noch schlechter sind als die Beamten aus Brüssel. So hilft die Mitgliedschaft in Euro und EU die eigene Politik zu disziplinieren. Jedenfalls dürfte der bereits angesprochene Wohlstand der Privathaushalte und die geradezu sprichwörtliche Solidarität innerhalb der Familien ebenfalls dazu beigetragen haben, dass die Stimmung noch nicht gekippt ist.